Nochmals der Text, damit mir klar ist, wovon wir reden:
Batizavit idem Georgium filium legitimum iuxta relationem facta legitimum Joannis Haim militis Carsarii (evtl caesarii) von Prinau in Silesia et Barbara uxoris hic casu (das „s“ ist nicht ganz eindeutig. Vielleicht auch ein „f“ oder noch was anderes) venientis. Patrinus Georgius Reng solutus in Luppersricht, ubi infans natus fuit.
Hallo, Alexander!
Mittlerweile
vermute ich Brynow (Stadtteil von Krakau) in dem Ortsnamen.
Plausibel, falls Krakau und Umgebung in ihrer turbulenten Geschichte je zu Schlesien (sonst: Polen, Galizien) gehörten; aber der kaiserliche Soldat würde da bestens hinpassen.
Für eine wirklich vertretbare Übersetzung muss man den biographischen Hintergrund der Familie mit-herauslesen. Ich rekonstruiere mal aus dem Text:
„iuxta relationem facta gemäß dem erstattetem Bericht“ sagt nicht aus, wer den Bericht erstattet hat. (der Soldat? die Frau? der Pfarrer?)
Aber: Das Kind kommt nicht in der Heimat der Eltern, sondern in Luppersricht zur Welt, weil die Mutter vorher „casu“ verreist/wegzieht/o.ä., und lässt es dann an dem Geburtsort taufen. („huc“ wird von einem geschrieben, der sich selber dort aufhält, sonst würde ein anderes Pronomen verwendet.)
Der Vater ist anscheinend nicht dabei (plausibel bei einem Soldaten), so dass die Mutter aussagt (die gemachte „relatio“!), dass ihr Ehemann der Kindsvater ist; dies ist gemeint, wenn der Sohn als „legitimus“ bezeichnet wird. Die Angabe, ob das Kind ehelich ist oder nicht und wer in letzterem Fall der Kindsvater ist, wird immer in die Taufmatrikel aufgenommen.
Der Taufort und der dortige Pfarrer sind eigentlich nicht zuständig (die Frau hält sich nur „casu“ dort auf); aber der - sicherlich anwesend zu denkende Pate - stammt auch von dort, so dass man meinen möchte, dass die Frau sich schon eine Weile in L. aufhält. Wenn der Pate mit ihr verwandt wäre, wäre das sicher mitgeteilt.
Und wenn beide Eltern anwesend gewesen wären, warum hätte dann die Mutter eigens erwähnt werden müssen mit der Erklärung, wieso sie gerade anwesend ist?
Mir kam es hauptsächlich auf das wirklich sinnwichtige
Müsste es nicht viel eher heißen:
… & Barbara, seiner Ehefrau, die zufällig hier lebte. …
Wohl eine Verwechslung von „venientis“ (kommend) mit „viventis“ (lebend).
[…] für die Übersetzung
& Barbara, seiner Ehefrau, die hier stürzte.
an.
„casu“ kann auch „durch einen Sturz“ heißen; aber dann bleibt „venientis“ übrig; denn „zu einem Sturz kommen“ kann nicht mit dem Ablativ „casu“ ausgedrückt werden. Der Ablativ kann niemals die Zielrichtung eines Vorgangs angeben.
Du schreibst:
gemäß der gemachten Ausführung/Aussage ehelichen des …
und meinst damit wohl
iuxta relationem facta[m] legitimum
So meine ich es
dann wäre als Übersetzung für diesen Passus
worüber ein Bericht gemacht wurde,
ja auch falsch, oder?
„iuxta“ muss hier als Präposition (mit Akkusativ) gebraucht sein, sonst hängt „relationem facta“ in der Luft. Die Bedeutung „gemäß/nach“ ist im Schullatein nicht das Übliche, aber im Urkundslatein ganz gewöhnlich. Wer den Bericht erstattet hat, wird nicht mitgeteilt, aber das darauf folgende „legitimum“ (auf den Sohn bezogen) kann man nur im Zusammenhang mit der relatio verstehen; warum sonst müsste es wiederholt sein und wie sollte es sonst im Satz untergebracht werden?
Aber bevor ich mir da jetzt einen Roman über diese Familie ausdenke, schließe ich das ab. Wenn meine biographische Rekonstruktion nicht in allem zutrifft, müsste man evtl. auch die Übersetzung entsprechend revidieren.
Nur noch zwei Anmerkungen zum geposteten Text:
Normalerweise heißt es „baptizavit“. Ist das -p- wirklich nicht vorhanden?
Der Schreiber kann ganz gut Latein. Er hat sicher den Genitiv „Barbarae“ geschrieben; nur sind da „a“ und „e“ meistens zu einem einzigen Zeichen, das einer liegenden „8“ ähnelt, verschmolzen; vermutlich auch das von dir beim Wort „Caesarii“ festgestellte Problem. Kannst du da nochmals drauf schauen?
Luppersricht stelle ich mir in der Gegend von Weiden vor, weil dort diese „-richt“-Orte zu finden sind. Davon ist Schlesien schon ein Stück weit weg. Habt ihr dafür eine Erklärung, also eh schon den Roman?
Vielen Dank bereits im Voraus dafür.
Du wirst bemerkt haben, dass mich solche Quellenprobleme interessieren, und würde mich freuen, die endgültige Klärung des Problems zu erfahren. Ich bin selber viel in Archiven zugange.
Viel Erfolg!
Hannes