Hallo Jade,
existiert für die Badenser etwa auch das Feindbild des
Preussen (ähnlich wie ja die Bayern dies heute noch tun)?
Im süddeutschen Raum ist mir eine insgesamt stärker ausgeprägte historische Orientierung (wenn man will, ein ideologischer Ballast) aufgefallen. Insofern ist die Erinnerung an verschiedene blutige Überfälle preußischer Truppen auf verschiedene süddeutsche Länder hier sicherlich noch etwas wacher: 1849 bewaffnete Niederschlagung der bürgerlichen Revolution in Baden, 1866 kriegerische Vorbereitung der kleindeutschen Reichseinigung durch Annexion von u.a. Hannover und im Folgenden Angriff auf die mit Österreich verbündeten süddeutschen Länder. Die Zinnkanne, in der die wichtigsten Wertgegenstände der Familie eingelötet und vergraben wurden, als die Preußen kamen, steht bei mir zu Hause…
Du darfst aber unbesorgt sein: Falls Du aus preußischen Stammlanden oder relativ früh annektierten Gegenden kommen solltest, wird Dir in der Kurpfalz sicher nicht in dem Maße Abneigung entgegenschlagen, wie dies außerhalb Münchens in Bayern schon hie und da noch passieren kann. Die Verbindung der Kurpfalz mit Bayern über die Wittelsbachische Herrschaft ist hier vergleichsweise wenig im kollektiven Bewusstsein verbreitet.
Und wer sind eigentlich die Preußen und welche Territorien
gehören dazu (alles jenseits von Baden oder wie ?) ?
Yoyi, an den ich mich gewendet habe, bezeichnet sich selbst als einen solchen. Wie er als Preuße dazu kommt, ausgerechnet Potsdam nicht zu Preußen zu rechnen, weiß er sicherlich besser zu erklären, mir bleibt das ein bisschen dunkel. Seine Perspektive, die Baden auf die unmittelbare Umgebung Freiburgs reduziert, und auf die ich mich mit der Frage nach dem Horizont bezogen habe, hat vielleicht damit zu tun, wer weiß?
Dunkel bleibt mir auch, wo es eine badisch/preußische Grenze gegeben haben könnte. Als Abgrenzung für preußisches Territorium kommen meines Erachtens die Grenzen von 1807, 1815 und 1866 in Frage. Wenn man 1807 hernimmt, spielt die Rheinprovinz und Westfalen noch keine Rolle, wenn man die bereits sehr große Ausdehnung 1866 zugrundelegt, hört Preußen - abgesehen von den Hohenzollerischen Stammlanden Hohenzollern und Achberg - am Main auf, zwischen Baden und Preußen in den Grenzen von 1866, also schon einschließlich Hessen-Nassau, liegt Hessen-Darmstadt.
Was generelle Animositäten betrifft, scheinen mir diese ein wenig damit zu tun zu haben, dass preußischerseits eine Neigung zur Gleichsetzung Preußens mit Deutschland (und dementsprechend die Betrachtung der süddeutschen Länder als irgendwelche Provinzen, die es auch noch gibt) nicht mit 1866 oder 1871 aufgehört hat. Insofern ist hier vielleicht eine Spur vom Hineinrufen in den Wald vorhanden.
Interessant bei allem ist, dass das erste anlässlich des 1866er Krieges mit Waffengewalt unterworfene deutsche Land, Hannover, in den klischeehaften Anschauungen sowohl von Prussophilen als auch von Prussophoben häufig genug als ein irgendwie schon immer dagewesener Bestandteil Preußens betrachtet wird. Hier könnte die Frage der näheren Verwandtschaft der örtlichen Dialekte und die Frage der vorherrschenden Konfession eine Rolle spielen.
Um dem ganzen ein Augenzwinkern zurückzugeben: Im Tal der Argen, eines aus dem Allgäu in den Bodensee führenden Flüssleins, gibt es die schon lange hohenzollerische Herrschaft Achberg (ein einzelnes Dorf). Wie genau diese Herrschaft formal in den preußischen Administrations- und Regierungsapparat eingegliedert war, änderte sich von Zeit zu Zeit. Es gab dann diesen Sonntag, wo bei den Abkündigungen der Pfarrer sagte: …„mitzuteilen, dass wir ab NN.NN. preußische Untertanen sind, und dass wir es um unserer Sünden willen auch nicht anders verdient haben!“…
In diesem Sinne
MM