Lebensunterhalt bestreiten: Pflicht zur Antwort?

Hallo,

ein Student übt neben seinem Studium eine selbstständige Tätigkeit aus und erklärt dem Finanzamt sein Einkommen und seine Umsätze. Eine Einkommensüberschussrechnung legt er bei. Als ausgeübten Beruf gibt er in der Einkommenssteuererklärung „Student“ an, auf Anlage S (Einkünfte aus selbständiger Arbeit) bei „Berufsbezeichnung oder Tätigkeit“ die von ihm ausgeübte (zulässige) Tätigkeit.
Der Student ist ordentlich Studierender an einer staatlichen, deutschen Hochschule. Er arbeitet weniger als 20 Stunden in der Woche und erzielt nur geringe Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit.

Das Finanzamt bittet den Studenten zu beantworten, wie er seinen Lebensunterhalt bestreite.

Muss der Student hierauf antworten?

Viele Grüße

Wenn er nicht will, dass das FA die erklärten Umsätze anzweifelt, dann ja!

Meine Frage ging eher Richtung gesetzliche Pflicht zur Beantwortung.

Was hieße anzweifeln in der Konsequenz? Verwerfen der Erklärung des Steuerpflichtigen und Schätzen seiner Einkünfte? Das ginge nur, wenn die Beantwortung der Frage Pflicht wäre, oder?

Nun: Für das Steuerrecht gibt es in erster Linie nur den Steuerpflichtigen. Ob der dann auch noch Student ist ist pupegal. Und neben der Steuerpflicht gibt es die Mitwirkungspflicht.

http://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__90.html

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Der Steuerpflichtige kam der Mitwirkungspflicht iSd § 90 I AO doch nach, indem er die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt hat, oder? (Annahme: Die Beweismittel könnte er bei einer Prüfung beibringen.)

Die Frage nach dem Bestreiten des Lebensunterhalts bezieht sich auf die persönliche Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen, ist also eine sehr private Angelegenheit. Ein Eingriff in diese Privatssphäre scheint mir nicht von § 90 I AO gedeckt. Insbesondere ergibt sich kein Verdachtsmoment für die Angabe falscher Werte, da die Erklärung des Steuerpflichtigen nicht von denen verlgeichbarer Steuerpflichtiger (anderer Studierender) abweicht.

Fast jeder Vertrag hat steuerliche Wirkungen. Der Staat könnte, würde man den § 90 I AO großzügig auslegen, damit jeden Lebensbereich der Bürger durchleuchten. Das gibt das Grundgesetz meines Erachtens nicht her.

Die Frage nach dem Lebensunterhalt ist von § 90 AO gedeckt. Der Student kann natürlich auch gerne drum streiten-wenn er zu viel Zeit hat.
Und „sag ich nicht“ bedeutet hier für das Finanzamt: „Ich hab was zu verbergen“.

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Auf, auf Rosinante!
Na, dann kann man sich ja mal gerne mit dem FA und dem Staat über die verfassungsmäßigkeit des § 90 AO streiten…

Ansonsten wurde die Frage ja nach den gesetzlichen Grundlagen, ob die Frage des FA zu beantworten ist, beantwortet.

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Woher hast Du die Info, dass sich der § 90 AO auch auf die Frage nach dem Lebensunterhalt erstreckt? Kommentar oder Urteile? Ich komme erst Montag wieder an selbige ran…

Ich kann das dem Gesetzestext nicht entnehmen, aber Steuerrecht spielte in meiner juristischen Ausbildung bisher keine Rolle, verpflichtend ist es ja erst fürs 2. Examen. Man möge mir insofern mein fehlendes Verständnis verzeihen. Umso wichtiger wäre mir die Belegung der Aussage über die Reichweite des § 90 AO durch Kommentare oder Urteile, anhand derer ich mein Rechtsverständnis schulen könnte.

Woher hast Du die Info, dass sich der § 90 AO auch auf die
Frage nach dem Lebensunterhalt erstreckt? Kommentar oder
Urteile? Ich komme erst Montag wieder an selbige ran…

Da brauchst keine Urteile usw… Der AEAO führt dazu aus, dass logische Schlussfolgerungen gezogen werden dürfen, wenn der Stpfl seiner auskunftspflicht nicht nachkommt. Und es ist logisch, dass der Stpfl. von irgendwas gelebt hat, und das naheliegendste ist dann, dass er von gewinnen aus der selbständigen Tätigkeit gelebt hat.

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Da sollte das bisherige Rechtswissen ausreichen, um auch die Steuergesetze und deren Anwendungserlasse zu verstehen, denn Paragraphen bleiben Paragraphen und Gesetze Gesetze. Egal ob Steuerrecht oder Strafrecht.

§ 90 AO und der zugehörige Anwendungserlass sind eindeutig und diverse BFH-Urteile, die sich mit ähnlichen Fällen befasst haben, bei denen der Steuerpflichtige sich weigerte, zu erklären wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet ebenfalls. Die Verfassungsmäßigkeit wurde bisher nicht angezweifelt.

Und fern ab juristischer Logik: Ist es denn so schlimm? Bei dieser Verweigerungshaltung muss man zwangsläufig auch als Nicht-FA-Beamter zu dem Schluss kommen, das was faul ist. Und dann kommen andere ins Spiel, mit denen weniger zu spaßen ist.