Leichte Sprache? DaF?

Der ganze Artikel ist grenzwertig und das sage ich als Nichtmediziner. Wenn man Tipps für Hochzeitsspiele gibt, kann man wenigstens keinen Schaden anrichten. Aber hier wird von Praktikanten? ein Thema aufgemacht, welches viel zu heikel ist, um in solch einer Art und Weise abgehandelt zu werden.

Gesine

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Liebe Germanisten,

mir ist da ein Text begegnet, bei dem ich mich frage, ob er einfach vor Fehlern strotzt, oder ob es sich dabei um eine Art „Leichte Sprache“ oder ähnliches handelt, eventuell auch eine maschinelle Übersetzung aus dem Englischen. Weiß jemand Genaueres dazu?

Hier ist das Corpus delicti:

Zunächst sollte man wissen, dass Antibiotika ein Medikament ist, das bakterielle Erkrankungen heilen kann. Eine fehlerhafte Anwendung bzw. eine Überdosierung kann allerdings dazu führen, dass Krankheitserreger resistent gegen das Antibiotika werden. Auch muss einem unbedingt bewusst sein, dass Antibiotikum nicht nur die für den Körper gefährlichen Bakterien abtötet, sondern auch die körpereigenen guten Bakterien.

Für Hinweise dankt

MM

Das hat vor neun Jahren auch schon mal jemand interessant gefunden und es mit „Standart“ durchgespielt:

http://www.k-faktor.com/standart/

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Servus,

hab grade festgestellt, dass die Rechtschreib- und Grammatikprüfung von MS Word keinen der Fehler erkennt.

Eventuell spielt Maschinengläubigkeit eine Rolle.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Enno,

deine Theorie - das die Verwahrlosung der schriftlichen Sprache - eine Folge der Rechtschreibreform sei, wird dadurch untergraben, dass es uns in Deutschland mit diesem Phänomen nicht allein so geht. Ich bin sehr viel in englischsprachigen Foren unterwegs - und die Klage, über die immer schlechter werdende Sprache, vor allem die schriftliche, ist dort genauso vorhanden wie bei uns, auch ohne Reform.

Nun haben die Englischsprechenden und -schreibenden schon immer das Problem gehabt, dass sich in den verschiedenen geographischen Regionen, in denen Englisch als Hauptsprache genutzt wird (und etliche Gegenden, in denen es zumindest in den gebildeten Schichten als lingua franca funktioniert) und sich dadurch einheitliche Standards immer schwer getan haben (und damit meine ich nicht nur den Unterschied zwischen colour und color etc., es gibt schon ausgeprägtere Unterschiede), und das hat dort sicher zu einer gewissen Unsicherheit beigetragen. Aber richtig heftig wurde es auch dort mit dem Internet. Ich wiederhole mich: wir lesen nicht mehr redigierte Texte und die Automatisierung, was richtige Rechtschreibung und Grammatik betrifft, geht dadurch verloren.

Grüße
Siboniwe

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies das Produkt einer Web-Content-Agentur ist und die besonderen Gruseligkeiten des Textes nicht zwingendermaßen dem Schreiber anzulasten sind. Sehr häufig gibt es von Seiten der Agentur und/oder des Auftraggebers ziemlich genaue, wenn auch mitunter völlig widersinnige Vorgaben bezüglich Inhalt, Aufbau und SEO-relevanten Stichwörtern in einzuhaltender Anzahl, die zwangsläufig in Texten resultieren, die bereits beim Schreiben fast körperliche Schmerzen verursachen.

:paw_prints:

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Hallo MM,

nein, ich weiß nichts Näheres. Allerdings glaube ich nicht, dass es sich um eine Maschinenübersetzung handelt, auch im Englischen wäre der Gebrauch von Antibiotika im Singular falsch. Vereinfachung sehe ich auch. Mein Gefühl (aber mehr ist es nicht) sagt mir: unfähiger Schreiber, nicht vorhandener Lektor / Editor.

Grüße
Siboniwe

Es geht nicht um den zugegeben schlechten Inhalt der Reform an sich, sondern um die Botschaft, die mit ihrer Durchsetzung transportiert wurde. Es wurde plötzlich Wert darauf gelegt, dass die Kinder einfacher, leichter das Schreiben erlernen - für den Einkaufszettel im späteren Leben mag’s genügen.

Ich selbst hatte in den Jahren 1995 bis 2002 Schulanfänger als Kinder und habe deshalb die Kehrtwende in der Sprachvermittlung ganz gut beobachten können.

Heute ist die erste Generation der Neuschreiber erwachsen geworden, und wenn man so manchen Text in so manchen Foren liest, graust’s einen. Und da ist der „Standart“ noch nicht mal das Schlimmste.

Wen wundert es, wenn solche Texte wie der hier vorgelegte Eingang in offizielle Publikationen finden? So manches höchstrichterliche Urteil sieht auch kaum besser aus, und die Mädchen halten beim Tokio-Hotel-Konzert ein Schild hoch, auf dem steht:

„Nimmt uns!“

Hallo E.,

mir scheint, das im Vergleich zu z.B. einer Olympia Traveller, bei der jede Letter so sitzt, wie man sie angeschlagen hat, „leichtere“ Medium erzeugt eine Sprachtechnik, die zwischen Schreiben und Reden liegt, und bei der im Vergleich zum klassischen Schreiben sozusagen das Selbst-Lektorat fehlt - ich fände es ganz interessant, die zunehmenden Fehler zu typisieren und daraufhin zu untersuchen, in welchem Umfang sie von „phonetischem Schreiben“ abhängen.

Schöne Grüße

MM

Nicht die Verwahrlosung an sich, sondern deren Geschwindigkeit. Also der Netzverblödungskoeffizient.

örgs, dass die Verwahrlosung, DASS — ich würde ja gerne korrigieren, wenn ich könnte!!

Jo - hab grad ein bissel weitergelesen darin, schon gruselig.

Ziemlich schlimm finde ich das hier:

Dein Arzt könnte die zum Beispiel ein Antihistaminikum verschreiben, wie es bei dem User @synapse der Fall war:

Wo bereits ein simpler Blick in die ViKa genügte, um festzustellen, dass synapse Arzt ist. Aber nein, außer Adoleszenten, die „Erfahrung mit“ irgendwas haben, ist offenbar keiner mehr hier vorgesehen.

Schöne Grüße

MM

Leichte Sprache sieht anders aus.

„Es gibt Krankheiten, die werden von Bakterien gemacht. Gegen solche Krankheiten gibt es Hilfe. Manche Arznei, die dagegen hilft, nennt man Antibiotkum…“

Neinnein, hier hat der Autor lediglich mangelhafte Deutschkenntnisse und wird sicherlich auch „Visa“ statt Visum sagen und Kräne oder Denkmäler. Das schüttelt einen ja schon beim Schreiben!

Das sind auch Auswirkungen der Rechschreibreform. Man sollte den Menschen wieder beibringen, dass das Schreiben fürs Lesen gemacht ist und nicht fürs Schreiben. Und dass ein Text mehr Leser hat als Autoren - außer natürlich bei den Beipackzetteln von Antibiotika.

Mönsch Martin, der Text kommt aus einem Expertenforum! Ich weiß gar nicht, was es daran zu kritisieren gibt. Sei doch froh, dass nicht von Antibiotikas geschrieben wurde. :wink:

Gesine, die mal gespannt ist, wie lange der Antibiotika/um Beitrag so stehenbleibt.

Hallo Gesine,

interessant ist, dass die Fehler weggehen, wenn man „Antibiotikum“ und „Antibiotika“ durch einen Eigennamen wie „Doxycyclin“ ersetzt. Wegen des bestimmten Artikels in der dritten Zeile braucht man aber einen Namen, der gleichzeitig auch wie ein Begriff verwendet wird.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

warum du das der Rechtschreibereform vor die Haustür legst, ist mir aber nicht ganz klar. Ja, die Rechtschreibereform hat Unsicherheit mit sich gebracht und der Verdacht liegt nahe, dass damit Willkürlichkeit gekommen ist. Diese These wird derzeit in verschiedenen Zeitungen und auf Internetseiten mal wieder durch’s Dorf getrieben (ob sie stimmt oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber ich bin immer etwas skeptisch, wenn ein Thema „plötzlich“ von vielen verschiedenen Publikationen und anderen Medien entdeckt wird).

Ich persönlich denke eher, es hängt einerseits mit der Inflation von Texten zusammen, die unredigiert in der Öffentlichkeit landen. Früher gab es Editoren und Lektoren, die Texte, auch die von professionellen Schreibern erst lasen und korrigierten bevor sie veröffentlich wurden. Und unprofessionelle Schreiber mussten bei ihren Texte selbst Korrektur lesen, wenn sie eine Chance haben wollten, dass sie veröffentlicht wurden - ein Leserbrief brauchte mehr Zeit und Überlegung, als ein hingeworfenes, unreflektiertes Posting irgendwo im Internet. Wenn ich oft das Wort „Standart“ im entsprechenden Kontext lese, verunsichert mich das zuerst und irgendwann werde ich glauben, das das Maßstab oder Richtschnur oder Niveau heißt (und diese Verschiebung kommt meist ganz unbewusst daher).

Grüße
Siboniwe