Leid das Gegenteil von Glück?

Meine Freundin und ich haben gerade ein Text von Sigmund Freud gelesen indem er zu erklären versucht, warum Menschen nicht glücklich sind / nicht glcklich werden können.
Da hatte meine Freundin eine grundlegende Frage in den Raum gestellt:

„Ist Leid das Gegenteil von Glück?“

Ich meinte nicht! Und versuchte dies mathematisch zu erklären:

„Das Gegenteil von Leid ist Nicht-Leid - die Abwesenheit von Leid. Und das heißt noch lange nicht, dass man glücklich ist“

Meine Freundin widersprach mir. Sie meint Das Gegenteil von etwas ist immer das am weitesten entfernte vom Teil: Heiß - Kalt, Glück - Leid, Blau - Rot…

Wie seht ihr das? Und gibt es vielleicht einen Philosophen, der sich darüber schon einmal Gedanken gemacht hat

Hallo Kevin,

es gibt verschieden Arten von „Gegenteil“, z. B. das formale Gegenteil - das wäre die Verneinung des Positiven bzw. umgekehrt - und das inhaltliche Gegenteil. Man kann das auch sprachlich unterscheiden, nur wird das selten getan. Das formale Gegenteil von „glücklich“ wäre dann „nichtglücklich“ oder „nicht-glücklich“, das inhaltliche „nicht glücklich“ (also ohne Bindestrich und auseinandergeschrieben, nach der Einführung der neuen Rechtschreibung ist das etwas problematisch).
Du hast die formale Gegensätzlichkeit ganz richtig als „mathematisch“ bezeichnet.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi,

meinst du das antagonistische Gegenteil?
http://kds-nano.de/physik-live/physik/der%20antagoni…

Gruß
Frank

Hallo Thomas,

vielen Dank für deine Antwort! Jedoch beschäftigt mich das Problem noch weiter… Ich habe mir schon gedacht, dass beides seine Richtigkeit haben kann - weshalb meine Freundin genauso gute Argumente hervorbringen konnte, wie ich.

Wie nennt man denn nun ihre Version, antagonistisch?

PS: Irgendwie kann nur eins von beiden „wahr“ sein… multiplex doctrina veritas una

Hallo Kevin,

Ich habe zwar auch keine Ahnung, aber ich finde die Frage interessant. Das sind die Ergebnisse meiner Überlegungen:

Wie nennt man denn nun ihre Version, antagonistisch?

Nein, sie spricht vom inhaltlichen Gegenteil, du sprichst vom formalen Gegenteil.

Für binäre Zustandsformen, also wenn nur zwei Zustände bzw. Eigenschaften vorkommen können, ist das inhaltliche gleich dem formalen Gegenteil. In diesen diesen Fällen ist das formale Gegenteil eindeutig.

Bei allen anderen Sachen ist das inhaltliche Gegenteil eine Teilmenge des formalen Gegenteils, das eben nicht mehr eindeutig ist. Beispiel Farbe: Das formale Gegenteil von Rot ist Nichtrot. Da kommen alle anderen Farben in Frage. Für das inhaltliche Gegenteil muß man einen Bezugsrahmen angeben. So kann man zB. die Komplementärfarbe von Rot als das inhaltliche Gegenteil bezeichnen. Wenn der Bezugsrahmen fehlt, wird das schwierig. Beispiel Zeit: Was ist das Gegenteil von einer Sekunde? Bei kontinuierlichen Größen ist der Übergang zum inhaltlichen Gegenteil „fussy“, also „verschmiert“. So unterscheidet man dort begrifflich inhaltliche Gegenteile, die sich formal nur als Grenzwerte betrachten lassen (Bsp. hell-dunkel, lang-kurz, groß-klein, nah-weit, hoch-tief, usw).

Abgesehen davon finde ich nicht, das Leid das Gegenteil von Glück ist, sondern Pech bzw. Unglück. Leid mag die Folge davon sein.

Grüße und das Gegenteil von Nichtglück wünscht
Jochen

Hi Thomas,

Man kann das auch
sprachlich unterscheiden, nur wird das selten getan. Das
formale Gegenteil von „glücklich“ wäre dann „nichtglücklich“
oder „nicht-glücklich“, das inhaltliche „nicht glücklich“
(also ohne Bindestrich und auseinandergeschrieben, nach der
Einführung der neuen Rechtschreibung ist das etwas
problematisch).

Wie auch immer man das nach der neuen Rechtschreibung schreibt: Für mich heisst nicht-glücklich sein nicht zwangsläufig „unglücklich“ zu sein. Nicht glücklich zu sein heißt dem Zustand des Glücks (den wohl jedes Individuum für sich anders formulieren/empfinden würde) fern zu sein. Aber muss man deshalb gleich unglücklich sein?

Du hast die formale Gegensätzlichkeit ganz richtig als
„mathematisch“ bezeichnet.

Vielleicht ist das durchaus ein rein mathematisches Problem, denn wenn z.B. zu einer Formel ein X gehört um beispielsweise das Prinzip Glück definiert zu sehen, dann wäre ja die Abwesenheit von X ein „Beweis“ für Unglück…

Nun gut,
ich bin froh, 1+1 zusammenzählen zu können,
die Kassiererinnen bei Aldi wiederum sind froh, endlich auch die Preise über Strichcodes scannen zu können und überhaupt,
schön, dass es ein Leben neben allen Regeln gibt…
LG,
Anja

Vielleicht ein neuer Gedanke zu der Frage nach: Leid-das Gegenteil von Glück?

Ist Gesundheit n u r die Abwesenheit von Krankheit?
Nein, meine ich, sie kann ein eigenständiges Phänomen sein, das ich wahrnehme und empfinde. Sie braucht nicht die Krankheit, um sich zu verifizieren.
So ist das Glück eher ein unbeeinflussbareres Schicksalgeschenk, dass eben n i c h t seine Erfüllungskraft aus der Abwesenheit von Leid zieht. Auch hier: ein eigenständiges Phänomen.

Liebe Grüße
Mark

Hi!

In diesem Fall hat wohl deine Freundin recht!
Natürlich hat das „formale“ Gegenteil seine Berechtigung, vor allem in Logik und Mathematik. Also die Abstraktion, bzw. Negierung.
Aber an einem Beispiel kannst du das deutlich machen, dass es hier nicht paßt:
Tot - Lebendig. Das formale Gegenteil von Lebendig ist Nicht-lebendig!
Aber nicht-lebendig ist auch was gar nicht gezeugt wurde. Tot kann nur jemand sein, der einmal am Leben war. Dies nennt man wie du schon vermutet hast Antagonismus: Widerstreit, Gegensatz. Vom griechischen antagonizesthai, was gegeneinander kämpfen heisst.
Hier braucht es immer seinen Gegenpart, ohne den kann sich ein Phänomen nicht definieren.

Gruss
Junktor

Hallo Kevin,
Ich bin für die Meinung Deiner Freundin. Die Abwesenheit von Leid ist mal sehr neutral. Unsere Emotionen sind auf Eis gelegt. Aber Glück kann das ja nicht sein. Ich nenne Glück: die Aussicht auf die Erfüllung eines Wunsches. Nicht mehr! Da ja die Erfüllung schon dem nächsten Wunsch Platz macht…etc.
Mit Gruss: hardy

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Nitschke sucks!! Erika Berger rulez :wink:

Tot - Lebendig. Das formale Gegenteil von Lebendig ist
Nicht-lebendig!
Aber nicht-lebendig ist auch was gar nicht gezeugt wurde. Tot
kann nur jemand sein, der einmal am Leben war.

Das ist ein verdammt gutes Argument! Nun ist das formale Gegenteil jebenfalls nicht eindeutig - es besitzt Teilmengen. (vgl. inhaltliche Gegenteil von Rot und formale Gegenteil von Rot)

Dies funktioniert natürlich nur in eine Richtung (form. Gegenteil von Tod ist Nicht-Tod) - bedenke, dass Tod auch etwas sein kann, was nie lebendig sein wird.

Deine Antwort hat mich wieder aufs neue ins Grübeln gebracht… ich frage mich, ob du dieses Argument im Rückschluß auch auf das Leid und das Glück beziehen kannst…

Gruß Kevin

Aha
Vielen Dank,

aber du musst nicht deine „kostbare Zeit“ in diesem Forum verschwenden, wenn du nichts gescheites zu diesem Thema beitragen kannst…

Das formale Gegenteil von lebendig muss zwei Eigenschaften haben, da lebendig ja auch zwei Formen annehmen kann (wie du schon erwähntest):

Einmal ist tod etwas vergangenes lebendiges und etwas nie lebendig gewesenes bzw. seinendes (ein Stein).

Ich möchte dieses Thema jetzt aber auch abschließen, da ich festgestellt habe, dass Glück nicht definiert werden kann, da es eine subjektive Vorstellung der umgebenen Ereignisse ist.
Allerhöchstens kann man es biologisch betrachten (fleißig Zucker futtern :wink: - was aber auch nichts über die Ursache von Glück aussagt -diese ist nur subejktiv zu finden…

Ciao

Antagonismus!
Hallo Kevin!

Abschließend möchte ich sagen, dass das „Leid“ nicht der richtige Antagonismus zu Glück ist. Der richtige wäre Unglück. Zwischen nicht-glücklich und unglücklich liegt er eben der Unterschied, das trifft auf alle Antagonismen zu!

Viele Grüße
Junktor

„Ist Leid das Gegenteil von Glück?“

Hi Hardy, nun
um Leid und Glück überhaupt definieren zu wollen,
bedarf es wohl eines Tagebuchs, welches dann aber
auch akriebisch fortgesetzt hätte werden müssen… ähem…na
oder so ähnlich.
Nacher liest man es sich durch und kommt vielleicht zu dem
Schluss, dass das Eine ohne das Andere auf die Dauer keine
Priorität haben kann, weil die objektive Beziehung
zwischen diesen beiden Begriffen unablässlich ist.
„Glück“ u. Leid sind wohl eher als Partner zu bezeichnen,
um gemeinsam zu agieren, damit Neues entsteht?!

Grundsätzlich neigen wir eher dazu, negative Erfahrungen intensiever
in Erinnerung zu behalten, als die unzähligen Glücksmomente,
welche wir (vielleicht aus Angst) viel zu wenig interpretieren zu versuchen!?!
Das Gegenteil von Glück wäre also dementsprechend eher Dilletantismus. Herrje… was fürn Wort, na wirst schon wissen was ich mein.?

Das Gegenteil von Leid, wäre vielleicht: Dies aus ganzem Herzen zu bekämpfen…
gewaltlos, mit den „Waffen“ der Verständnis und mit der Bereitschaft,
sein eigenes Leben dafür hingeben zu können.

Welches war dein grösstes Leid?
Und welches wär dein grösstes Glück?
Wenns dafür eine Waage gäbe,
fändst je dorthin zurück?

Alles Gute,
DerDa

Zu diesem Thema fallen mir die „Gelehrten der Scheibenwelt“-Bücher von Terry Pratchett & Co ein. Kann ich sehr empfehlen!

Nicht alle menschlichen Begriffe lassen sich in ein logisches Schema einbringen.

Kälte z.B. existiert garnicht. Es handelt sich um die Abwesenheit von Wärme. Genausowenig gibt es Dunkelheit. Dunkelheit ist demnach nicht das Gegenteil von Licht, sondern der „Nullpunkt“. Das Gegenteil von Licht gibt es einfach nicht.

Nehmen wir als zwischenschritt z.B. „Leben“. Die Abwesenheit von Leben ist Tod. Tod ist also der Nullpunkt. Das Gegenteil von Leben existiert nur in der Fiktion, in Märchen und Mythen: Untote. Zombies, Mumien, Vampire. Das ist das Gegenteil von Leben. Der Tod liegt in der Mitte.

Leben - Tod - Untot
Hunger - Satt - Überfressen
Liebe - Gleichgültigkeit - Hass

Terry Pratchett mochte scheinbar diese Art menschlichen Denkens und spielte in seinen Büchern oft mit diesem Thema. Auf der Scheibenwelt ist z.B. im Gegensatz zu unserer Welt alles „logisch“ aufgebaut. Das Gegenteil von „betrunken“ (nüchtern wäre der Nullpunkt) nennt er z.B. „knurd“. Das ist ein Zustand, in dem man zu nüchtern und rational ist, um die Welt ertragen zu können. Wenn man knurd ist, muss man logischerweise Alkohol trinken, um wieder nüchtern zu werden. :wink:

Wenn man nun mal davon ausgeht, daß sich Gefühle so verallgemeinern lassen, dass man sie als Gegensätze anordnen kann, dann denke ich, deine Freundin hat eher recht als du. Aber so genau kann man das nie sagen. Da könnte man genausogut darüber diskutieren, ob es Gott gibt. Letzenendes ist es „geschmacksache“.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin der Meinung, das was du als Gegenteil bezeichnest, ist nur der Nullpunkt.

Positiv/Ausgangspunkt - Neutral/Nullpunkt - Negativ/Gegenteil.

Ihr sucht nach irgendwelchen „Gegenteilen“? Warum nicht mal nach Harmonie??

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Hallo,

Ihr sucht nach irgendwelchen „Gegenteilen“? Warum nicht mal
nach Harmonie??

du gehst von einer falschen Vorstellung aus, nämlich der, dass diese Suche etwas mit der Befindlichkeit der Suchenden zu tun hat.

Letztendlich suchen wir alle Harmonie. Harmonie kann man nur finden, wenn man die Disharmonie kennt. Daher ist es sinnvoll, vor dem Finden der Harmonie, das Suchen der Disharmonie zu betreiben. :smile:

Im Übrigen kann man sich mit Harmonie viel leichter selbst betrügen als mit Disharmonie. Das macht unkritisches Verharren in der Harmonie sogar gefährlich. Da lobe ich mir die, die wenigstens den Umweg über den Streit machen (womit ich jetzt nicht die Diskutierenden hier meine), dann sind die Dinge wenigstens klar.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Mal sehen, was ein großer Dichter und Denker dazu meint:

In Zeiten der Not und des Leidens zeigt sich erst, was wirklich unser ist, was uns treu bleibt und nicht genommen werden kann. Es gibt viele, denen ein schöner Spruch lieb und wertvoll war, die gern einen guten Vortrag und eine gute Musik hörten, und denen doch von alledem nichts zu eigen bleibt, wenn Hunger, Not, Sorge ihr Leben beschatten.

Wenn ich, von außen her, über mein Leben weg schaue, sieht es nicht besonders glücklich aus. Doch darf ich es noch weniger unglücklich heißen, trotz aller Irrtümer. Es ist am Ende auch ganz töricht, so nach Glück und Unglück zu fragen, denn mir scheint, die unglücklichsten Tage meines Lebens gäbe ich schwerer hin als alle heiteren. Wenn es in einem Menschenleben darauf ankommt, das Unabwendbare mit Bewußtsein hinzunehmen, das Gute und Üble recht auszukosten und sich neben dem äußeren ein inneres, eigentlicheres, nicht zufälliges Schicksal zu erobern, so war mein Leben nicht arm und nicht schlecht. Ist das äußere Schicksal über mich hingegangen wie über alle, unabwendbar und von Göttern verhängt, so ist mein inneres Geschick doch mein eigenes Werk gewesen, dessen Süße oder Bitterkeit mit zukommt und für das ich die Verantwortung allein auch mich zu nehmen denke.

Mein Menschenleben ist arm und mühsam gewesen und scheint doch anderen, und manchmal mir selbst, reich und herrlich. Mir erscheint das Menschenleben wie eine tiefe, traurige Nacht, die nicht zu ertragen wäre, wenn nicht da und dort Blitze flammten, deren plötzliche Helle so tröstlich und wunderbar ist, daß ihre Sekunden die Jahre des Dunkels auslöschen und rechtfertigen können.

Hallo,
„Nicht-Leid“ ist zunächst mal korrekt. Die Frage ist dann allerdings welches „normale“/übliche deutsche Wort kommt dem am nächsten in seiner Bedeutung. Und das ist m.M. nicht klar beantwortbar, da es davon abhängt, welche Eigenschaften ich „Leid“ zuordne resp. was ich damit assoziiere. Da diese Eigenschaften/Assoziationen üblicherweise nur unvollständig gegeben werden können, resultiert daraus das Problem die Bedeutung der Negation „Nicht-Leid“ zu bestimmen.

Gruss
Enno