Leistung eines Wellenkraftwerkes

Liebe/-r Experte/-in,
es geht um die Berechnung der Leistung eines Wellenkraftwerkes vom Typ „Pelamis“ (leicht zu googeln; kann keine Adresse angeben, da wird man automatisch rausgeworfen wg. Verdacht auf Werbung). Pelamis ist stationär, ich will es mobil verwenden als Teil eines Schiffes.

Im engl. Wikipedia wird die Leistung einer Welle näherungsweise berechnet mit 0,5 mal die (Wellenhöhe hoch 2) mal die „period“. Letztere ist definiert als „the duration of one cycle in a repeating event“. Gibt man die Wellenhöhe in m und die period in sec. ein, erhält man die Leistung der Welle in kW. So weit, so gut.

Nun haben Meereswellen nur selten die Form von Sinuswellen; meist weisen sie einen spitzen Wellenberg auf, das Wellental ist eine ziemlich ebene Fläche. Fährt mein Schiff in die gleiche Richtung, in die sich die Wellen bewegen, hat das eine scheinbare Verlängerung der „period“ zur Folge. Laut Formel müsste aber dann die Leistung der Wellen und damit auch die des Wellenkraftwerkes ansteigen. Ein paradoxes Resultat! Noch mal konkret: Liegt das Schiff vor Anker, kommt z.B. alle 8 sec. ein Wellenberg vorbei. Lichtet es den Anker und „fährt den Wellen nach“, überquert es nur noch alle halbe Stunde einen Wellenberg - und dann soll sein Wellenkraftwerk eine höhere Leistung bringen? Das kann doch nicht sein! Wo ist mein Denkfehler?

Lieber Jörg,

zwar habe ich mich bisher noch nie mit Wellenkraftwerken auseinander gesetzt, aber ich diskutiere gerne mit.

Pelamis ist stationär, ich will es mobil verwenden
als Teil eines Schiffes.

Im engl. Wikipedia wird die Leistung einer Welle
näherungsweise berechnet mit 0,5 mal die (Wellenhöhe hoch 2)
mal die „period“. Letztere ist definiert als „the duration of
one cycle in a repeating event“. Gibt man die Wellenhöhe in m
und die period in sec. ein, erhält man die Leistung der Welle
in kW. So weit, so gut.

Das macht dahingehend Sinn, dass man sich leicht vorstellen kann, dass eine niederfrequente Welle (mit langer Periode) eine viel längere Zeit das Wasser auf einem „höheren Niveau halten muss“. Also wird auch mehr Energie benötigt wird um diesen Zustand zu erreichen.

Nun haben Meereswellen nur selten die Form von Sinuswellen;
meist weisen sie einen spitzen Wellenberg auf, das Wellental
ist eine ziemlich ebene Fläche.

Das ist richtig. Aber Dein Kraftwerk interessiert sich gar nicht für die Geometrie der Welle. Wichtig ist es doch nur, dass zwei nebeneinander liegende Segmente einen Winkel zwischeneinander haben und dass dieser sich möglichst häufig und stark ändert. Die Änderung des Winkels der Segmente gibt am Ende die Energiemenge. (Ist das verständlich erklärt? Sonst bitte nachfragen. Das ist der Knackpunkt)

Fährt mein Schiff in die
gleiche Richtung, in die sich die Wellen bewegen, hat das eine
scheinbare Verlängerung der „period“ zur Folge. Laut Formel
müsste aber dann die Leistung der Wellen und damit auch die
des Wellenkraftwerkes ansteigen. Ein paradoxes Resultat! Noch
mal konkret: Liegt das Schiff vor Anker, kommt z.B. alle 8
sec. ein Wellenberg vorbei. Lichtet es den Anker und „fährt
den Wellen nach“, überquert es nur noch alle halbe Stunde
einen Wellenberg - und dann soll sein Wellenkraftwerk eine
höhere Leistung bringen? Das kann doch nicht sein! Wo ist mein
Denkfehler?

Hier muss man jetzt unterscheiden zwischen der Energie in der Welle und der Energie im Kraftwerk. Ist die Periode zu groß, dann haben wir am Ende keine Änderung des Winkels zwischen den Segmenten, bzw. die Änderung ist so gering, dass ich keine Energie gewinnen kann. Trotzdem hat die Welle so viel Energie, dass sie mein ganzes Schiff mit samt Wellenkraftwerk anhebt - also viel Energie. Es ist hierbei also sehr wichtig, die Wellenlänge der am meisten vorkommenden Wellen (Wasser) und die Abmessungen des Wellengenerators aufeinander abzustimmen.

Extremfälle:

  1. Wellenlänge (Wasser) > Länge Pelamis: Dies könnten sogar die Gezeiten sein. Hebt und senkt sich das ganze Kraftwerk, so ist nichts gewonnen (die Winkel zwischen den Segmenten bleiben konstant 0) und der Generator erzeugt keine elektrische Energie.

In einem nächsten Schritt der Betrachtung ist die Dynamik des Systems zu betrachten, denn die Segmente können sich ja auch nicht beliebig schnell zueinander bewegen. Dies muss auch mit der Wellenhöhe zusammenpassen. Aber das können wir später noch mal diskutieren.

Beantwortet das Deine Fragen fürs erste?

Gruß y0007880

Hallo,

ich bin leider kein „Experte“, was Wellenenergie angeht.
Aber ich denke, dass die von Ihnen beschriebene Formel die Leistung angibt, die im Wasser der Welle gespeichert ist. Je länger die Periode, desto größer ist die Welle, und desto mehr Flüssigkeit (Wasser) enthält die Welle.
Die Gleichung ist vermutlich nur in einem unbewegten Bezugssystem gültig (also nicht in einem fahrenden Schiff). Die Welle wird ja nicht kleiner, wenn man ihr entgegenfährt, oder größer, wenn man in ihre Richtung fährt.

Ferner nehme ich an, dass diese Gleichung nicht für die Berechnung der gewonnenen Energie gültig ist (einmal davon abgesehen, dass nur ein kleiner Teil dieser Energie wirklich gewandelt wird). Hierbei gilt sicherlich, dass die Energie mit Wellenhöhe ansteigt und mit Periodendauer abnimmt. D.h. vermutlich wird die gewandelte Energie ansteigen, wenn das Boot den Wellen entgegenfährt.

Viele Grüße,
Marcus

Hallo Marcus,
vielen Dank für Deine Antwort! Sie hat mir ein gutes Stück weitergeholfen, aber nicht alle Probleme ausgeräumt. Inzwischen ist mir noch ein schlagenderes Gedankenexperiment eingefallen, das die angegebene Formel in Frage stellt: Stelle Dir ein Wellenkraftwerk vor, das aus einer am Meeresgrund verankerten Boje besteht, welche die Auf- und Abbewegung im Wellengang in Nutzenergie umwandelt. Laut Formel müsste die Energieausbeute zunehmen , wenn bei gleichbleibender Wellenhöhe weniger Wellenberge pro Zeiteinheit eintreffen! (zu Deinem Einwand, dass die Formel nicht für solche Berechnungen gedacht ist, siehe unten)

Hallo,

ich bin leider kein „Experte“, was Wellenenergie angeht.
Aber ich denke, dass die von Ihnen beschriebene Formel die
Leistung angibt, die im Wasser der Welle gespeichert ist. Je
länger die Periode, desto größer ist die Welle, und desto mehr
Flüssigkeit (Wasser) enthält die Welle.

Das leuchtet mir ein!

Die Gleichung ist vermutlich nur in einem unbewegten
Bezugssystem gültig (also nicht in einem fahrenden Schiff).
Die Welle wird ja nicht kleiner, wenn man ihr entgegenfährt,
oder größer, wenn man in ihre Richtung fährt.

Ferner nehme ich an, dass diese Gleichung nicht für die
Berechnung der gewonnenen Energie gültig ist (einmal davon
abgesehen, dass nur ein kleiner Teil dieser Energie wirklich
gewandelt wird).

Doch! Man multipliziert einfach die Energiemenge der Welle mit dem Wirkungsgrad des Wellenkraftwerkes. So geht z.B. auch der Physiker Prof. Pelte aus Heidelberg vor (seine Vorlesung über erneuerbare Energien von 2002 habe ich im Internet gefunden). Ich muss allerdings ergänzen: Die o.a. Formel gibt den Energieinhalt pro m der Wellenwalze an. Schneidet das Wellenkraftwerk z.B. 10 m aus der Welle heraus, muss man das Ergebnis noch mit 10 multiplizieren.

Hierbei gilt sicherlich, dass die Energie mit
Wellenhöhe ansteigt und mit Periodendauer abnimmt. D.h.
vermutlich wird die gewandelte Energie ansteigen, wenn das
Boot den Wellen entgegenfährt.

Viele Grüße,
Marcus

Lieber Jörg,

zwar habe ich mich bisher noch nie mit Wellenkraftwerken
auseinander gesetzt, aber ich diskutiere gerne mit.

Pelamis ist stationär, ich will es mobil verwenden
als Teil eines Schiffes.

Im engl. Wikipedia wird die Leistung einer Welle
näherungsweise berechnet mit 0,5 mal die (Wellenhöhe hoch 2)
mal die „period“. Letztere ist definiert als „the duration of
one cycle in a repeating event“. Gibt man die Wellenhöhe in m
und die period in sec. ein, erhält man die Leistung der Welle
in kW. So weit, so gut.

Das macht dahingehend Sinn, dass man sich leicht vorstellen
kann, dass eine niederfrequente Welle (mit langer Periode)
eine viel längere Zeit das Wasser auf einem „höheren Niveau
halten muss“. Also wird auch mehr Energie benötigt wird um
diesen Zustand zu erreichen.

Das leuchtet mit ein, und es stimmt auch mit der Erklärung von Marcus (nächster Beitrag) überein.

Nun haben Meereswellen nur selten die Form von Sinuswellen;
meist weisen sie einen spitzen Wellenberg auf, das Wellental
ist eine ziemlich ebene Fläche.

Das ist richtig. Aber Dein Kraftwerk interessiert sich gar
nicht für die Geometrie der Welle.

Doch! wenn nämlich das Wellenkraftwerk kürzer als eine Wellenlänge ist, passiert im Wellental energetisch überhaupt nichts, wenn dieses Wellental eine Ebene ist. Und trotzdem soll laut Formel der Energieeintrag größer werden, wenn das Wellental länger wird!
(ich räume aber ein, dass die Wellenform nur ein Nebenaspekt des ganzen Problems ist).

Wichtig ist es doch nur,
dass zwei nebeneinander liegende Segmente einen Winkel
zwischeneinander haben und dass dieser sich möglichst häufig
und stark ändert. Die Änderung des Winkels der Segmente gibt
am Ende die Energiemenge. (Ist das verständlich erklärt? Sonst
bitte nachfragen. Das ist der Knackpunkt)

Fährt mein Schiff in die
gleiche Richtung, in die sich die Wellen bewegen, hat das eine
scheinbare Verlängerung der „period“ zur Folge. Laut Formel
müsste aber dann die Leistung der Wellen und damit auch die
des Wellenkraftwerkes ansteigen. Ein paradoxes Resultat! Noch
mal konkret: Liegt das Schiff vor Anker, kommt z.B. alle 8
sec. ein Wellenberg vorbei. Lichtet es den Anker und „fährt
den Wellen nach“, überquert es nur noch alle halbe Stunde
einen Wellenberg - und dann soll sein Wellenkraftwerk eine
höhere Leistung bringen? Das kann doch nicht sein! Wo ist mein
Denkfehler?

Hier muss man jetzt unterscheiden zwischen der Energie in der
Welle und der Energie im Kraftwerk. Ist die Periode zu groß,
dann haben wir am Ende keine Änderung des Winkels zwischen den
Segmenten, bzw. die Änderung ist so gering, dass ich keine
Energie gewinnen kann. Trotzdem hat die Welle so viel Energie,
dass sie mein ganzes Schiff mit samt Wellenkraftwerk anhebt -

Im Wellental doch nicht! Da liegt das Schiff tiefer!

also viel Energie. Es ist hierbei also sehr wichtig, die
Wellenlänge der am meisten vorkommenden Wellen (Wasser) und
die Abmessungen des Wellengenerators aufeinander abzustimmen. Das leuchtet mir ein. Der Wirkungsgrad eines solchen Wellenkraftwerks hat ein Maximum für eine bestimmte Wellenlänge - und diese Wellenlänge sollte statistisch häufig auftreten!

Extremfälle:

  1. Wellenlänge (Wasser) > Länge Pelamis: Dies könnten sogar
    die Gezeiten sein. Hebt und senkt sich das ganze Kraftwerk, so
    ist nichts gewonnen (die Winkel zwischen den Segmenten bleiben
    konstant 0) und der Generator erzeugt keine elektrische
    Energie.

In einem nächsten Schritt der Betrachtung ist die Dynamik des
Systems zu betrachten, denn die Segmente können sich ja auch
nicht beliebig schnell zueinander bewegen. Dies muss auch mit
der Wellenhöhe zusammenpassen. Aber das können wir später noch
mal diskutieren.

Beantwortet das Deine Fragen fürs erste?

Es bringt mich zumindest ein gutes Stück weiter! Vielen Dank schon mal! Es würde mich aber auch noch sehr intressieren, was Du zu meinem Gedankenexperiment im nächsten Betrag sagst!

Gruß y0007880

Hallo Herr Sommer ! Es ist nicht gerade mein Spezialgebiet, für das sie eine Frage an mich gestellt haben, dennoch glaube ich, dass die für die „period“ nicht eindfach die Sekunden als Faktor einsetzen dürfen, sondern den Rezprokwert davon. Das heißt 1/Sekunden. So wird auch die Leistung geringer, wenn die Wellenberge seltener ankommen, was auch dem logischen Verständnis entspricht. Ich hoffe, ich konnte Ihnen hierbei etwas weiterhelfen.

Grüße Rainer Reiber

Hallo Herr Reiber,
also das mit dem Reziprokwert stimmt nicht- schauen Sie mal rein ins engl. Wikipedia unter „wave power“, da wird die Länge der „period“ in sec. verwendet.

Inzwischen habe ich viel hin & her gerechnet und bin auf interessante Zusammenhänge gestoßen:

  1. Meereswellen haben keine konstante Geschwindigkeit (wie z.B. Licht- oder Schallwellen), sondern: Sie sind umso schneller, je größer ihre Periode ist. Es ist c = 1,562 T, wobei c = Geschwindigkeit (m/sec), T = Periode (sec.)
  2. Setzt man das in die Leistungsformel ein (siehe mein ursprüngl. Artikel), erhält man P = 0,32 c H^2.

Das heißt: Bei gleichbleibender Höhe hat eine Welle umso mehr Energie, je schneller sie ist. Das ist unmittelbar einleuchtend!
Aus der Perspektive eines stationären Wellenkraftwerkes, Wellen mit konstanter Höhe: Wenn die Periode länger wird, dauert es zwar länger, bis die jeweils nächste Welle ankommt, diese hat aber dafür mehr Energie!

So weit erst mal.
Jörg Sommer

Noch eine Ergänzung zu meiner Antwort von heute früh: Ich habe mal ein Beispiel durchgerechnet - 2 Wellenarten im Vergleich:

Am Tag a herrschen Wellen vor mit einer Höhe von 4 m und einer Länge von 50 m.

Am Tag b herrschen Wellen vor mit einer Höhe von ebenfalls 4 m und einer Länge von 100 m. (das sind z.B. für den Nordatlantik realistische Beispiele).

Man sollte also meinen, dass ein stationäres Wellenkraftwerk am Tag b nur halb so viel (oder jedenfalls deutlich weniger) Energie produzieren kann als am Tag a, „es muss länger auf den nächsten Wellenberg warten“.

Nun ist aber die Geschwindigkeit einer Welle = 1,25 mal Wurzel aus der Wellenlänge (in m); die kürzere Welle ist demnach mit 8,8 m/s deutlich langsamer als die längere mit 12,5 m/s. Es leuchtet sofort ein, dass die schnellere Welle bei gleicher Höhe energiereicher ist als die langsamere. Das seltenere Eintreffen der längeren Welle am Kraftwerk wird dadurch nicht nur ausgeglichen, sondern sogar überkompensiert.

Das kann man mit Hilfe der Gleichung Periode (in s) = 0,8 mal Wurzel aus der Wellenlänge (in m) ausrechnen: Die kürzere Welle (50 m) bringt eine Leistung von 45 kW pro 1 m Wellenwalze, die lange Welle (100 m) bringt 64 kW.