Moin,
Hat das Gehirn eine Grenze, mit der es „Gedächtnis“ speichern
kann?
Diese Frage kann nicht beantwortet werden. Auch wenn man noch keine Grenze gefunden hat, wie soll man wissen ob es nicht doch eine gibt?
davon abgesehen:
es gibt Theorien, die davon ausgehen, dass wir nichts vergessen und im Prinzip alles ‚behalten‘
Ohne ‚erinnern‘ nutzt uns das aber nichts. Vergleichbar mit einer Bibliothek ohne Index. Alle Bücher sind da - aber ohne Stichwortkatalog wirst du kaum was finden. Es gibt Menschen die können alles erinnern. Diese haben aber immense Probleme ein ‚normales‘ Leben zu leben. Da kannst du dich nach ‚Inselbegabungen‘ oder ‚Idiot savant‘ informieren. ‚Vergessen‘ ist wichtiger als du dir das vorstellst.
… daß ein Gehirn über
Nacht 99% seiner Nervenverbindungen umbaut und damit aus einem
Sprachgenie einen Informatiker macht?
Nein, das ist nicht möglich. Wenn es so etwas wie ‚Talent‘ gibt dann ist das genetisch bestimmt.
Wenn ich morgens um zehn Uhr ein Gedicht auswendig lerne und
es dann um 12, um drei und um sechs Uhr nochmal laut aufsage,
sollte ich mich dann für den Rest des Tages doof glotzend in
eine Ecke setzen, damit das Gehirn 100% seiner biologischen
Leistung darauf verwenden kann, die Nervenverbindungen für das
neue Wissen zu synthetisieren und zu speichern?
Nein, das brauchst du nicht. Man nimmt inzwischen an, dass Gefühle uns helfen Informationen erinnerbar zu speichern. Wenn du etwas lernen willst ist es wichtig, dich an den Inhalt ‚zu verbinden‘. So funktionieren z.B. auch Lerntricks - Geschichten zu machen die die einzelnen Worte in einen Kontext stellen. Ausserdem hilft es vor dem Schlafengehen einen Sachverhalt nochmals durch zunehmen, sportliche Betätigung hilft ebenfalls.
Oder kann ich in der Zwischenzeit auch noch das
Periodensystem, ein Telefonbuch von Braunschweig und den
eigenen Hochzeitstag lernen, weil das Gehirn in unbegrenzter
Menge umbauen kann?
Also erst mal ist dein Ausdruck ‚das Gehirn in unbegrenzter Menge umbauen kann‘ falsch. Du bist auch dein Gehirn. Es ist ein Teil von deinem Körper. Zwar ein wichtiger, aber ohne den Rest, wäre auch dein Gehirn nichts. Man kann unterschiedlich Sachverhalte nacheinander lernen. Was du ‚Umbau‘ nennst ist das bilden neuer Synapsen - Verbindungen zwischen Nervenzellen. Es gibt unterschiedliche Verbindungen zwischen Nervenzellen - manche sind fester als andere. Ausserdem ist es nicht mit einer getan, es müssen viele sein. Das braucht in der Regel seine Zeit. Bei manchen Dingen allerdings reicht einmal - wenn du dir einmal die Finger am Ofen verbrannt hast brauchst du das nicht zu ‚üben‘. Je mehr ‚Gefühl‘ - desto besser lernst du.
Und letztlich geht es nicht nur drum wie viel du aufnehmen kannst - sondern wie gut du erinnern, verknüpfen und umsetzen kannst.
…lux