@ lena
ich bin selbst lektorin und arbeite mit professionellen autorInnen und mit jungautorInnen.
wie seid ihr denn eigentlich verblieben? du hast ihr das exposé zum lektorieren geschickt? oder entscheidet sie aufgrund des exposés, ob sie manuskript lektoriert?
hat sie dir gesagt, dass du innerhalb einer bestimmten zeit von ihr hörst? worum geht’s genau: um ihre zusage an dem lektoratsauftrag oder um das lektorat?
aus eigener erfahrung kann ich dir sagen, dass ein lektorat sehr zeitaufwändig ist. ein lektorat ist ja etwas ganz anderes als ein korrektorat. man arbeitet am textmaterial, schaut sich dramaturgie, konfliktführung, spannungsbau, figurenkonstellaton, dialogführung, perspektive, erzählstimme und einiges mehr. man gibt empfehlungen, empfehlungen, empfehlungen. pro normseite (1.800 zeichen) erhält man als lektorin ca. 5,30. dann weißt du, wieviel wir pro stunde etwa schaffen. anmerkung: wir gehören n i c h t zu den gutbezahlten berufsgruppen.
)
man verbringt sehr viel zeit mit einem text, wenn man seinen beruf ernst nimmt. für ein romanmanuskript brauche ich selbst mehrere wochen. es bleibt ja nicht bei dem text selbst. man schreibt seitenweise extravorschläge, telefoniert häufig auch mit dem autor, trifft ihn manchmal sogar zu gesprächen.
und dann ist der erste lektoratsdurchgang ja auch nicht immer der letzte. manchmal macht man zwei oder gar drei durchgänge, je nachdem, wie sensitiv der autor/die autorin ist oder in welchem zustand das rohmanuskript ist.
schreib ihr - wenn du sichergehen möchtest, was los ist - doch einmal eine mail und frage sie, bis wann du etwa mit einer rückantwort rechnen kannst. wahrscheinlich habt ihr das einfach nicht gut abgesprochen.
und - eine lektorin stiehlt gewiss keine ideen! wozu? glaubst du, irgendjemand kauft ideen? ideen gibt es wie sand am meer. und eine idee alleine ist nichts wert.
ich kenne dieses phänomen der idee-klau-paranoia. das betrifft vor allem jungautorInnen.
weißt du, die idee ist im grunde ziemlich nebensächlich beim schreiben. es ist die art und weise des schreibens, die einen text zu einem guten text macht, nicht die idee. die beste idee ist für die katz, wenn man sie nicht gut schreibt. im gegensatz dazu kann ein guter autor auch eine ganz schlichte, ganz unspektakuläre handlung spannend wie einen thriller schreiben. und das ist wirklich keine übertreibung.
es geht beim schreiben darum, dass man die literarischen mittel beherrscht. es gibt hervorragende bücher, die eigentlich nur eine ganz einfache geschichte erzählen, den leser total an die seiten fesseln können, sodass eigentlich gar nicht auffällt, dass es „nur“ eine einfache geschichte ist.
je erfahrener man beim schreiben wird, desto mehr weiß man das. berufsautorInnen haben diese idee-klau-paranoia in den seltensten fällen, weil sie die realität kennen und wissen, worauf es wirklich beim schreiben ankommt. schreibanfängerInnen haben dieses wissen noch nicht und glauben oft, die idee wäre wichtigste an einem buch.
liebe grüße!