Lena Meyer-Landrut

Hallo U-Musik-Experten!

Warum findet die Menschheit Meyer-Landrut so genial? Bitte erklärt es mir! Auf mich wirkt sie wie eine sympathische Durchschnittsschülerin ohne Stimme…

Gruß!
Karl

Lena Meyer-Landrut ist ein…
… sog. TV-Produkt.
Hallo,
mir geht es ebenso, ich halte sie für total überschätzt und aufgeblasen. Wobei ich den Titel „Satellite“ auch noch ziemlich schlecht finde.
Man darf hier nicht vergessen, dass sie nur populär „gemacht“ ist.
Auf Können und Qualität ist das eben NICHT aufgebaut.

Die altbewährten Kriterien des Erfolgs: Können, Qualität, Kreativität, Originalität, Ausstrahlung usw. werden durch massiven TV-Einsatz ersetzt, der in keinem Zusammenhang mit der Güte der künstlerischen Darbietung mehr stehen muss.
Leider ist das breite Publikum nicht in der Lage das zu erkennen!

Das ist übrigens nicht nur bei uns so, sondern in vielen anderen „TV_Kulturen“.
Was auf der Strecke bleibt (vorläufig), sind Künstler, die durch die lange, harte Schule der „Übungskeller“ und kleinen Jobs gegangen sind und Persönlichkeit und stilistische Unverwechselbarkeit aufgebaut haben.
„Vorläufig“ deshalb, weil das ganze System nicht nachhaltig ist und irgendwann auch das dümmste Publikum vom immer Gleichen übersättigt sein wird! Das kann aber noch dauern. Bis dahin haben „Satellite“ und die anderen „Schöpfungen“ sogar ganz gute Chancen beim „Grand Prix“.

Bestens
Capman42

… sog. TV-Produkt.

Hallo Capman,

klar ist die Kleine ein TV-Produkt. Aber die Frage war ja, warum die „Menschheit“ (in diesem Fall bestehend aus den deutschen Song-Contest-Freunden) sie so gut findet (und man ergänze: "… dass sie aus all den Kandidaten für würdig empfunden wird, Deutschland beim Song Contest zu vertreten).

Wobei ich den Titel „Satellite“ auch noch
ziemlich schlecht finde.

Der Titel ist sicher nicht der beste. (In Jennys Version war er noch etwas anspruchsvoller durch die mediantische Beziehung der Tonarten von Strophe und Refrain.)

Man darf hier nicht vergessen, dass sie nur populär „gemacht“
ist.

Gut, aber auch nicht populärer als die anderen Kandidaten.

Die Frage ist also, was sie den anderen voraus hat, bzw. auch, worauf es dem Song-Contest-Publikum ankommt.
Gehen wir also

[d]ie altbewährten Kriterien des Erfolgs

einmal durch:

Können

Sicher, Fräulein Meyer-Landrut hat keine klassische Gesangsausbildung durchlaufen und ist auch kein Naturtalent. Immerhin kann sie schon mal singen, da haben wir schon ganz andere Kandidaten erlebt (man denke an Zlatko oder Mooshammer im Grand-Prix-Vorentscheid 1999 [oder 2000?]). Und klassische Sänger sind eher nicht gefragt (die rumänischen Opernsänger landeten 2000 genauso weit hinten wie die italienisch singenden lettischen Tenöre von 2007 [oder '08?]).

Qualität

Ihre Stimmqualität erinnert an aktuellen Brit-Pop/Indie-Rock. Nicht umsonst hat sie sich in den Vorrunden gern Songs von Kate Nash und dergl. ausgesucht. Miss Nash wiederum rangiert wie auch ihre Kolleginnen Amy MacDonald und Lily Allen auf vorderen Chart-Platzierungen, trifft also den deutschen Geschmack und hoffentlich auch den anderer Eurovisions-Staaten.

Kreativität, Originalität

Diese lässt sich leider schlecht einschätzen, weil sie nicht selbst komponiert. Ihre Interpretationen lassen es jedoch nicht an Kreativität mangeln, nur ihre Tanzschritte sind höchst gewöhnlich.
Die Kreativität des Songs ist auch nicht gerade besonders hoch. (Mir fiel auch sofort ein Muster bei der Songauswahl auf: Im ersten Vorschlag wird der Angebetete schwirrt sie wie eine Biene – like a bee, im zweiten wie ein Satellit. Wow, wie originell!) Aber sie hat sich den Song ja nicht selbst ausgesucht. Nun fragt man sich, warum das Publikum diesen (mehr oder weniger) Elektropopsong so toll findet. Wahrscheinlich hat es gemerkt, dass die rockigen Nuancen ihrer Stimme bei diesem Lied am besten zur Geltung kommen.

Ausstrahlung

Also, wenn Fräulein Meyer-Landrut eines hat, dann doch wohl Ausstrahlung. In einem Moment wirkt sie wie eine Fee, dann wieder wie eine Teufelin, aber in jedem Fall möchte man sie irgendwie liebhaben. Obwohl sie rückwärts tanzt, zieht sie das Publikum mit ihrem Blick in ihren Bann. Jeden Text, den sie in der Show gesungen hat, hat sie richtiggehend vorgelebt, d.h. selbst wenn das Publikum kein Englisch versteht, spielt sie ihm vor, was Sache ist. Beste Voraussetzungen für den Song Contest.

Nun zu Deiner Kritik:

massive[r] TV-Einsatz ersetzt, der in keinem Zusammenhang mit
der Güte der künstlerischen Darbietung mehr stehen muss.

Das ist wahr, das muss er nicht. Erstaunlich nur, dass er es in dieser Show tat. Beim Song Contest hat jeder Teilnehmer exakt 3 Minuten Zeit, das Publikum in ganz Europa von sich zu überzeugen. Tatsächlich hat das deutsche Publikum schon früh diejenigen Kandidaten ausgelesen, die dazu stimmlich, körperlich, nervlich und entertainerisch in der Lage sind. Dass der Lena kein Lied auf den Leib geschrieben werden konnte, ist dabei durchaus bedauerlich, denn sie hat ja in der Show gezeigt, was ihr liegt, und das hätte man berücksichtigen können. Dann würden „unsere“ Chancen in Oslo noch höher liegen.
Übrigens hätte der TV-Einsatz durchaus höher sein können. Wir hatten schon Teilnehmer (die glücklicherweise mittlerweile längst in der Versenkung verschwunden sind), deren Musikvideo so häufig gespielt wurde, dass ich beim Song Contest dachte: Wie, das soll unser diesjähriger Beitrag sein? Das Lied ist doch schon uralt!

Leider ist das breite Publikum nicht in der Lage das zu erkennen!

Kann es auch gar nicht. Soll es auch gar nicht. Es ist wie bei jeder Kunst: Erlaubt ist, was gefällt.
Manche Menschen hängen sich Reproduktionen von Spitzweg oder Van Gogh ins Wohnzimmer, modernere Leute wählen Kandinsky oder Chagall. Aber sind das tatsächlich die begabtesten Maler gewesen? Sicher nicht. (Und ich erlaube mir jetzt kein Urteil darüber, wer der begabteste Maler war.)
Oder in der Literatur: Marcel Proust hat einen Nobelpreis für seine Verlorene Zeit bekommen. Aber wer kann schon von sich behaupten, dieses Mammutwerk gelesen zu haben? – Was hingegen wird gelesen? Feuchtgebiete! Nun ja, erlaubt ist, was gefällt.

Was auf der Strecke bleibt (vorläufig), sind Künstler, die […]
Persönlichkeit und stilistische Unverwechselbarkeit aufgebaut haben.

Wie schon gesagt, ist die Situation beim Song Contest eine ganz besondere. Cliff Richard zum Beispiel hat sicherlich noch die „harte Schule“ durchlaufen, seine Songs Congratulations und Power to All Our Friends (besonders letzteres) sind musikalisch nicht gerade unoriginell, werden oft im Radio gespielt und verkauften sich gut. Aber hast Du schon irgendetwas von den damaligen Siegertiteln (Massiel: La la la bzw. Anne-Marie David: Tu te reconnaîtras) gehört? Und zu jener Zeit entschied noch eine Jury und nicht die „breite Masse“!

„Vorläufig“ deshalb, weil das ganze System nicht nachhaltig
ist und irgendwann auch das dümmste Publikum vom immer
Gleichen übersättigt sein wird!

Das stimmt. In den letzten Jahren ist der Song Contest immer austauschbarer geworden. (Aber vergleiche mal die Songs von 2000 – da waren ganz unterschiedliche Sachen dabei, die Aufnahme hör ich jetzt noch gerne.) Ich habe das Gefühl, dass sich das in diesem Jahr wieder ändern könnte: Viele Länder singen wieder muttersprachlich, und selbst unser Titel ist kein weichgespülter Mainstream-Pop wie in den Vorjahren. Ich bin jedenfalls durchaus gespannt auf den diesjährigen Wettbewerb.

Liebe Grüße
Immo

3 Like

Hallo,

sie hat etwas, was man nicht lernen kann.
Sie hat eine unglaubliche Ausstrahlung, wirkt natürlich, authentisch und unverbraucht.

Letztlich ging es doch vielen so, dass sie beim ersten Vorentscheid die Bühne betrat und nach 10 Sekunden war, unabhängig vom Gesang, ziemlich klar, wer die Topfavoritin ist.

Das Mädel ist in der Hinsicht ein sensationelles Naturtalent.

Leider wird sie jetzt schon „kaputtgemacht“.
Sie wird von Auftritt zu Auftritt gereicht, der Medienhype tut ihr sicher auch nicht so gut.
Schon am Samstag bei „Verstehen sie Spaß?“ wirkte ihr Auftritt längst nicht mehr so locker, wie man es gewohnt war.

Es bleibt zu hoffen, dass sie ihre Natürlichkeit bis Oslo behält. Ich vermute aber bereits das Schlimmste, nämlich, dass wir in Oslo eine trainierte, uninspirierte und einer ihrer Natürlichkeit beraubte Lena sehen werden.

Kann sie diese Natürlichkeit und Authenzität in Oslo auch rüberbringen, so wird sie jede Menge an Punkten erhalten und zwar unabhängig von Lied und Gesang.

Gesanglich gehört sie sicher nicht zur Oberklasse, das spielt beim ESC aber längst nicht mehr die wichtigste Rolle.
Ihr Gesang ähnelt eher einem geträllerten Sprechgesang. Es ist aber absolut nicht unangenehm in den Ohren.

Das Lied selbst ist Geschmackssache und darüber lässt sich ja trefflich streiten. Es ist Brit-Rock a la Kate Nash oder Lily Allen.
Nicht umsonst hat Lena ja Kate Nash interpretiert.
Die Damen verkaufen viele CDs, der Stil gefällt aber auch nicht jedem.

Und dann will ich hier noch eine Lanze für Stefan Raab brechen.
Seine Kandidaten wären bei einer anderen, weit mehr gehypten Castingshow fast alle haushohe Favoriten, während fast alle Kandidaten bei der anderen Show (nennen wir sie mal DSDS) bei Raab frühzeitig durch das Raster fallen würden.
Bohlen sucht den Superstar, hat aber keine Chance, weil Raab sie längst gefunden hat.

Gruß
Lawrence

Hallo Karl,

lass mich raten: du hast „Verstehen Sie Spaß“ gesehen?

Ich habe vorhin den Ausschnitt ihres Auftritts dort letzten Samstag gesehen – gruuuuuuselig!

Was war das denn? Eine grottenschlechte Band (war das ihre oder für die Show angeheuert?), ein superdünnes, schlechtes, kaum hörbares Stimmchen (glücklicherweise?), das kaum einen Ton traf (da sieht man mal was Audiosoftware im Studio möglich macht, siehe „Cher-Effekt“).

Wenn uns das zum Eurovision Songdingens erwartet, dann gute Nacht – Germany, zero points :frowning:

Gruß
Markus

Hallo Mafeu,

in meinem Beitrag habe ich dargelegt, woran es, meines Erachtens, bei diesem wahrlich nicht gelungenen Auftritt lag.

Gruß
Lawrence