Leutnant als Kompanieführer?

Moinsen,

ich habe durch eine Divisionschronik erfahren, dass der Bruder meiner Großmutter Leutnant der Wehrmacht war und in diesem Rang eine Kompanie führte. Bisher dachte ich immer, dass diese Aufgabe nur was für Hauptmänner war. Dazu war der Bruder meiner Großmutter noch äußerst jung (Anfang 20).
Inwieweit war es bei der Wehmacht also üblich, dass Leutnants Kompanien geführt haben?

mfg
Moritz

Das Leutnante Kompanien geführt haben war während des Krieges nicht ungewöhnlich. Letztlich (und das ist auch heute in der Bundeswehr noch so) kann ab dem Dienstgrad Leutnant Disziplinarbefugnis - und damit auch das Kommando über eine Kompanie - übertragen werden.

Zu Friedenszeiten wäre das allerdings in der Wehrmacht eher ungewöhnlich gewesen. Oberleutnant bis Major - mit Masse aber Hauptmann - ist hier eher die Regel gewesen.

Gruß Andi

Der Plural von Hauptmann ist Hauptleute, (und nicht Hauptmänner) !

Vielen Dank für die beiden Antworten!

Beste Grüße,
Moritz

Hallo Moritz,

ergänzend sei hinzugefügt, dass ab dem Aufbau der Wehrmacht 1935 chronischer Offiziermangel herrschte. Dieses Problem verschärte sich 1941 dramatisch, weil entgegen der landläufigen Meinung Offizierdienstgrade die höchste Verlustrate im Krieg hatten. Ein KpChef an der Ostfront war im Durchschnitt zwei Wochen im Dienst. Danach war er gefallen oder im Lazarett.
So kam es sogar aushilfsweise zu Feldwebeln als Kompanieführern. Bis Ersatz ankam.

Gruß
Andreas

der Bruder

meiner Großmutter Leutnant der Wehrmacht war und in diesem
Rang eine Kompanie führte.
Inwieweit war es bei der Wehmacht also üblich, dass Leutnants
Kompanien geführt haben?

Hallo,
man muss zwischen Kompanieführer und Kompaniechef unterscheiden. Kompanieführer war im Normalfall ein Dienstgrad, der nicht den Dienstgrad eines etatmässigen(OL oder H) Kompaniechefs hatte.
Ich war selbst quasi mit Beförderung zum Leutnant bei der BW Kompanieführer geworden, da der Kompaniechef, ein Hauptmann, längere Zeit auf irgend welche Lehrgänge ging.
Bei der Wehrmacht konnte auch ein Gefreiter, bei entsprechender Ausfallrate, Kompanieführer sein.
Gruss
Rainer

… recht genau so bei meinem Vater: Ende 1944 war er an der Westfront als Leutnant Kompanieführer einer Artillerieeinheit, da er schlichtweg der letzte verbliebene Offizier war, bevor er verwundet ein paar Tage vor der Ardennenoffensive ins Lazarett kam (was ihm sehr wahrscheinlich sein Leben gerettet hat).

Stefan

Hallo Moritz,

zu meiner Dienstzeit(Grundwehrdienst)in der NVA stand unser
Kompaniechef in den Rang eines Leutnant.
Meines Wissens nach war er zu dieser Zeit,mit 22 Jahren,der jüngste
Kompaniechef in der ehemaligen DDR.

LG Bollfried

Hallo,

zu meiner Dienstzeit(Grundwehrdienst)in der NVA
stand unser Kompaniechef in den Rang eines Leutnant.
Meines Wissens nach war er zu dieser Zeit,mit 22 Jahren,
der jüngste Kompaniechef in der ehemaligen DDR.

Naja, Ausnahmen gibt es immer mal, aber die Norm
war das keinesfalls.
Vermutlich war er quasi kommisarisch zum Kompaniechef
ernannt, weil der eigentliche Kompaniechef ausfiel.

Wenn er nach dem ABI noch mit 18 zur Offiziershochschule
ging, kam er dort mit 21 als Leutnant heraus.
Dann ist er zuerst mal Zugführer und kann auch schnell
Stellvertreter des Kompaniechef sein.
Nach 2 Jahren stand dann eh die fahrplanmäßige
Beförderung zum Oberleutnant an.
Mein Kompaniechef war aber auch nur Oberleutnant.
Gruß Uwi

Hallo Uwi,

Vermutlich war er quasi kommisarisch zum Kompaniechef
ernannt, weil der eigentliche Kompaniechef ausfiel.

Ja,das hätten wir uns gern gewünscht.Leider war dem nicht so.
Das Regiment wo ich meine 18monatige Dienstzeit verbracht hatte,befand sich im „Tal der drei Meere“(Sandmeer,Waldmeer und Garnichtsmeer) und stand allgemein im Verruf eines Strafregimentes.

Das soll natürlich nicht heißen,das alle dort „Dienenden“ strafversetzt waren,bei einen Teil der Offiziere und Soldaten die ich kennengelernt hatte,war es leider so.

Viele der „längerdienenden“ Soldaten(3Jahre) hätten nicht im Traum daran gedacht den Dienst bei den Mot.-Schützen abzuleisten,als normaler Grunwehrdienstleistender hatte man sowieso keinen Einfluss
auf die Waffengattung oder den Dienstort.
Unser Kompaniechef wurde zum Ende meiner Dienstzeit zum Oberleutnant
befördert.
Anlehnend an seinen Namen wurde er nur „Leichengräber“ genannt und das nicht nur spassenshalber.

Wenn ich heute erzähle,das es den ersten Urlaub nach 16 Wochen und ausser den obligtorischen 6mal Urlaub in 18 Monaten keinen
ausserplanmässigen Urlaub gab,will mir das heute fast niemand glauben.

Leider war dem so,geschuldet dem Verhalten des Kompaniechefs,der
keinem der Grundwehrdienstleistenden ausserplanmässig Urlaub
gewährt hat.
Sein Motto:Ihr bekommt was euch zusteht,nicht mehr und nicht weniger!

Gott sei Dank sind solche Zeiten vorbei,wobei ich mich manchmal ironisch frage,wer wohl bei einem Blitzkrieg wem Kaugummis verteilt hätte.

LG Bollfried

PS:Ich gebe dir selbstverständlich Recht,das die Karriere unseres
Kompaniechefs eher eine Ausnahme und nicht die Regel war.

Moinsen,

Ich nehme mal an, das soll ein Gruß sein?

ich habe durch eine Divisionschronik erfahren, dass der Bruder
meiner Großmutter Leutnant der Wehrmacht war und in diesem
Rang eine Kompanie führte. Bisher dachte ich immer, dass diese
Aufgabe nur was für Hauptmänner war. Dazu war der Bruder
meiner Großmutter noch äußerst jung (Anfang 20).
Inwieweit war es bei der Wehmacht also üblich, dass Leutnants
Kompanien geführt haben?

Die Wehrmacht hatte chronischen Offiziersmangel. Es war nicht ungewöhnlich, dass Oberleutnants Bataillone führten, und man wird im Großkampf auch mit Feldwebeln oder gar Unteroffizieren unterwegs gewesen sein, die eine Kompanie führten, weil alle Offiziere ausgefallen waren. Das Prinzip der Auftragstaktik und der inneren Führung machten seit der preußischen Heeresreform möglich, was bei jeder anderen Armee undenkbar - und undurchführbar - gewesen wäre.

Gruß
smalbop

Innere Führung?

Das Prinzip der Auftragstaktik und der inneren Führung machten seit :der preußischen Heeresreform möglich, was bei jeder anderen Armee :undenkbar - und undurchführbar - gewesen wäre.

Innere Führung gibt es erst seit der Gründung der Bundeswehr. In allen Vorgängerstreitkräften oder der NVA wäre das undenkbar gewesen.
Und die Autragstaktik hat nach der preußischen Heeresreform noch 70-90 Jahre gebraucht, bis sie in Streitkräften im deutschen Reich angewendet wurde.

Gruß Andreas

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Innere Führung gibt es erst seit der Gründung der Bundeswehr.

Nein, lediglich den Begriff selbst (bzw. seine von dir gemeinte Bedeutung) gab es erst seit Gründung der BW.

In allen Vorgängerstreitkräften oder der NVA wäre das
undenkbar gewesen.

Es kommt wie gesagt darauf an, was man darunter versteht. Eine amtliche Definition der „Inneren Führung“ gibt es ja nicht.

Eine Truppe verfügt über eine innere Führung in dem von mir gemeinten Sinn, wenn sie auch bei großer Belastung nicht zerbricht, weil

  • das Vertrauen der Untergebenen in ihre Vorgesetzten gefestigt ist, nicht aufgrund von antrainiertem Kadavergehorsam, sondern aufgrund vorbildlichen Verhaltens der Vorgesetzten (1870-71 wie 1914-18 wie 1939-45 lagen die Verlustraten der Truppenoffiziere beträchtlich höher als die ihrer Untergebenen)
  • die Untergebenen ständig ermutigt werden, nicht auf Befehle zu warten, sondern im Rahmen ihres Auftrags notfalls selbständig Entschlüsse zu fassen und so im Sinne des übergeordneten Ziels zu handeln (eine Grundbedingung für die erfolgreiche Umsetzung der Auftragstaktik)
  • sie über eine enorme Gruppenkohäsion verfügt (Vorgesetzte wechseln ständig zwischen Ersatztruppenteil und Front, sie kennen ihre Untergebenen und diese sich untereinander vom Kasernenhof ebenso wie aus dem Schützengraben).

Ich gebe gerne zu, dass die Fragen, ob ein Soldat Menschenrechte hat und ob er sich in Angriffskriege verwickeln lassen muss und ob die Armee dem Parlament verantwortlich ist, eher dem von dir gemeinten Begriff entspricht. Wenn die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts aller Armeen dieser Erde irgendetwas beweist, dann, dass es dieses Konzept der inneren Führung in der Tat erst seit 1956 und nur in Westdeutschland gegeben hat. Im Gegensatz zu dem, was ich darunter verstehe, ist „deine“ innere Führung bisher noch den Nachweis schuldig geblieben, dass sie im Kampfeinsatz etwas taugt.

Und die Autragstaktik hat nach der preußischen Heeresreform
noch 70-90 Jahre gebraucht, bis sie in Streitkräften im
deutschen Reich angewendet wurde.

Das haben schon spätestens die Franzosen 1870 bei Gravelotte - St. Privat anders erlebt.

Hallo Moritz 1815,

ein Leutnant als Kompanieführer war in den kriegen 1914 - 18 , 1939 - 45 durchaus möglich ,da es einfach am nötigen Nachwuchs sowie an erfahrenen Truppführern mit längerer Dauer des Krieges fehlte.Alleine der Polenfeldzug kostete ja bereits schon über 10.000 Männeren das Leben . Dadurch ergab sich zwangsläufig ein absehbares Personalproblem.
Es gab Gefreite als Gruppenführer, Unteroffiziere als Zugführer und Leutnants als Kompanieführer .