relativistische Geschwindigkeitsaddition
Hi whisper,
dein Szenarium ist beinahe das Standard-Szenarium, an dem man die relativistische Geschwindigkeitsaddition klarmacht. Beinahe nur, weil Beschleunigungen darin eine Rolle spielen. Das Axiom der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gibt aber nur für Inertialsysteme (= unbeschleunigte Systeme). Aber wir können das Arrangement verändern, indem wir die Raketen instantan (= ohne Beschleunigung) auf ihre Geschwindigkeiten springen lassen.
Dann haben wir zunächst das Beobachtersystem des Planeten A. Das ist natürlich inertial. In diesem System bewege sich eine Rakete R1 mit der konstanten (!) Geschwindigkeit v1. R1 ist dann ebenfalls ein Inertialsystem. in dem es selbst die Geschwindigkeit 0 hat. Auf R1 befinde sich eine zweite Rakete R2, die sich zunächst relativ zu R1 in Ruhe befindet. Im (Koordinaten)system A bewegen sich beide Objekte also mit v.
Dann soll R1 als Startrampe dienen, von der sich R2 relativ zu R1 mit derselben (konstanten!) Geschwindigkeit v2 entfernt, und zwar weg von A. Bei v << c würde sich nun R2 im System R1 mit der Geschwindigkeit v2 entfernen. R2 hätte aber im System A (dem Ausgangsplaneten) die Geschwindigkeit v1 + v2 = v(A) = 2v.
Wenn aber v → c, dann gilt die klassische Geschwindigkeitsaddition nicht mehr. R2 wird sich im System R1 immer noch mit v2 = v1 = v (weg)bewegen, denn R1 und R2 sind beides Inertialsysteme.
Im System A müssen wir die Geschwindigkeit v(A) der Rakete R2 aber anders berechnen. Und zwar mit der Lorentztransformation für relativistische Geschwindigkeitsaddition.
Die Formel dafür findest du in einem FAQ, das ich vor vielen jahren hier mal deponierte:
Dort findest du die Formel
v = (u + v’)/(1 + uv’/c2)
bei der wir für unser Beispiel die Variablen nur umnotieren müssen:
v(A) = (v2 + v1)/(1 + v1v2/c2).
Du siehst, daß v(A) niemals > c werden kann. Lasse z.B. mal v1 (die Geschwindigkeit der Rakete R1 im System A) = c sein. Und v2 (die Geschwindigkeit der Rakete R2 im System R1) ebenfalls = c.
Dann folgt für v(A), also der Geschwindigkeit der Rakete R2 im System des Ausganbgsplaneten A:
v(A) = (c + c)/(1 + cc/c2) = 2c/(1 + c2/c2) = 2c/2 = c
Das heißt, auch wenn es paradox zu sein scheint: Der Beobachter in der Rakete R1 sieht R2 mit c verschwinden. Aber für den Beobachter auf dem Planeten A fliegen beide Raketen gleich schnell mit c.
Das gilt übriegns auch umgekehrt: Schaut R2 zurück, dann sieht er R1 und A mit gleicher Geschwindigkeit entschwinden.
Setze für v1 und v2 deine Beispielwerte 0.99c ein, und du bekommst.
v(A) = 1.98c/(1 + 0.9801c2/c2) = 1.98c/1.9801 = 0.9999495c
Der Beobachter auf A sieht also die Rakete R2 geringfügig schneller fliegen als R1, aber der Beobachter in der Rakete R1 sieht R2 mit 0.99c verschwinden. Und ebenfalls umgekehrt: Für R2 verschwindet A nur geringfügig schneller im Weltraum als R1.
Entsprechendes gilt dann auch wechselseitig für die Beobachtung der Verlangsamung von Uhren in den jeweils anderen Inertialsystemen von jeweils einem Inertialsystem aus. Vor ein paar Wochen hatte ich nochmal hier erklärt:
Das Beispiel dort im Szenarium „Uhrenparadoxon“ nennt man auch einfach Zeitdilatation. Die Formeln dafür findest du ebenfalls in dem o.g. Artikel
Gruß
Metapher