Liebesgedichte damals und heute

Hallo,

was kann man eigentlich zu den Unterschieden zwischen Liebesgedichten früher und denen von heute sagen?
Bin schon gespannt auf eure Antworten.

Liebe Grüße

Jenny

Liebesgedichte ‚damals‘ und ‚heute‘

was kann man eigentlich zu den Unterschieden zwischen
Liebesgedichten früher und denen von heute sagen?

Nichts.

Gruss

Rolf

Hallo Jenny,

dieses ist schon nicht mehr von heute, aber das schönste aus der Moderne, das ich kenne:

http://www.lyrikline.org/index.php?id=162&L=0&author…
(„Elegie“, unten links, kommt auch gut)

Und da hammer z.B. eins, welches auch arg schön ist, aber etwa 200 Jahre älter:

http://www.deutsche-liebeslyrik.de/goet40.htm

Jetzt kann man die beiden nebeneinander setzen und zerpflücken, wenn man will.

Schöne Grüße

MM

Jein
Hallo Jenny,

eine interessante Überlegung. Mal sehen…

Ich denke, Liebesgedichte einer bestimmten Ära sind zum einen abhängig von den literarischen Konventionen der jeweiligen Zeit, zum zweiten natürlich ein Spiegelbild dessen, was in der jeweiligen Zeit von den Menschen, die Gedichte schreiben, unter Liebe verstanden wird.

Neben offensichtlichen Veränderungen (z.B. hat sich in den letzten 200 Jahren der Anteil der Reimgedichte stark verringert – ohne auszusterben) gibt es jedoch, wie ich finde, eher verblüffend wenige wirkliche Veränderungen, höchstens Schwerpunktverschiebungen.

So könnte ich mir vorstellen, daß der Anteil der im weitesten Sinne negativen oder Probleme thematisierenden Liebesgedichte höher geworden ist gegenüber den rein schwärmerischen Texten (sofern man solche Dinge wie Schlagerliedtexte nicht mit dazuzählt). Bestimmte Probleme lassen sich auch offener formulieren als in früheren Zeiten. Ein Minnesänger konnte in seinen Texten sicherlich z.B. das Problem der Standesunterschiede nur auf bestimmten Wegen thematisieren; das geht heute offener. Zugleich hat sich jedoch der Umstand wohl nicht geändert, daß solche Texte im Spannungsfeld stehen zwischen einem Autor und einem Veröffentlichungskontext, der ganz bestimmte Bedingungen stellt.

Aber was sollte sich sonst wirklich GRUNDLEGEND verändert haben? Es gibt immer noch sehr schwärmerische und sehr niedergeschmetterte Liebesgedichte, sehr gelungene und ganz miserable. Die Formen haben sich gewißlich verändert, aber die Anbindung an eine lyrische Form insgesamt ist geblieben (bei völliger Formfreiheit handelt sich fast immer um sehr schlechte Lyrik – zumindest aus meiner Sicht). Fluktuationen im Kontext hat es sicherlich auch gegeben: es gibt Gebrauchsliebeslyrik, hochstilisierte Lyrik von arrivierten Künstlern, sehr individuelle und oft unveröffentlichte Lyrik. Gedichte werden insgesamt anders betrachtet als früher, aber auch das ist wohl eher Verschiebung als wirklicher Wandel.

Was noch? Es wird bei der Beschreibung der Empfindung oder des/der Liebsten stets auf Elemente der Umwelt Bezug genommen – direkt oder metaphorisch -, auch da gibt es nur Verschiebungen: „Flugzeuge im Bauch“ statt „Shall I compare thee to a summers day“.

Was sicherlich im Moment eher abgenommen hat, sind die religiösen Bezüge, die in älteren Liebesgedichten oft mehr oder weniger explizit miteingewoben waren – auch dies eine kulturgeschichtlich bedingte Veränderung. Xavier Naidoo arbeitet aber daran.

Liebesgedichte aus weiblicher Autorenschaft hat es auch immer schon gegeben; das hat aber ganz allgemein mit der Rolle der Frau zu tun. Verändert hat sich da gewiß, daß hier die Akzeptanz der Öffentlichkeit eine viel größere ist als vor, sagen wir, zweihundert Jahren.

Auch erotische Elemente hat es in der Liebeslyrik seit antiken Zeiten schon gegeben, zuweilen recht gut versteckt, zuweilen auch mal derb-obszön. Und die Art der bedichteten Paarbindung ist halt längst nicht mehr immer die Heirat, weil das aktuell keine so klare Konvention der Zeit mehr ist.

Alles in allem: ich würde die These aufstellen, daß es keine wirklich gravierenden Wandel in der Welt der Liebesgedichte gegeben hat. Die Liebe als Thema war schon immer unendlich vielfältig, und das wird so bleiben (zum Glück). Und die Form des Gedichtes wird in allen Zeiten oft dann gewählt, wenn es etwas sehr persönlich Empfundenes zu sagen gibt – entweder, weil man es hinter konventionellen Worten und Formen besonders gut verbergen kann, oder aber, weil Gedichte zumeist Empfindungen und Gedanken ‚verdichten‘ (obschon der Begriff ‚Gedicht‘ nicht daher kommt) und insofern immer besonders eng mit dem Autor / der Autorin und dessen / deren aktueller Lebenswelt verknüpft sind. Meine eigenen Liebesgedichte schreibe ich als Reflektion über ein ganz bestimmtes, einmaliges Erleben, ohne Gedanken daran, daß vielleicht 50 andere vor mir bereits das genau gleiche erlebt haben. Denn es sind dann doch 50 völlig verschiedene Texte daraus geworden. Warum sollte ich ein Problem damit haben, den 51. zu schreiben? Das macht den Text nicht schlechter und nicht weniger intensiv.

Kurzzeitig kam mir gerade der Gedanke, ob möglicherweise der Weg, auf dem Liebesgedichte ihre Stimmung transportieren (oder besser: anmoderieren), sich geändert hat, vielleicht etwas mehr weg von der Sprachmelodie und eher hin zu besonders kraftvoller Metaphorik. Das wäre dann eine Frage für die Linguistik, die sich zu einer ganzen Kulturgeschichte des Sprachverständnisses ausbauen ließe.

Meine Aussagen können natürlich nur sehr typisiert sein und können ganz sicher nicht pauschal z.B. auf verschiedene Kulturen angewandt werden. Aber dennoch würde ich für den Augenblick bei der These bleiben: ja, es gibt viele Unterschiede, aber keine wirklich gravierenden Wandel in der Geschichte des Liebesgedichtes.

Gibt es Gegenstimmen oder -überlegungen?

Liebe Grüße,
Pengoblin

Hallo,
also der wichtigste Unterschied ist, das frühere Liebesgedichte wesentlich früher geschrieben wurden als heutige. Das ist umso erstaunlicher, dass alle Liebesgedichte ausnahmslos von Liebe handeln.
Gruß!
Christian

was kann man eigentlich zu den Unterschieden zwischen
Liebesgedichten früher und denen von heute sagen?
Bin schon gespannt auf eure Antworten.

Liebe Grüße

Jenny