Lieder eines fahrenden Gesellen

Hallo zusammen!

Ich habe mir eine CD mit Mahler-Liedern gekauft von der ich sehr begeistert bin. Bei der CD liegen natürlich auch die Texte bei, die vertont wurden. Wenn ich diese Gedichte durchlese macht mir einiges Schwierigkeiten und ich hoffe nun, dass ihr mir ein bisschen helfen könnt…

Lieder eines fahrenden Gesellen

Wenn mein Schatz Hochzeit macht,
Fröhliche Hochzeit macht,
hab’ ich meinen traurigen Tag!
Geh’ ich in mein Kämmerlein,
Dunkles Kämmerlein!
Weine! Wein’! Um meinen Schatz!
Um meinen lieben Schatz!

Blümlein blau! Blümlein blau!
Verdorre nicht, verdorre nicht!
Vöglein süss! Vöglein süss!
Du singst auf grüner Heide!
Ach! Wie ist die Welt so schön!
Ziküth! Ziküth!

Singet nicht! Blühet nicht!
Lenz ist ja vorbei!
Alles Singen ist nun aus!
Des Abends, wenn ich schlafen geh’,
Denk ich an mein Leide!
An mein Leide!

Mahler schreibt hierzu: Die Lieder sind so zusammengedacht, als ob ein fahrender Gesell, der ein Schicksal gehabt, nun in die Welt hinauszieht, und so vor sich hin wandert.

Meine Fragen hierzu:

Was bedeutet dieses Symbol der blauen Blume?
Wieso beschreibt Mahler inmitten dieser Melancholie die Natur? Was bedeutet diese von Mahler als „tragische, herzzerreissende Ironie“ bezeichnete Strophe?

Ging heut’ morgen übers Feld,
Tau noch auf den Gräsern hing;
Sprach zu mir der lust’ge Fink:
„Ein, du! Gelt?“
Guten Morgen! Ei gelt? Du!
Wird’s nicht eine schöne Welt!?
Zink! Zink!
Schön und flink!
Wie mir doch die Welt gefällt!“

Auch die Glockenblum’ am Feld
Hat mir lustig, guter Ding’
Mit den Glöckchen, klinge, kling,
Klinge, kling,
Ihren Morgengruss geschellt:
„Wird’s nicht eine schöne Welt!?
Kling, kling!
Schönes Ding!
Wie mir doch die Welt gefällt!
Heia!“

Und da fing im Sonnenschein
Gleich die Welt zu funkeln an;
Alles Ton und Farbe gewann
Im Sonnenschein!

Blum’ und Vogel, Gross und Klein!
„Guten Tag!“
Ist’s nicht eine schöne Welt?
Ei, du! Gelt!?
„Schöne Welt!“
Nun fängt auch mein Glück wohl an?!
Nein! Nein!
Das ich mein’,
Mir nimmer, nimmer blühen kann!

Erste Strophe: Ei, du! Gelt? à Ei gelt? Du!
Kann das jemand übersetzen (was bedeutet „GELT“, „gell“?)? Wieso wird das umgedreht? Ist das nur wegen der Musik?
In der zweiten Strophe erzählt er wie die Glockenblume ihren Morgengruss schellt. Wieso sagt sie „Schönes Ding“, auf was bezieht sich das?
Letzte Strophe: Kann man „Das ich mein’“ mit „Dies meine ich“ gemeint??? Oder heisst das: „Ich weiss, dass es mir nimmer, nimmer blühen kann!“ ???

  1. Ich hab’ ein gühend Messer in meiner Brust,

… habe ich, glaube ich verstanden. Hier kommen wieder BLAUE Augen vor wie im letzten Gedicht:

Die zwei blauen Augen von meinem Schatz,
Die haben mich in die weite Welt geschickt.
Da musst’ ich Abschied nehmen
Vom allerliebsten Platz!
O Augen, blau!
Warum habt ihr mich angeblickt?
Nun hab’ ich ewig Leid und Grämen!

Ich bin ausgegangen in stiller Nacht,
In stiller Nacht wohl über die dunkle Heide.
Hat mir niemand Ade gesagt,
Ade, Ade!
Mein Gesell war Lieb’ und Leide!

Auf der Strasse steht ein Lindenbaum,
Da hab’ ich zum ersten Mal im Schlaf geruht!
Unter dem Lindenbaum,
Der hat seine Blüten über mich geschneit,
Da wusst’ ich nicht, wie das Leben tut,
War alles, alles wieder gut!
Alles! Alles!
Lieb’ und Leid!
Und Welt und Traum!

Mit diesem Gedicht habe ich so meine Probleme:
Charakteristisch für das Lied sei die Wandlung von Trauer und Klage in Transzendenz. Kann man mir das mittels des Gedichtes mit einfachen Worten erklären?
Was bedeutet „Mein Gesell war Lieb’ und Leide!“

Kann man am Ende dieses Zyklus darauf schliessen warum die Beziehung auseinander gegangen ist?

Ich hoffe sehr, dass sich jemand meiner annimmt und mir hilft! Viele liebe Grüsse

Roger

Hallo Roger,

Was bedeutet dieses Symbol der blauen Blume?

Ich würde vermuten, dass es sich um ein Vergissmeinnicht handelt (die sind doch blau, oder?). Und die Angebetete heiratet jemanden anderen, wird ihn also bald vergessen haben.

Wieso beschreibt Mahler inmitten dieser Melancholie die Natur?

Ich denke, weil die Natur dem Wanderer Trost spendet. Der Frühling ist der Aufbruch, im Sommer ist alles schon vorbei, es findet keine Steigerung mehr statt, sondern alles wartet auf den Herbst.

Was bedeutet diese von Mahler als „tragische, herzzerreissende
Ironie“ bezeichnete Strophe?
Ging heut’ morgen übers Feld, Tau noch auf den Gräsern hing;

Der Bursche betrügt sich selbst, indem er sich mit Kleinigkeiten abspeist, obwohl er doch etwas ganz anderes möchte.

Erste Strophe: Ei, du! Gelt? à Ei gelt? Du!
Kann das jemand übersetzen (was bedeutet „GELT“, „gell“?)?

Das bedeutet soviel wie „nicht?“, nicht? :smile: - es ist also eine rhetorische Nachfrage.

Wieso wird das umgedreht? Ist das nur wegen der Musik?

Das passiert in der Dichtung doch häufig. Dadurch kann sich die Betonung eines Gegenstandes ändern, das muss aber nicht sein. Es könnte sich auch um reine (Wort-)Spielerei handeln. Inhaltlich könnte man noch folgendermaßen übersetzen:
Ei, du! Gelt? = Hey, du siehst gut aus! Findest du nicht?
Ei gelt? Du! = Hey, findest du nicht! (ärgerlich) Du bist gemeint!

In der zweiten Strophe erzählt er wie die Glockenblume ihren
Morgengruss schellt. Wieso sagt sie „Schönes Ding“, auf was
bezieht sich das?
Letzte Strophe: Kann man „Das ich mein’“ mit „Dies meine ich“
gemeint??? Oder heisst das: „Ich weiss, dass es mir nimmer,
nimmer blühen kann!“ ???

Kannst du diese Frage noch einmal genauer stellen? Mir ist das Problem nicht ganz klar.

die Wandlung von Trauer und Klage in Transzendenz

Die fassbaren Dinge der Natur werden mit Gefühlen assoziiert, die dann allein übrigbleiben. Alles Dingliche erinnert dann nur noch an die Gefühle und hat keinen eigenen Wert mehr, die Dinge werden also nur als Mittel zum eigenen Fühlen interpretiert, mithin transzendiert = überstiegen.

Was bedeutet „Mein Gesell war Lieb’ und Leide!“

Das bedeutet, dass er sich nur noch mit sich selbst und seiner unglücklichen Liebe beschäftigt hat.

Kann man am Ende dieses Zyklus darauf schliessen warum die
Beziehung auseinander gegangen ist?

Das Gedicht ist romantisch und ein Charakteristikum der Romantik ist dass Liebe nur ein Ideal ist, dass man nicht erleben, sondern nur erstreben kann. Daher ist das Scheitern schon im Konzept angelegt.

Ich hoffe sehr, dass sich jemand meiner annimmt und mir hilft!

Vielleicht hilft dir das, was ich geschrieben habe, ja ein bisschen weiter?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Roger,

Ich habe mir eine CD mit Mahler-Liedern gekauft von der ich
sehr begeistert bin.

Das zeugt von gutem Geschmack. :wink:

Was bedeutet dieses Symbol der blauen Blume?

Die „blaue Blume“ ist ein weitverbreitetes Symbol in der Literatur der Romantik. Vgl. dazu die aktuelle Diskussion im „Literatur“-Brett:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Kann das jemand übersetzen (was bedeutet ?GELT?, ?gell??)?

Ja!

In der zweiten Strophe erzählt er wie die Glockenblume ihren
Morgengruss schellt. Wieso sagt sie ?Schönes Ding?, auf was
bezieht sich das?

Ich würde das mit „Das (alles) ist/wird schön“ übersetzen, „Ding“ ist hier nur ein abstraktes Substantiv, um „schön“ an irgendwas anbinden zu können.

Letzte Strophe: Kann man ?Das ich mein?? mit ?Dies meine ich?
gemeint??? Oder heisst das: ?Ich weiss, dass es mir nimmer,
nimmer blühen kann!? ???

Ich neige auch der ersten Deutung zu (aber ganz sicher bin ich mir nicht…).

Kann man am Ende dieses Zyklus darauf schliessen warum die
Beziehung auseinander gegangen ist?

Nein, was sollte das auch bringen? Mahler reiht sich mit diesen Texten einfach in das romantische Genre der Wanderschaft aufgrund verschmähter Liebe ein. Insbesondere das Vorbild der Schubert-Liederzyklen „Die schöne Müllerin“ und „Winterreise“ ist unverkennbar, von der Grundstimmung bis hin zu einzelnen Motiven (Lindenbaum). Beschäftige dich mal mit den Texten der Schubert-Zyklen, dann wird sich auch im Verständnis der Gesellen-Lieder einiges klären.

Grüße
Wolfgang

Hallo zusammen!

Ich möchte mich herzlich bei euch bedanken. Meine Fragen zu diesen Liedern sind somit eigentlich beantwortet und ich kann mich den Kindertotenliedern widmen. Bis dann!

P.S.
@Wolfgang:
Die Winterreise wirft für mich tausende von Fragen auf. Ich habe gedacht, ich warte noch ein bisschen damit…

Letzte Strophe:
Kann man „Das ich mein’“ mit „Dies meine ich“
ÜBERSETZEN??? Oder heisst das: „Ich weiss, dass es mir nimmer,
nimmer blühen kann!“ ???

Kannst du diese Frage noch einmal genauer stellen? Mir ist das Problem nicht ganz klar.

Ich hatte einfach das Problem, dass ich „Das ich mein’“ nicht „verstand“. In der Beilage stehen die Gedichte in 3 Sprachen übersetzt und bei Französisch steht da: Je sais, …
Ok, aber wahrscheinlich ist das dann doch das selbe…