Lieferverzug: Vertragsstrafe weiterberechnen?

Lieferverzug: Vertragsstrafe weiterberechnen?

Ich habe ein paar Fragen zum Lieferverzug, wenn sich der Käufer mittels Ersatzkauf woanders eindeckt.

Situation:
Lieferant „LieferA“ soll zum 20.05 anliefern (fixkauf). Er verkündet jedoch 3 Wochen vorher, dass er nun doch nicht liefern kann. (auch längere Zeit nicht).
Damit setzt er sich ja selbst in Verzug und eine Mahnung ist nicht mehr nötig.
Käufer"ProduzentB" braucht die Ware am 20.05 fix um sie weiterzuverarbeiten, denn „ProduzentB“ muss die fertigen Produkte am 30.05 an Kunden „KundeC“ ausliefern. Wenn „ProduzentB“ nicht liefert muss er hohe Vertragsstrafen an „KundeC“ zahlen. (vertraglich zwischen B und C vereinbart)

  1. Muss „ProduzentB“ die Strafe zahlen wenn „LieferA“ nicht liefert, denn er muss zusehen wie er die Ware woanders kriegt?

  2. Oder kann „ProduzentB“ die Strafen von „KundeC“ dem „LieferA“ in Rechnung stellen?

  3. Kann „ProduzentB“ jetzt einfach bei einem Alternativlieferanten Ersatzkauf tätigen und die Differenz „LiefererA“ in Rechnung stellen?

Ich habe gedacht, dass 2 und 3 gehen und es davon abhängt ob ProduzentB woanders Ware kriegt oder nicht. sehe ich das richtig?

Danke für Eure Hilfe :smile:

Hallo,

zunächst muss man die „Rechtsverhältnisse“ auseinanderhalten. A hat mit C kein Vertragsverhältnis; Geschäfte zu Lasten Dritter sind grundsätzlich nicht zulässig.

Selbstverständlich hat B aus dem Rechtsverhältnis zu C eine Vertragsstrafe oder Schadersatz zu zahlen, wenn er nicht rechtzeitig liefern kann. Die Frage ist, ob er innerhalb der Wochen seit Bekanntgabe der Lieferunfähigkeit von A in der Lage gewesen wäre, einen „Ersatzkauf“ vorzunehmen. Er kann selbstverständlich einen „Ersatzkauf“ vornehmen, weil A nicht liefern kann. Den unter Umständen höheren Preis (Differenz aus Vertragspreis zu A) und sonstige Beschaffungskosten kann B gegenüber A geltend machen. Zu klären wäre noch die Frage, ob B A die Gelegenheit geben muss, sich „schadensmindernd“ zu verhalten (A veranlasst Ersatzkauf).

Da A dem Käufer B rechtzeitig (?) ankündigte, dass er nicht liefern kann (wichtiger Grund?, höhere Gewalt?), ergeben sich die Rechtsfolgen aus dem „Fixkauf“.

Zu beachten ist § 376 Abs. 2 HGB; hier wird die „Reichweite“ des Schadensersatzes genannt.

Ein darüber hinausgehender Schadensersatz käme nur in Betracht, wenn zwischen A und B eine vertragliche Regelung bestanden hätte (Pönale).

Der „Bäcker“ haftet beispielsweise auch nicht bei Verkauf eines Brötchens für den „herausgebrochenen Zahn“ des Käufers.

Ergebnis: A ist nicht verpflichtet, die V-Strafe ggü. C zu tragen. Der Ersatzkauf kann vorgenommen werden. A hat die Preisdifferenz zuzüglich etwaiger sonstiger Kosten, die durch den Ersatzkauf bedingt sind, zu tragen.

Hallo,

erstmal vielen Dank für die ausführliche und gut erklärte Antwort.

Aus dem Thema Ersatzkauf ergibt sich für mich noch folgende Unklarheit:

Ist A verpflichtet bei Angebotsauswahl zum Ersatzkauf den niedrigsten Bezugspreis als Ersatzkauf zu wählen, oder kann er das teurere Angebot wählen, bei dem beispielsweise sichergestellt ist, dass die Qualität der Ware identisch mit A’s Qualität ist.

Vielen Dank schon mal.

Hallo,

A kauft ja „normalerweise“ nicht ein; denn dann wäre es wieder eine Lieferung von A und er hätte die geschuldete Qualität sicherzustellen.

B wird den Ersatzkauf vornehmen und dafür sorgen, dass die verlangte Qualität auch geliefert wird.

Eine „höhere Qualität“ bracht sich A nicht engegenhalten lassen, sofern nicht aufgrund von „Lieferengpässen“ die höhere Qualität nur in Frage kommt, um C rechtzeitig beliefern zu können. Der RICHTER dürfte dann eine höhere Qualität akzeptieren, wenn die Umstände es nicht anders zulassen und sich deshalb A die „höhere Qualität“ zurechnen lassen muss und die „höhere Qualität“ nicht signifikant andere „Merkmale“ aufweist. Aber das wäre eine „Ermessensfrage“. Bedeutung hat hier auch die rechtzeitige Kenntnis von B, dass A nicht liefern kann. Sofern B nachweislich in der Zwischenzeit eine Ware hätte erhalten können, die der ursprünglich bestellten Qualität entspricht, dann braucht sich A keine höhere Qualität entgegenhalten lassen.

ES

Der „Porsche“ als Ersatzlieferung für einen „Polo“ kommt allerdings nicht in Betracht. :smile:

Danke :smile:

Ich glaube jetzt habe ich es verstanden.

Ist der normale Verfahrensweg dann, dass B die Rechnung beim Ersatzkauf normal bezahlt und die errechnete Differenz zum Bezugspreis bei A in Form einer Belastungsanzeige A in Rechnung stellt?

Ich danke nochmals für die Schnelligkeit und Kompetenz!!

Hallo,

das ist korrekt. B muss natürlich A gegenüber den Ersatzkauf ankündigen. A hat grundsätzlich das Recht, sich „schadensmindernd“ zu verhalten und kann beispielsweie „Ersatzlieferanten“ nennen, die noch rechtzeitig liefern können.

Das ergibt sich „sinngemäß“ aus § 376 Abs. 1 Satz 2.
B zeigt an, dass er auf „Erfüllung“ besteht und damit kann sich A „schadensmindernd“ verhalten, sofern ihm das möglich ist.

MfG
ES