Lifeboat Problem

Hallo Forengemeinde!

In meiner Schulzeit wurden wir im Ethikunterricht mit der Lifeboat Problematik konfrontiert. Das Problem sieht folgendermaßen aus: nach einem Schiffsunglück können sich die Überlebenden auf ein Beiboot retten. Das Boot ist in Folge ziemlich überladen und würde kentern wenn noch eine weitere Person an Bord kommen würde. Doch da kommt noch der kleine Schiffsjunge angeschwommen. Es würde seinen sicheren Tod bedeuten, wenn er zurückgelasen würde.

Wir haben damals diese Situation im Rahmen des Utilitarismus besprochen. Ich erinnere mich gut, dass der Lehrer das Opfer des kleinen Jungen (im Sinne des U.) als nicht korrekt bezeichnet hat. Doch was wäre die korrekte(re) Lösung?! Oder andere (aber ähnliche) Frage: was würden andere Philosophen und Philosophierichtungen als richtig erachten?

mfg, Julia

Hallo Julia,
In einer solchen Situation regiert das „Überleben“. Du wirst für Dich das Beste tun - nämlich : wie kann ICH überleben.
Diese Bemerkung ist auch ethisch vertretbar !
Mit Gruss: harta

Hallo,
das konkrete Beispiel deutet lediglich auf ein konstruiertes Dilemma - ist m.M. nach aber ungeeignet um das angedeutete Dilemma zu analysieren.
In der Praxis hätte niemand in der geschilderteten Situation die Gewissheit ob der Junge das Boot tatsächlich zum Kentern bringt oder ob das Boot gerade noch schwimmfähig bleibt.
Es gäbe auch die Möglichkeit, das sich im Wechsel immer eine Person schwimmend ans Boot hängt. Wahrscheinlich gibt es noch andere Möglichkeiten.
Im Kern des Problems geht es doch darum, das entweder eine gesamte Gruppe von Menschen sterben wird oder eine Person wird geopfert und der Rest überlebt.
Ein Opfer ist nun zufällig bestimmt worden und die Gruppe hat die Möglichkeit gemeinsam mit dem Opfer zu sterben, die Opferperson auszutauschen oder das zufällig gewählte Opfer beizubehalten.

Das größte Problem was ich hier sehe ist, das man sich auf diese Situation einläßt und die geschilderten Gegebenheit (Spielregeln) als unabänderlich hin nimmt.

Das heißt, der „Spielleiter“ gibt vor, das sowieso irgendwer sterben muss und die „Spieler“ werden in Geist und Phantasie eingeschränkt und suchen nur noch nach der Lösung WER es denn sein soll.

So werden in der Regel auch „normale Bürger“ in Soldaten verwandelt: entweder sterben Eure Frauen und Kinder oder der Feind …

Auch in der abstraktesten Theorie halte ich eine Lösungssuche die den vorgegebenen Rahmen nicht verlassen dürfen soll und daher zwangsläufig zu nicht optimalen Lösungen kommen muss für unsinnig.

Die Lösungssuche muss denjenigen einbeziehen der die Rahmenbedingungen vorgibt(!) - weswegen in solchen Beispielen immer gerne nicht beeinflussbare Natur-(Gott-)gegebene Situationen als „Spielleiter“ angegeben werden - die sind aber IMMER konstruiert und vorgeschoben von einem tatsächlichen, menschlichen „Spielleiter“.

Grüße
K.

Hallo, Nero,
google einmal mit dem Stichwort „Triage“.

Dein Problem ist eines, dem sich Ärzte und Hilfskräfte bei jeder größeren Katastrophe gegenübersehen. Immer wenn die Ressourcen geringer sind als der Bedarf, muss entschieden werden, ob die Ressourcen gestreckt und damit ggf verschwendet werden, oder der Bedarf reguliert werden muss.

Gruß
Eckard

Hallo Julia,
In einer solchen Situation regiert das „Überleben“. Du wirst
für Dich das Beste tun - nämlich : wie kann ICH überleben.
Diese Bemerkung ist auch ethisch vertretbar !
Mit Gruss: harta

Der Selbsterhaltungstrieb steckt in uns drinnen…und ja das ist auch philosophisch argumentativ richtig!

Da du nach Philosophen oder Richtungen gefragt hast, gehe ich mal darauf ein:
also das erste was du genannt hast, der Utilitarismus geht von im Grunde einer Freude/Leid -Rechnung aus: in diesem Fall die Freude der im Boot sitzenden Personen (die sicher sein können, dass da Boot nicht kentert usw.) wiegt HÖHer als die einzelne Freude des Jungen…dementsprechend: ethisch vertretbar ihn NICHT ins Boot zu lassen!

um einen Philosoph reinzubringen:
nach I. Kant wäre es NICHT ethisch vertretbar…man muss ihn reinhelfen ins Boot…der innere Richter (jetzt wirds bissel kompliziert), also das schlechte Gewissen spielt da eine Rolle und der kategor. Imperativ, der sich aus der Vernunft ableitet, die wir alle besitzen: „Handle nur nach derjenigen Maxime nach der du zugleich wollen würdest, dass Sie ein allgemeingültiges Gesetz werde“ … versetze dich in die Rolle des Jungen: Würdest du wollen (allgemein) das man dir hilft? Eindeutig JA! und schon ist er im Boot…

und es gibt KEINE richtigere oder „bessere“ Lösung…philosophisch kannst du mit allem argumentieren…allen Richtungen, einzel. Philosohen usw!!! Du musst für dich selbst entscheiden, was du von all diesen Richtungen usw. ethisch vertretbar findest, das steckt in dir drinne und kann dir niemand beantworten!

Ist doch keine Religion, wo man sich an genau das eine halten muss

Es wird niemand ‚zurükgelassen‘.
Wie stelst Du Dir das vor? Mit Fußtritten vom Boot ferngehalten?
Und wie weißt Du, daß das Boot kentert?
Dann muß es ja schon halb am kentern sein und alle sind in Gefahr und nicht nur der zusätzliche Junge.
Wenn es (das Boot) noch deutlich über Wasser ist, kann es auch noch den einen Jungen aufnehmen.
Wer hat sich denn ieses Kentern oder ertrinken ausgedacht?
Denk’ es doch 'mal genau durch!

Aber Du willst auf den Grund der Situation hinaus …
Im Grunde ist sich jeder selbst der Nächste?
Ja. So ist es wohl in Extremsituationen.
Na und?
Was weiter?

versetze dich in die
Rolle des Jungen: Würdest du wollen (allgemein) das man dir
hilft? Eindeutig JA! und schon ist er im Boot…

Wenn aber der Junge weiß, dass er, wenn er „gerettet“ wird, trotzdem sterben wird und alle anderen mit in den Tod reißt, setzt wiederum bei ihm diese Gewissensfrage ein. Darum muss man die Situation auch nochmal aus der Sicht des Jungen betrachten, ob er denn überhaupt mit auf das Boot will.
Er sieht sich dort nämlich gleich mehrmals, nämlich pro Person einmal mit der Frage „Würdest du wollen, dass man dir hilft?“ konfrontiert. Nach dieser ethischen Argumentation würde er gar nicht erst verlangen, mit auf das Boot zu kommen, denn mit dem Verzicht hilft er den anderen.

Gruß, Shivan

versetze dich in die
Rolle des Jungen: Würdest du wollen (allgemein) das man dir
hilft? Eindeutig JA! und schon ist er im Boot…

Wenn aber der Junge weiß, dass er, wenn er „gerettet“ wird,
trotzdem sterben wird und alle anderen mit in den Tod reißt,
setzt wiederum bei ihm diese Gewissensfrage ein.

Wie kann man den „genau“ wissen, das man sterben wird? Wenn er das alles wüsste, kann ers ja gleich sparen überhaupt zu versuchen noch zu schwimmen usw…kann also gleich untergehen wie Leo DiCaprio (neben :smiley:) der Titanic…
er würde es somit auf jeden Fall versuchen - da ist er wieder der Lebenswille!