Lilith, Adam´s erste Frau?

Eine Freundin hat behauptet Adam („der erste Mensch“) hatte vor
Eva eine Frau namens Lilith. Kann mir jemand was dazu sagen?
Wo kam die her?

Verwirrt,
Frank

" Lilith, ursprünglich babyl. Sturmdämonin, bei den Juden als eine in Ruinen und an wüsten Orten sich tummelnde Spukgestalt (Jes 34,14) und durch Zusammenstellung mit hebr. lajela („Nacht“) als Nachtgespenst aufgefaßt; auch in den Büchern der Mandäer öfter genannt. Auf späterer jüd. Überlieferung beruht ihre Bezeichnung als „Adams erste Frau“ in Goethes Faust (Walpurgisnacht)."

aus: Bertholet, Wörterbuch der Religionen, Stuttgart 3/1976, S. 346

Gruß,
Pietro

Hai, Frank,

Lilith kommt in den sog. gnostischen Texten vor, also in Texten, die theoretisch zu den Urschriften der Bibel gehören, aber zu irgendeinem Zeitpunk der Geschichte als nicht opportun gewertet und somit aus den Bibeltexten entfernt wurden, sofern sie nicht anderweitig angepasst werden konnten.
Lilith war, lt. diesen Texten, die erste Frau Adams, war aber nicht bereit, sich Adam zu unterwerfen (in der Missionarsstellung), und wurde daher noch vor Adam aus dem Paradies entfernt und eine bravere Frau, nämlich Eva, wurde geschaffen. Lilith hat dann die Rolle der jungfräulichen, (magie-)mächtigen aber ungehorsamen und damit bösen Frau zugewiesen bekommen.

greetz

Sibylle

Lilith
Hi Frank

es ist nicht so, daß es etwa vor der Niederschirft des „Garten Eden“-Mythos (Genesis 2.4.ff… darin die Adam-Eva-Geschichte) einmal einen anderen Mythos gegeben hätte, in dem eine Lilith eine Rolle gespielt hätte, die später von durch Eva ersetzt wurde. Vielmehr ist das Motiv, daß Eva eine Vorgängerin habe, selbst wieder ein Mythos. Der ist aber viel später entstanden bzw. ist viel später hineingemischt worden.

Über Lilith und die dazugehörige semitische Dämonologie habe ich hier schon mal etwas Ausführlicheseres geschrieben, aber ich finde es nicht mehr - daher hier nochmal etwas Mythenhistorisches:

In der hebräischen Dämonologie ist Lilith ein weiblicher, vogelähnlicher Nacht dämon (erwähnt bei Jesajah 34.14, wahrscheinlich auch in Psam 91), dem im Talmud Babylonicus bestimmte Eigenschaften zugeschrieben wurden (diese Texte sind aber später entstanden als die Genesis): Sie wird dort u.a. beschrieben mit langem Haar und Flügeln (T.B. Erubin 100b, T.B. Niddah 24b) und entweder als Herrin anderer Dämonen, die lilin genannt werden, oder auch als Mutter der lilin, shedim und ruchin, wobei dann Adam der Vater ist. Ein Mann, der alleine in einem Haus schläft, ist in Gefahr, von Lilith attackeirt zu werden (T.B. Sabbath 151b).

Auch wird teilweise (ebenfalls später) die „Schlange“ im Baum, die Eva überredet, selbst als Lilith interpretiert.

Diese hebräische Mythologie baut aber auf viel älteren semitischen Vorstellungen auf, die mit dem Adam bzw. Garten-Eden-Mythos gar nichts zu tun haben. Vor allem liegt dem auch eine sehr alte Falschdeutung des Namens ‚lilith‘ zugrunde: man glaubte ihn aus ‚lailah‘ (Nacht, altsemitisch ‚lilatu‘) ableiten zu können - und das kam so:

In der sumerischen und akkadischen Dämonologie gibt es eine Klasse von Dämonen, die ‚lil‘ genannt wurden. Dabei handelt es sich um sog. „atmosphärische“ Dämonen, und ‚lil‘ hat vernmutlich die Bedeutung „Sandsturm, Staubwolke“. Daß von ihnen vermutete wurde, daß sie sich von Staub ernähren, steht auch im Zusammenhang damit, daß ‚lilu‘ (s.u.) als Schlange dargestellt wurde. Solche Dämonen aus dieser Epoche haben nicht die „Aufgabe“, guten oder schlechten Einfluß auf den Menschen zu haben. Außerdem unterscheidet die akkadische Sprache nicht zwischen Geschlechtern, sodaß ein solches auch den ‚lil‘ nicht zugeordnet wurde.

Später haben die (semitischen) Babylonier diese Dämonengruppe übernommen unter dem (maskulinen) Namen ‚lillum‘ zu dem nun ein Femininum gebildet wurde ‚lilatu‘. Zufälligerweise gab es aber das Wort ‚lilatu‘ bereits mit der Bedeutung „Nacht“. ‚lilatu‘ ist der Vorläufer des späteren hebraischen ‚lailah‘.

In der Babylonischen Dämonologie wurde ferner auch eine Triade aus ‚lil‘ gemacht: Diese bestand aus 1. ‚lilu‘ (männlich) 2. ‚lilitu‘ (weiblich) und 3. ‚ardat lili‘. ‚ardat‘ ist eine junge unverheiratete Frau. Und diese ‚ardat lili‘ war nun ein Dämon, der es auf Männer abgesehen hatte. In einem alten baylonischen magischen Text wird beschrieben, daß ein kranker Mann verstanden wurde, als einer, den ardat lili „geheiratet“ (eine Metapher für „verführen“) hatte. Und es ist zu vermuten, daß ‚ardat lili‘ eben für die „Liebeskrankheit“ der Männer zuständig war…

Diese ‚junge Frau Lili‘ ist also die mythen-historische Vorläuferin der späteren hebräischen Lilith und es ist zu vermuten, daß sie während des Babylonischen Exils von den Hebräern übernommen wurde und so auch in die Anfänge der Niederschriften des Talmud hereinkam. Zu dieser Zeit war die „Paradies“-Story der Mosaischen Schriften (die ihrerseits persische und mesopotamische Vorläufer ihrer Bestandteile hat) längst abgeschlossen.

Gruß
Metapher

Gnosis und Apokryphen
Hi Sibylle

es würde mich brennend interessieren, in welchen gnostischen Texten von Lilith die Rede ist und in denen insbesondere das hier:

… war aber nicht bereit, sich Adam zu unterwerfen (in der Missionarsstellung), und wurde daher noch vor Adam aus dem Paradies entfernt

zu finden ist??

…in den sog. gnostischen Texten vor, also in Texten, die theoretisch zu den Urschriften der Bibel gehören…

Was du hier vermutlich meinst, sind keineswegs gnostische Schriften, sondern sie sog. neutestamentlichen Apokryphen. Aber selbst von diesen kann man nicht sagen, sie hätten zu den Urschriften der „Bibel“ gehört. Es sind christliche Texte, die ab ca. 3. Jhdt verfaßt wurden, in einer Zeit also, in der schon heftig diskutiert wurde, welche Texte man in dem Kanon des „Neuen Testamentes“ belassen wollte und welche nicht. Diese Apokryphen sind allerdings tatsächlich weitgehend Texte, die von der Bewegung der Gnosis beinflußt waren.

Die Gnosis selbst hat aber mit den christlichen Ideen eigentlich gar nichts zu tun (obwohl sie einiges auch daraus übernahm) - ihre Urspünge liegen vielmehr in persischen Traditionen und solchen der griechischen Myterienkulte. Viele ihrer Ideen lagen aber im direkten Widerspruch zu christlichem Gedankengut und wurden daher von dieser Seite teilweise heftig bekämpft. Deshalb wurden gnostisch beeinflußte Texte (neben anderen, die mit der Gnbosis gar nichts zu tun hatten) aus dem Kanon ausgeschlossen - wie z.B. Das „Evangelium der Wahrheit“, „Pistis Sophia“ und viele andere.

Gruß
Metapher

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DANKESCHÖN

Einiges über Lilith gelernt!

Vielen Dank!
Frank

Hallo Frank,

Lilith hat früher eine Rolle im Volksglauben gespielt - als Bedrohung für neugeborene Kinder (böser Blick). Es gab dafür dann entsprechende Amulette.

Heute spielt Lilith zunehmend eine Rolle in der jüdisch-feministischen Theologie. Es gibt einige neuere Texterschließungen, z.B. von Marianne Wallach-Faller:

Für eine Versöhnung mit Lilith
ein jüdisch-feministischer Midrasch zu den Hohen Feiertagen
(gemeint sind das jüdische Neujahrsfest und der Versöhnungstag)

http://www.hagalil.com/archiv/2000/09/lilith.htm

Viele Grüße

Iris

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off topic…

Also das hier haut mich um:

Die Gnosis selbst hat aber mit den christlichen Ideen
eigentlich gar nichts zu tun (obwohl sie einiges auch daraus
übernahm) - ihre Urspünge liegen vielmehr in persischen
Traditionen und solchen der griechischen Myterienkulte. Viele
ihrer Ideen lagen aber im direkten Widerspruch zu christlichem
Gedankengut und wurden daher von dieser Seite teilweise heftig
bekämpft. Deshalb wurden gnostisch beeinflußte Texte (neben
anderen, die mit der Gnbosis gar nichts zu tun hatten) aus dem
Kanon ausgeschlossen - wie z.B. Das „Evangelium der Wahrheit“,
„Pistis Sophia“ und viele andere.

…mein Vater hat mir viel davon erzählt, aber sag mal Metapher,
bist Du sooooo irre wahnsinnig intelligent und belesen, Du weist
einfach alles!!! Die Gnosis ist nun was, was nicht jeder kennt,
geschweige denn erklären kann. Ich glaub langsam an die Metapher :smile:))
Entschuldige , aber ich bin wie gesagt einfach biff baff.-…-
oder hin und weg? oder ach was, Du bist der, der alle s weis
*gg*

Hd

hallo Iris,
kann man sich eine bessere Repräsentantin für selbstbewusste Frauen vorstellen?
Grüße
Raimund

hallo Metapher:
ich lese immer mit Begeisterung Deine Postings.
Hier würde mich mal interessieren, wo man diese „weggelassenen“ Texte der Bibel finden kann… in Deutsch, da ich kein hebräisch, kein Altgriechisch und kein Latein kann.

wie z.B. Das „Evangelium der Wahrheit“,
„Pistis Sophia“ und viele andere.

Grüße
Raimund
P.S. es wäre auch ganz hervorragend, wenn Du, falls es im Einzelfall möglich ist, Quellenangaben machen würdest. Ich würde diese sehr gerne selbst lesen.

Hi Raimund

danke Dir fürs feedback!

Hier einige Empfehlungen:

Der Klassiker ist:
Wilhelm Schneemelcher: Neutestamentarische Apokryphen. In deutscher Übersetzung.
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3161472527/qid…

Aber auch:
Alfred Schindler: Apokryphen zum Alten und Neuen Testament.
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3717517562/qid…
Inhalt: Das erste Buch der Makkabäer /Das zweite Buch der Makkabäer /Das vierte Buch der Makkabäer /Das Buch Judith /Das Buch Tobias /Die Zusätze zu Daniel /Der Aristeasbrief /Martyrium und Himmelfahrt des Jesaja /Worte Jesu, die nicht im Evangelium stehen /Das Protevangelium des Jakobus /Das Kindheitsevangelium des Thomas /Das Pseudo-Matthäus-Evangelium /Das Petrus-Evangelium /Das Nikodemus-Evangelium /Legenden über Christusbilder /Der Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca /Die Petrus-Akten /Die Paula-Akten /Der Heimgang der seligen Maria /Die Petrus-Apokalypse. [aus Amazon kopiert]

oder:
Erich Weidlinger: Die Apokryphen
ISBN 3629913199 Buch anschauen
(1990. Nur eine Auswahl, aber mit erhellenden Einführungen. Ich habs nur antiquarisch, weiß nicht ob noch im Handel)

Grüße
Metapher

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danke, werd´s mir besorgen!
einige Teile erscheinen mir vom Titel her mehr in die Rubrik zu passen: „erbauliche Geschichten für das gläubige Volk“. Mal sehen, ob ich recht habe.
Grüße
Raimund

1 Like

sehr, sehr off topic

Du bist der, der alles weis

…nicht allein der, der alles weis/ß…noch weit mehr als das…

*raumdeutendegeste*

Eine, die ihn beglückterweise
leibhaftig kennenlernen durfte :wink:)

…mein Liebster meinte, es war fast eine Liebeserklärung…war es aber nicht…
Und ich möchte so etwas gar nicht life erleben…
Es macht mir Angst…

hd

bist der, der alles weis

…nicht allein der, der alles weis/ß…noch weit mehr als
das…

*raumdeutendegeste*

Eine, die ihn beglückterweise
leibhaftig kennenlernen durfte :wink:)

Hi Sibylle

Morjen, Meta Pher :wink:

es würde mich brennend interessieren, in welchen
gnostischen Texten von Lilith die Rede ist und in denen
insbesondere das hier:

… war aber nicht bereit, sich Adam zu unterwerfen (in der Missionarsstellung), und wurde daher noch vor Adam aus dem Paradies entfernt

zu finden ist??

boah, ey, wat wees ick, wo ick dit mal jelesen habe - bei der Missionarsstellung fehlte was: :wink:)) …

Was du hier vermutlich meinst, sind keineswegs gnostische
Schriften, sondern sie sog. neutestamentlichen Apokryphen.

Bis Freitag glaubte ich, daß der Begriff „gnostische Texte“ sich auf alle nicht in der Bibel aufgenommenen Texte beziehen würde, also z.B. auch der komplette Gilgamesch-Epos, der ja nur auch zum Teil im AT Verwendung fand. Und ich meinte AT - die Genesis kommt doch im NT gar nicht vor, oder?

Aber selbst von diesen kann man nicht sagen, sie hätten zu den
Urschriften der „Bibel“ gehört.

Nicht?

Es sind christliche Texte, die
ab ca. 3. Jhdt verfaßt wurden, in einer Zeit also, in der
schon heftig diskutiert wurde, welche Texte man in dem
Kanon des „Neuen Testamentes“ belassen wollte und
welche nicht. Diese Apokryphen sind allerdings tatsächlich
weitgehend Texte, die von der Bewegung der Gnosis beinflußt
waren.

Die Gnosis selbst hat aber mit den christlichen Ideen
eigentlich gar nichts zu tun (obwohl sie einiges auch daraus
übernahm) - ihre Urspünge liegen vielmehr in persischen
Traditionen und solchen der griechischen Myterienkulte.

Also doch schon zur Zeit des AT???

Viele
ihrer Ideen lagen aber im direkten Widerspruch zu christlichem
Gedankengut und wurden daher von dieser Seite teilweise heftig
bekämpft. Deshalb wurden gnostisch beeinflußte Texte (neben
anderen, die mit der Gnbosis gar nichts zu tun hatten) aus dem
Kanon ausgeschlossen - wie z.B. Das „Evangelium der Wahrheit“,
„Pistis Sophia“ und viele andere.

Gruß
Metapher

greetz back

Sibylle

Hallo,
wer sich für nichtkanonische und gnostische Texte interessiert, sollte mal bei http://www.ntgateway.com nachschauen.
Unter „noncanonical“ gibt es hilfreiche links, unter anderem zu Gerd Lüdemanns Seite mit deutschen Übersetzungen der gnostischen NH-Texte.
Grüße,
Taju

Hallo Frank,

Eine Freundin hat behauptet Adam („der erste Mensch“) hatte
vor
Eva eine Frau namens Lilith. Kann mir jemand was dazu sagen?
Wo kam die her?

in der Ausgabe 3/2001 der „Psychologie heute“ gabs dazu einen mehrseitigen Artikel.

http://www.beltz.de/catalog/z_einzelausgaben.asp?ISS…

(steht aber nicht viel davon im WWW)

Inhalt so grob aus dem Gedächtnis (habe die 3er Ausgabe gerade nicht zur Hand):

Lilith war in der jüdisch-christlichen Mythologie ein ganzes Stück emanzipierter als ihre Nachfolgerin und wurde deshalb von Gott verstoßen und mit einem Bannfluch belegt. Das brachte ihr einen hübschen Platz in der Dämonensammlung der Christen ein.

Als es in den Jahrhunderten nach Christus in den ersten Konzilen darum ging, aus den zahlreichen Quellen eine „offizielle“ Bibel zu bauen, beschloss man anscheinend das Thema Lilith rauszuwerfen (hier gibts Theologen, die das bestimmt präziser erklären können als ich).

Heute kann Lilith als Symbol früher Emanzipationsbestrebungen gesehen werden, die für die beteiligten Frauen wohl auf Ärger mit ihren männlichen Widersachern rausgelaufen sind, die sich dafür auch gleich die passende Legende strickten (was sogar Gott verdammt, das kann einfach nur böse sein …)

Gruß,

Guido Strunck