Lockere ausgefallene Kommunikation erlernen?

Vorab mag ich betonen, dass ich mich nicht für andere und auch nicht für die Gesellschaft verstellen werde. Auch meine Grundpersönlichkeit, werde ich aufgrund des „Problemes“ sofern man es so nennen mag nicht.

Mir ist über die Jahre aufgefallen, dass ich eine sehr brave und immer höfliche, soziale Ausprache habe, dies sowohl auch in der Familie und unter Freunden. An sich ist dies ja nicht schlimmes, doch ich kann mir selbst nicht erklären, woher dieses kommt. Ich habe selbst mit 16 unter Freunden keine Jugendsprache verwendet und auch mit 20 kein „Alter- Was geht? - Halt die Fre*** - Du Wier - Du Penn - Ey Junge und Co.“ verlauten lassen. Bin jetzt 23. Von Zuhause aus habe ich keine Familie die nonstop so redet, aber eine übersoziale Aussprache legen diese auch nicht an den Tag. Ich kann nur verlauten lassen, dass ich schüchtern bin und dies mit dazu führt (zu den weiteren unbekannten Gründen) also warum ich nicht so rede. Natürlich ist es nichts was erstrebsam sein muss, aber so eine lockere, lässige Sprache unter jungen teilweise noch bis 26/28 Jährigen ist ja heute normal. Ich würde mich halt gerne auch mal so ausdrücken. Das würde viele Hemmungen in mir lösen und aus anderen Gründen auch gut tun. Wie komme ich dazu?

Liebe Grüße

P.S. Ich meine Du Wi**er nicht im beleidigenden Sinne sondern aus den alltäglichen Kontexten heraus!

Die von dir so bezeichnete „lockee Sprache“ ist ein Produkt von Komplexen und diejenigen, die so reden, sind alles andere als locker drauf.
Sei einfach froh, dass du davon nicht betroffen bist.

Habe selber so einen Kollegen im Arbeitsumfeld.
Grosses Maul und nix dahinter. Lautheit und inhaltsleere Sprüche.
So einen kannste nur auf dem Neubau rumtoben lassen und niemals mit zu Kunden nehmen.

Besser kann man es nicht ausdrücken.

Ne, das ist ein Vorurteil.
Hier bei uns wird auf dem Bau eine durchaus kräftige, aber alles andere als inhaltsleere Sprache benutzt.

Einen Teil des Codes verrate ich mal.
„Ey, [Aufforderung]“ - Dringliche Ansprache, etwas sofort zu tun oder zu unterlassen. Etwa: „EY, Flossen da weg!“ bedeutet, dass dort, wo jetzt die Hände sind, gleich ein tonnenschweres Betonteil abgesetzt wird.

„Hömma, [Aufforderung]“ - Normale Ansprache an eine Person. „Hömma, tu mal die blöde Schaufel da weg.“ Die Schaufel stört, sie soll vom Angesprochen in nächster Zeit entfernt werden.

„Aufforderung“ - Niemand wird angesprochen, niemand soll etwas machen. Etwa bei „Verfluchte Drecksschaufel, die muss da weg!“ Bedeutet, dass man niemanden in Hörweite hat, dem man Befehle geben kann und die Schaufel selber wegbringen wird.

Hi,

Die Konversation, die du beschreibst, ist weder locker, noch ausgefallen. Sie ist verkrampft und Massenware unter wenig gebildeten Leuten, die keine Umgangsformen kennen. Die kompensieren eigene Unsicherheit durch markiges Auftreten und wissen nicht einmal, dass ihnen etwas fehlt.
Du hast alles, was denen fehlt: Bildung, Anstand, Selbsterkenntnis und ein gutes Elternhaus. Und die Erkenntnis, dass es dir an Selbstsicherheit fehlt. Warum willst du aufgeben, was du hast (und dir im Leben nützt), um etwas zu bekommen, was dir nichts nützt, um zu Leuten zu gehören, die nicht zu dir passen?
Es gibt sehr viele Leute, die sich tatsächlich locker und interessant unterhalten können, du musst nur die e Augen aufmachen. Und wenn dein Selbstwertgefühl besser ist, regelt sich der Rest von alleine.

Die Franzi

Das weiss ich doch.
Dass der dort als „Psycho“ ertragen wird, ist ne andere Sache und da bekommt er auch schon mal kräftige inhaltsreiche Spüche zu hören.
Aber „so einen“ darfst du einfach nicht woanders einsetzen, wenn du die Kunden nicht vergraulen willst.

„Niveau sieht nur von unten wie Arroganz aus!“ Sei froh, dass Du in der Lage bist, dich vernünftig und ohne ständige Kraftausdrücke verständlich machen kannst. Das ist eine Kunst, die viele, die dies nicht zu Kinder- und Jugendzeiten bereits in der Familie kennengelernt haben, später sehr mühsam erlernen müssen, wenn sie nach „etwas anspruchsvolleren“ Jobs nebst dem entsprechenden Umfeld streben.

Wichtig ist nur, dass Du nicht zu verkrampft und gestelzt rüber kommst, was aber denjenigen, die angemessenes Auftreten mit der Muttermilch bereits eingesogen haben, üblicherweise nicht passiert. Das ist dann eher das Problem von Leuten, die eine ursprünglich fehlende Sozialisation dann überkompensieren.

Woran es Dir eher zu fehlen scheint, ist eine grundsätzliche „Lockerheit“ im Umgang mit anderen Menschen. Und in der Tat kann dies durchaus auch mit Sprache zu tun haben. Allerdings - wie du schon schreibst - funktioniert dies nicht, indem man sich künstlich verstellt. Aber man kann natürlich durchaus mal darauf achten, wie andere Menschen es schaffen, einerseits ein hinreichend korrektes Auftreten an den Tag zu legen, und trotzdem „locker rüber zu kommen“, wenn die Situation dafür geeignet ist/dies erfordert.

Nutze auch mal Filme/Comedy im Fernsehen/Bücher/… in denen es nicht gleich auf Gossen-Niveau zugeht, sondern die mit eher feinen Komik in der Sprache arbeiten. Da bleibt dann sicherlich der ein oder andere Spruch hängen/entwickelt sich dann ein Gespür für Dinge, die locker rüber kommen, auch mal einen Lacher oder Schenkelklopfer hervorrufen, ohne dass man gleich als der letzte Proll gilt. Auch das Lesen von Witzen kann einem einen Vorrat an Pointen schaffen, an die man sich in der passenden Situation erinnert, und die man dann locker einflechten kann.

Deine Fragestellung erinnert mich irgendwie hieran:

Nun schreibst du aber in deinem Titel, daß du ein Bestreben verspürst, eine „lockere ausgefallene“ Sprache zu erlernen und führst im Weiteren Beispiele wie

an.
Meiner Ansicht nach sollest du dir zunächst einmal gewahr werden, welche Art der verbalen Kommunikation du erlernen magst. Locker, so wie das genannte Beispiel, oder eher ausgefallen? Dein Beispiel ist nämlich alles andere als ausgefallen, es heißt nicht umsonst Umgangssprache.

Nach Definition und Findung des Ziels bleibt dir eines nicht erspart: der allgegenwärtige Einsatz der neuen Artikulationsmöglichkeit. Erst so erhält man derweil die unabdingbare Kunstfertigkeit der Ausdrucksweise.

Hierzu hilft es ungemein wenn man einen Komplizen im Geiste hat, der ebenso schlagfertig wie spontan im Rahmen eines alltäglichen Gesprächs mit einem üben kann.

Und das ganze funzt auch prima mit der sogenannten „Jugendsprache“, dann heißt es aber einfach mal den Niveau-Limbo tanzen.

Alles in allem würde ich behaupten, dass eine umfangreiche Kenntnis des deutschen Wortschatzes dieses Vorhaben deutlich erleichtern dürfte. Zusätzlich muss man aber auch spontan und schlagfertig sein, vorgegebene Texte zu üben ist, aufgrund mangelnder Praxisnähe, ziemlich sinnfrei. Wenn man dann auch noch ein umfangreiches Allgemeinwissen hat, um die Ecke denken kann und das in Wortwitze einbauen kann: prima, dann wird es langsam interessant.

In fortgeschritteneren Stadien wird dir dann bewusst, dass viele Wörter eine mehrfache Bedeutung haben und - entsprechend eingesetzt - durchaus eine durchschlagende Wirkung haben können (Mit Erreichen des ‚4. Fremdwörterduden am Buchstabensalat‘-Abzeichens bist du dann auch so weit, dass du den Erweiterungskurs ‚Sarkasmus‘ belegen kannst).

Grandios!

Man muss ja nicht gleich fertige Texte üben, aber bei der Beschäftigung mit entsprechenden Texten bleibt halt schon viel hängen. Seien es die von Dir angesprochenen Doppeldeutigkeiten, die einem sonst ggf. noch gar nicht bewusst waren, seien es bestimmte grammatikalische Figuren, die man mal abseits der Norm nutzen kann, seien es Szenen, die einem selbst auch immer mal wieder passieren können, seien es schlagfertige Antworten auf Standardfragen, mit denen man das Gegenüber mal aus der Reserve locken kann, oder mit denen man Situationen löst, in denen sich andere gerade über einen erheben, oder sich über einen lustig machen, …

Da kann man, ohne gleich stur auswendig zu lernen, schon durch den bloßen Konsum geeigneter Medien ein großes Repertoire aufbauen, auf dass man dann irgendwann ganz automatisch zurückgreift, wenn der passende Schlüsselreiz gesetzt wird.

BTW: Hast Du Sat-Anschluss? Auf Sat1 Gold laufen gerade mal wieder „Die 2“, und auf RTL Nitro „MASH“ in Dauerschleife. Pulp Fiction läuft auch irgendwo die Tage. Abgesehen davon, dass da die Film-Machos noch so richtig Machos sein durften, womit man heute aufpassen sollte, in welchen Runden (und das müssen keine „Herrenrunden“ sein, und welcher Dosis und welcher Betonung man den ein oder anderen Machospruch gut platzieren kann, gibt es da massenhaft Situationskomik mit feinem Sprachwitz, der auch heute noch gut ankommt, und den noch nicht jeder in deinem Alter auswendig kennt.