ANtwort ausführlich
Es gibt hier natürlich verschiedene Lösungsstrategien je nach dem
Temperament des Prinzen:
Der wagemutige Prinz reißt die erstbeste Tür auf, zieht sein
Schwert und der Tiger war schneller.
Der mutige, geübte Prinz zieht zuerst sein Schwert und reißt dann
erst die erstbeste Türauf und sticht zu. Entweder er ersticht
einen Tiger, oder er sticht ins Leere und den Rest könnt ihr euch
selber denken.
Der mutige, kluge Prinz zieht zuerst sein Schwert und reißt dann
die erstbeste Tür auf und springt zur Seite. Jetzt springt ein
Tiger oder eine Prinzessin aus der Tür. Bis der Tiger oder die
Prinzessin sich umgedreht haben, hat der mutige, kluge Prinz
Zeit, das Schwert wieder wegzustecken oder zuzustechen, je
nachdem.
Der kluge Prinz macht erstmal ziemlich viel Lärm, um etwaige
schlafende Tiger zu wecken und lauscht dann an den Türen. Er
öffnet nacheinander die Türen, hinter denen er keine Tiger
brüllen hört. Das Problem dabei ist folgendes. Er hat nicht
berückssichtigt, dass Tiger taub sein können. Das ist weniger
gravierend, vielleicht bleibt dem klugen Prinzen ja noch Zeit,
sein Schwert zu ziehen. Wichtiger ist folgendes: Sobald die
Prinzessin in ihrem Zimmer bemerkt, dass ein kluger Prinz kräftig
Lärm macht, beginnt sie zu brüllen wie ein Tiger. Dadurch kann
sie sicher sein, dass ihre Zimmertür nicht geöffnet wird,
vielleicht kommt ja doch noch ein Prinz, der wirklich mutig ist.
Der logisch gebildete Prinz schreitet zunächst alle Türen ab und
ließt sämtliche Aussagen durch. Dambei muss er sich etwas
strecken, damit er mit seiner dicken Brille überhaupt etwas auf
den etwas weit oben hängenden Schildern erkennen kann. Am Ende
der Runde vergisst der logisch gebildete Prinz, dass er jetzt
stehenbleiben kann und läuft im Kreis weiter. Dabei murmelt er
seltsame Dinge vor sich hin, die klingen wie:
"Wir stellen zunächst fest, dass der König sich in einem
wesentlichen Detail unklar ausgedrückt hat. Haben die Aussagen
der leeren Zimmer nun alle den selben Aussagewert oder ist der
Wahrheitsgehalt dieser Aussagen unabhängig voneinander. Statt den
König danach zu fragen - es könnte ihm ja peinlich sein, auf
diesen Makel hingewiesen zu werden - arbeiten wir mit Logik.
Testhalber nehmen wir an, die Aussage lautet richtig: ?Die
Schilder an leeren Zimmern sind entweder alle wahr oder alle
falsch.?
Angenommen Aussage 3 ist wahr. Aussage 6 besagt genau das
Gegenteil und ist somit falsch. Damit ist der Zweite Teil der
Aussage 9 wahr. Hier gibt es drei Fälle:
Sitz in Zimmer 9 ein Tiger, so ist die gesamte Aussage 9
wahr, muss aber falsch sein. Ein Widerspruch. Wir lassen
also die Annahme fallen es wäre ein Tiger in Zimmer 9.
Nehmen wir an, die Prinzessin wäre in Zimmer 9. Die gesamte
Aussage 9 ist damit falsch, müsste aber richtig sein. auch
diese Annahme lassen wir fallen.
Es bleibt also die Möglichkeit, dass Zimmer 9 leer ist. Die
gesamte Aussage ist falsch und das ist auch zugelassen. Wir
wissen nun - immer unter der Annahme, dass Aussage 3 wahr ist
- dass der zweite Teil der Aussage 8 wahr ist. Auch hier gibt
es wieder drei Fälle.
Ein Tiger in Zimmer 8 macht die gesamte Aussage 8 wahr und
führt somit zum Widerspruch.
Die Prinzessin in Zimmer 8 macht die gesamte Aussage falsch
und führt genauso zu einem Widerspruch,
also ist auch Zimmer 8 leer. Beide Aussagen 8 und 9 sind also
falsch, wenn man annimmt, dass Aussage 3 wahr ist.
Wir geraten hier also zu der Erkenntnis, dass die Aussagen
von leeren Zimmern falsch sind.
Wir hatten ja Aussage 3 als wahr angenommen und müssen nun
auch annehmen, dass die Prinzessin hier sitzt, da alle
anderen Zimmer ja leer oder betigert sind und in jedem Fall
falsche Aufschriften haben. Aussage 1 stellt aber
richtigerweise fest, dass der Prinzessin eine ungeraden
Zimmernummer nämlich 3 zugeordnet ist. Wir geraden also in
einen Widerspruch und mussen eine Annahem fallen lassen.
Kehren wir also unsere Annahme zu Aussage 3 um. Wenn Aussage 3
falsch ist, dann ist Aussage 6 richtig, also sitzt die
Prinzessin hier und alle anderen Aussagen sind falsch. Aussage
7 besagt aber richtigerweise, dass die Prinzessin nicht im
Zimmer 1 sitzt. Somit ist widersprüchlicherweise Aussage 7
richtig, sollte aber falsch sein.
Um auch diesen Widerspruch zu vermeiden, kommen wir also nicht
darum herum die Annahme fallen zu lassen, dass die leeren Zimmer
alle den gleichen Wahrheitswert besitzen."
Als die Prinzessin das hört, ersschrickt sie fürchterlich. Da
hilft kein Tigergebrüll als Ablenkung, keine trickreiche
Raffinesse kann den logisch gebildeten Prinzen aus dem Konzept
bringen. Es bleibt ihr nur noch, sich ihrem Schicksal zu
ergeben, aber das dauert noch einige Zeit, denn der logisch
gebildete Prinz dreht noch immer seine Runden und murmelt dabei:
"Aussagen leerer Zimmer sind also unabhängig voneinander:
Nehmen wir testweise an, die Prinzessin befinde sich in Zimmer
- Damit ist Aussage 2 falsch. Um diesen Widerspruch
aufzulösen müssen wir die Annahme fallen lassen.
In Zimmer 2 ist also entweder ein Tiger (dann ist Aussage 2
falsch) oder es ist leer (dann ist Aussage 2 richtig).
Angenommen Aussage 3 ist wahr. Aussage 6 besagt genau das
Gegenteil und ist somit falsch. Damit ist der Zweite Teil der
Aussage 9 wahr. Hier gibt es drei Fälle:
Sitzt in Zimmer 9 ein Tiger, so ist die gesamte Aussage 9
wahr, muss aber falsch sein. Ein Widerspruch.
Wir lassenalso die Annahme fallen es wäre ein Tiger in Zimmer
-
Nehmen wir an, die Prinzessin wäre in Zimmer 9. Die gesamte
Aussage 9 ist damit falsch, müsste aber richtig sein.
Auch diese Annahme lassen wir fallen. Es bleibt also die
Möglichkeit, dass Zimmer 9 leer ist. Die gesamte Aussage ist
falsch und das ist auch zugelassen. Wir wissen nun - immer
unter der Annahme, dass Aussage 3 wahr ist - dass der zweite
Teil der Aussage 8 wahr ist. Auch hier gibt es wieder drei
Fälle.
Ein Tiger in Zimmer 8 macht die gesamte Aussage 8 wahr und
führt somit zum Widerspruch.
Die Prinzessin in Zimmer 8 macht die gesamte Aussage falsch
und führt genauso zu einem Widerspruch,
also ist auch Zimmer 8 leer. Beide Aussagen 8 und 9 sind also
falsch, wenn man annimmt, dass Aussage 3 wahr ist.
Die Prinzessin befindet sich also nicht in Zimmer 2. Wir haben
auch angenommen, dass die Aufschriften 6, 8 und 9 falsch sind
und die Prinzessin also nicht in den entsprechenden Zimmern
ist.
Wir wollen nun annehmen, dass die Prinzessin sich in Zimmer
vier befindet, also nicht in einem Zimmer mit ungerader
Zimmernummer. Damit ist Aussage 1 falsch, was ja auch Aussage
4 behauptet. Aussage 7 ist damit richtig. Da die Prinzessin
schon woanders ist und kein Tiger in einem Zimmer mit
richtiger Aufschrift sitzt, ist Zimmer 7 also leer. Wenn
Aufschrift 7 richtig ist, dann ist der zweite Teil der
Aufschrift 3 falsch. Damit Aussage 3 aber richtig wird - was
wir ja angenommen haben - muss deren erster Teil richtig
sein. Aussage 5 muss also wahr sein. Da die Aussage 4 als
wahr angenommen wurde, ist damit auch die gesamte Aussage 5
wahr. Deren Teilaussage über Aussage 2 spielt keine weitere
Rolle. Wir hätten also eine Lösung vorliegen, die jedoch auf
Annahmen beruht.
Wir versuchen die gemachten Annahmen zu beweisen, indem wir
deren Verneinung schrittweise ausschließen. Behalten wir
zunächst die Annahme zur Aussage 3 bei und kümmern uns um
Aussage 4
Dazu nehmen das Gegenteil der bisherigen Annahme zu Aussage 4
an: Aussage 4 ist falsch, also ist Aussage 1 wahr. Da mit der
Falschheit der Aussage 4 die letzte geradzahlige Zimmer als
Aufenthaltsort für die Prinzessin ausfällt, stimmt dies mit
der Aussage 1 überein. Bisher also kein Widerspruch, wir
nehemen ja weiterhin die Wahrheit von Aussage 3 an und auch
die Folgen daraus.
Nehmen wir probehalber an die Aussage 7 sei falsch, also
sitzt die Prinzessin in Zimmer 1 und die Aussage 1
bestätigt das. Die als wahr angenommene Aussage 3 fordert,
da deren zweiter Teil falsch ist, die Wahrheit der Aussage
- Damit die gesamte Aussage 5 wahr wird muss deren erster
Teil wahr werden, da deren zweiter Teil schon als falsch
angenommen wurde. Zimmer 2 ist also tatsächlich leer, wie
dessen Aufschrift richtigerweise aussagt. Hier liegt also
eine Lösung vor
Nehmen wir probehalber an, die Aussage 7 sei wahr. Zimmer 1
scheidet also für die Prinzessin aus. Es bleiben übrig die
Zimmer 3, 5 und 7. 3 und 7 wurden ja ohnehin als wahr
angenommen. Es bleibt zu überprüfen, ob Aussage 5 wahr sein
kann. Der zweite Teil dieser Aussage ist nicht erfüllt,
aber der erste Teil von Aussage 5 wird wahr, wenn Zimmer 2
tatsächlich leer ist und die dazugehörige Aussage wahr ist.
Die Prinzessin ist also in Zimmer 3, 5 oder 7. Hier liegen
sogar 3 Lösungen vor
Bis jetzt haben wir also drei verschiedene Möglichkeiten
gefunden, wie die Zuordnung der logischen Variablen zu den 9
Aussagen zu einem widerspruchsfreien System führt. Für diese
drei Fälle gibt es für die Prinzessin 4 mögliche Zimmer.
Um alle möglichen Lösungen zu erhalten muss nun noch der Fall
behandelt werden, in dem Aussage 3 falsch ist. das wird
erreicht, indem wir beide Teilaussagen der Aussage 3
verneinen. Die Aufschrift 5 ist also falsch und die Aufschrift
7 ist richtig und die Prinzessin nicht in Zimmer 1. Damit
Aufschrift 5 falsch ist, müssen wir beide Teilaussagen der
Aussage 5 verneinen. Aussage 2 ist also falsch und Aussage 4
ist falsch. Da Zimmer 2 laut eigener falscher Aufschrift nicht
leer ist, lauert hier ein Tiger. Die Falschheit der Aussage 4
bestätigt Aussage 1. Die Falschheit der Aussage 3 wird
ausserdem durch die Richtigkeit der Aussage 6 bestätigt. Damit
wird die zweite Teilaussage der Aussage 9 falsch. Somit ist
auch die gesamte Aussage 9 falsch, egal ob in Zimmer 9 ein
Tiger sitzt oder nicht. Das einzige Zimmer mit ungerader
Nummer und wahrer Aussage ist die Nummer 7, da ja durch dessen
Aussage auch Zimmer 1 als Aufenthaltsort der Prinzessin
ausgeschlossen wird. Da wir nicht feststellen können, ob
Zimmer 9 leer ist, oder ob da ein Tiger drin sitzt, können wir
die Aussage 8 kaum näher beurteilen."
Der logisch gebildete Prinz hält kurz inne und die Prinzessin
befürchtet das Schlimmste. Wer so berechnend Tiger mit Logik
bekämpft ist nicht mutig genug, um auch nur das kleinste Risiko
einzugehen, aber für sie gibt es kein Entrinnen. Der logisch
gebildete Prinz wird sie unweigerlich mit dem todsicheren
Algorithmus erobern. Aber da murmelt der logisch gebildete Prinz
schon wieder:
"Es gibt also insgesamt 4 Möglichkeiten der Verteilung von
Wahrheitswerten zu den Aussagen. In den Zimmern 4, (3, 5, 7),
1 und 7 darf dabei die Prinzessin vermutet werden. Eindeutig
ist diese Lösung nicht. In zwei Föllen ist die Prinzessin in
Zimmer 7. Auch wenn dort die Prinzessin nicht ist, ist nur in
einem von 4 Fällen die Möglichkeit eines Tigers. Auch wenn für
Zimmer 1 und 3 die Chance geringer ist, die Prinzessin zu
treffen, so ist zumindest die Chance genauso hoch wie in
Zimmer 7, dass dort kein Tiger anzutreffen ist. Für Zimmer 4
sind die Überlebenschancen schlechter als für Zimmer 5."
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, ruft der logisch gebildete
Prinz dem König zu: ?Das Problem ist gelöst.? Darauf hin
verabschiedet er sich vom König mit einem kreidigen Händedruck,
schwingt sich auf sein Pferd und reitet gegen unendlich. „Uff!“
atmet die Prinzessin auf, "das ist gerade noch einmal gut
gegangen."
Viele Grüße
Stefan