Hallo Kellnergonzo,
die Antwort lautet ja und nein. Natürlich musst du alle deine Einkünfte versteuern. Aber du zahlst natürlich nicht zweimal auf die gleichen Einkünfte Lohn- und Einkommensteuer.
Das Problem ist, dass man bei einer Konstellation aus Selbständigkeit und Anstellung gerade am Anfang viel zu geringe Lohnsteuerabschläge zahlt.
Beispiel: Du hast folgende Bruttoeinkünfte im Jahr:
20.000 € Anstellung
10.000 € Selbständigkeit
Dann zahlst du von deinem Lohn vorab über den Lohnsteuerabzug maximal 2.700 € Steuern. Für die Selbständigkeit zahlst du vorab gar nichts.
Am Ende des Jahres musst du nun deine Einkünfte durch die Abgabe einer Steuererklärung versteuern.
Nun wäre es leicht zu sagen, die 20.000 € sind ja schon versteuert worden; jetzt versteuere ich noch die 10.000 € (darauf entfallen 315 € Steuern).
Allerdings werden die Einkünfte nicht getrennt besteuert, sondern die Summe der Einkünfte ist für die Ermittlung des Steuersatzes entscheidend.
Also musst du Einkünfte von insgesamt 30.000 € versteuern.
Einzeln versteuert hätte die Steuerlast 3.015 € betragen; für 30.000 € in der Summe beträgt sie jedoch 5.625 €. Grund hierfür ist die Progression bei den Steuersätzen: Je höher deine Einkünfte sind, desto höher ist auch der fällige Steuersatz.
So entsteht der Effekt der hohen Steuer-Nachzahlungen. Übrigens wird deine bereits abgeführte Lohnsteuer natürlich von der Steuerschuld abgezogen, denn die hast du ja bereits beglichen:
zu zahlen: 5.625 €
bereits gezahlt: 2.700 €
bleiben zu zahlen: 2.925 €
Diese Vorgehensweise (Besteuerung der Summe der Einkünfte) ist letztlich nur fair, denn man wird so genauso behandelt wie jemand, der die 30.000 € in einer Anstellung verdient - es soll schließlich keinen Unterschied machen, woher das Einkommen kommt; nur die Höhe ist für die anfallende Steuer relevant.
Ich hoffe, diese Antwort hilft dir weiter.
Viele Grüße
tinastar
PS: Falls dich die hohen Steuerwerte in meiner Beispielrechnung erschrecken - keine Sorge, in meinem Beispiel sind weder Arbeitnehmerpauschbeträge noch Fahrtkosten zur Arbeit, Kosten der Selbständigkeit oder die Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge berücksichtigt. Die tatsächlichen Werte fallen also deutlich niedriger aus. Mit dem Beispiel wollte ich nur den Progressionseffekt verdeutlichen…