Luftwiderstand - Kräftezerlegung

Hallo zusammen,

mich quält gerade ein Denkfehler, den ich nicht alleine wegkriege…

Man stelle sich eine Kugel vor, die auf einen dünnen Nagel mittig aufgespießt ist und man blickt von oben drauf. (Diese Blickrichtung ist bei mir z-Richtig. x- und y- Richtung spannen die Ebene auf, die senkrecht zu z-Richtung liegt. x=0° und y=90°)
Nun strömt man die Kugel flächig aus verschiedenen Richtungen an und ich möchte die Widerstandskräfte jeweils in x- und y- Richtung ermitteln. Das mache ich mit der üblichen Formel Fw=0.5*roh*cw*A*v^2.
roh,cw und A sind in all meinen Fällen gleich. Ich setze im Beispiel daher den gesamten Term vor v^2 auf 1.

Fall A: Nur Wind aus Richtung x mit 10m/s. Dies führt zu einer Widerstandkraft in x-Richtung (Fwx) von 100N. Für die Widerstandskraft in y-Richtung (Fwy) ergibt sich Null.

Fall B: Zusätzlich zu Wind aus Richtung x mit 10m/s nun auch Wind aus Richtung y mit 10m/s. (z.B. durch 2 große Ventilatoren) Damit ergibt meine Rechnung Fwx=100N und Fwy=100N.

Fall C: Bedingungen wie Fall B aber anders gerechnet.
Der resultierende Wind aus x und y Richtung hat 14,14m/s Geschwindigkeit und kommt aus 45° Richtung zwischen x und y.
Die Widerstandkraft in diese Richtung (Fw45°) ist dann gleich 200N.
Und nun kommt was mich quält…
Wenn ich Fw45° in die Komponenten x- und y- zerlege bekomme ich für Fwx und Fwy auf jeweils 141N. Das ist ungleich der Rechnung in Fall B.

Ist B) oder C) richtig? Und wo liegt der Denkfehler?

Dank und Gruß
Maxe

Hallo,

Fall B: Zusätzlich zu Wind aus Richtung x mit 10m/s nun auch
Wind aus Richtung y mit 10m/s. (z.B. durch 2 große
Ventilatoren) Damit ergibt meine Rechnung Fwx=100N und
Fwy=100N.

ich wäre jetzt irgendwie davon ausgegangen, dass sich Luft anders verhält als Licht: man kann es nicht einfach überlagern, weil sich die Komponenten gegenseitig beeinflussen.
Aber ich bin auch nur strömungstechnischer Laie.
Gruß
loderunner

Hallo,

Du darfst die Komponentenzerlegung nicht machen, weil die Funktion F(v) nicht linear in v ist (sondern quadratisch). Deshalb bekommst Du bei B ein falsches Ergebnis heraus. Nur die Lösung C ist zulässig.

Eine skalare Funktion mit skalarem Argument heißt linear in ihrem Argument x, wenn sie die Form f(x) = a x + b hat. Oder als dazu gleichwertige Definition: Wenn sie die Gleichungen f(λx) = λf(x) und f(x + y) = f(x) + f(y) erfüllt. Diese Bedingungen kann man auf Funktionen vom Typ „Vektor-von-Vektor“, wie sie in Deinem Fall vorliegt, verallgemeinern.

Gruß
Martin

Hallo,

danke für die Antwort - klingt theoretisch richtig.
Ich versuche es mir aber praktisch vorzustellen.

Machen wir mal kurz einen Fall D:
Wind kommt wieder mit 10m/s aus Richtung 0° und ein zweiter Wind mit gleicher Geschwindigkeit aus 90°. Der umströmte Körper ist jetzt aber keine Kugel sondern eine Extrem dünne steife Platte - die genau nach 45° ausgerichtet ist.
Würde ich jetzt so rechnen wie in Fall C (mit resultierender Windgeschwindigkeit) hätte ich quasi keine Luftwiderstand da die Stirnfläche nahezu Null ist. (Schmale Seite steht genau im Wind)
Würde ich so rechnen wie im Fall B dann hätte ich sowohl in Richtung 0° als auch 90° ganz ordentliche Stirnfläche und entsprechend Windkräfte.

Dank und Gruß
Maxe

Hi,

in Deinem Fall D hast Du doch eine ebene Platte ohne Anstellwinkel. Die erzeugt eben nur Reibungs- und keinen Druckwiderstand. cw ist dann eine Funktion der Re-Zahl. Übrigens nehmen die Aerodynamiker hier die (einfache) Plattenoberfläche als Bezugsfläche. Diese bleibt dann auch bei allen Anstellwinkeln gleich. Projizierte Flächen werden in der Praxis nicht verwendet.

Gruß
Krokodi

C ist richtig und B ist falsch.
Nimm ein Koordinatensystem und zeichne die Vektoren der Kräfte ein.
Verschiebe x auf die Spitze von y und y auf die Spitze von x.
Du erhältst ein Rechteck ( in deinem Fall ein Quadrat, ist aber auch nur ein Rechteck). Jetzt verbindest du den Ursprung der Vektoren mit Sptze-Spitze und erhältst die Diagonale. Das ist deine resultierende Kraft. In deinem Fall Wurzel 2 * X oder Y, also 141,4…N.
Für deinen Fall C:
Der Wind in X-Richtung erzeugt eine Kraft von 45° in Richtung x und -y.
Der Wind in Y-Richtung erzeugt eine Kraft von 45° in Richtung -x und y.
Die beiden Kräfte heben sich in der Summe auf, da sich deren Vektoren zu 0 addieren.

Hallo,

Ich versuche es mir aber praktisch vorzustellen.

damit muss man vorsichtig sein, weil die menschliche Intuition stark auf lineare Zusammenhänge geprägt ist. Mit nicht linearen tut sie sich schwer.

Machen wir mal kurz einen Fall D:
Wind kommt wieder mit 10m/s aus Richtung 0° und ein zweiter
Wind mit gleicher Geschwindigkeit aus 90°.

Der umströmte
Körper ist jetzt aber keine Kugel sondern eine Extrem dünne
steife Platte - die genau nach 45° ausgerichtet ist.

OK, in dem Fall scheitert es dann nicht nur an der Nichtlinearität in v, sondern auch noch an der in A.

Nochmal: Es ist ganz und gar keine Selbstverständlichkeit, dass irgendeine Funktion f die Gleichungen f(x1) + f(x2) = f(x1 + x2) und f(λx) = λf(x) erfüllt. Wenn eine Funktion das tut, ist das sehr erfreulich, denn dann funktioniert die schöne Komponentenzerlegung. Solche Funktionen heißen linear. Dann kannst Du Dir aussuchen, ob Du f(x) berechnest, oder stattdessen das x nimmst, es in zwei, drei oder achtundvierzig Komponenten zerlegst, auf jede davon separat f loslässt und anschließend die Summe bildest – das Ergebnis ist garantiert mit f(x) identisch. Wenn eine Funktion aber nicht linear ist (und sowas gibts auch, wie Du hier siehst), dann sind Komponentenzerlegereien schlicht verboten. That’s all :smile:

Gruß
Martin