Lumpenbarock

Hallo!
Verschwende mal wieder aus reiner Neugier meine Zeit mit Recherche, statt einfach drüberweg zu übersetzen :wink:
Habe schon bei Dudens angerufen und natürlich gegoogelt: erstere mussten passen (deshalb poste ich nicht im Brett „Deutsche Sprache“
:wink:, Google bringt nur zwei Treffer: In einem (englischen) Buch über Albert Speer wird von „Dresdens Lumpenbarock-Bauten“ gesprochen und in einem Artikel über Barockmusik kommt es in einer Aufzählung von Wörtern mit „barock“ vor und natürlich kommt es in dem Text vor, den ich übersetze. Da bin ich mir allerdings nicht sicher, ob eine Art „Gelsenkirchener Barock“ gemeint ist, Pseudobarock, Kitschbarock oder das glatte Gegenteil, Richtung „Plattenbau“. Kann als letzte Möglichkeit den Autor fragen, aber wüsste doch gern, ob jemand das Wort kennt. Ich poste in diesem Brett, weil ich denke, dass die meisten, die sich hier unter „Kultur“ einklinken, in allen Unter-Brettern stöbern.

Gruß,
Eva

Hallo newcallas,

hier muss ein Analogieschluss erlaubt sein.
Im 19. Jh bezeichneten Marx und Engels die unterste Gesellschaftsschicht der Bettler, Gaukler, Prostituierten usw. als „Lumpenproletariat“. Damit meinten sie, dass diese Personenkreise noch unter den Industriearbeitern stehen, da ihnen das Klassenbewusstsein fehle und sie keinen gesellschaftlichen Mehrwert produzieren.
In der NS-Rassenideologie wurde der Begriff für „minderwertige Rassen“, z.B. „Zigeuner“ benutzt.

Vor diesem Hintergrund wäre der „Lumpenbarock“ ein geringerwertiger Barock, dem die fürstliche und kirchliche Prachtentfaltung wegen sächsischer und preußischer Armut fehlt. Er wäre also ein abgespeckter Barock „für Arme“.

Freundliche Grüße
rotmarder

Hallo!
Das sind interessante Überlegungen. Ich bin eben auf die glorreiche Idee gekommen, einmal „lumpen“ für sich im Lexikon nachzuschlagen und finde bezogen auf Gebäude: „klobig“. „Lumpenbarock“ könnte also auch einen nicht eleganten, sondern plumpen, grobschlächtigen Barockstil meinen. Vielleicht doch in der Art „Gelsenkirchener Barock“? In dem Text an dem ich arbeite, beschreibt das Wort Mietshäuser mit Zinnenkranz ums Dach, denen man - interpretiere ich - barocke Stilelemente plump und lieblos aufgepappt hat, um dem prosaischen Bauwerk einen herrschaftlichen Anstrich zu geben (höhere Mieten :wink:. Interessanterweise führt die Schreibweise „lumpen-baroque“ bei Google zu dieser Seite über Eric Burdon & The Animals: http://www.mojo4music.com/blog/2008/02/eric_burdon_t…
Lustig :smile: Da könnte der Begriff auch eine gewisse krude Überladenheit der Musik ausdrücken.

Danke für den Denkanstoß!

Gruß,
Eva