+M Effekt bei Benzylchlorid

Hallo!

Ich habe hier gerade ein Verständnisproblem bei der Formulierung der mesomeren Grenzstrukturen von Benzylchlorid. Ich möchte gerne anhand dieser Grenzstrukturen darstellen, warum die Methylchlorid-Gruppe am Benzolring einen +M Effekt ausübt und somit Zweitsubstituenten in o-/p-Stellung dirigert.

Folgende Überlegungen habe ich bereits angestellt:

  1. Das Chloratom stellt eines seiner freien Elektronenpaar zur Verfügung um die Elektronendichte im Benzolring zu erhöhen. So ist es ja bei Halogenalkanen auch.

  2. Zwischen dem Chloratom und dem C-Atom der Methylgruppe kommt es zur Bildung einer Doppelbindung. Das Cl-Atom bekommt dann eine positive, das C-Atom eine negative Ladung. Soweit so gut, aber wie gehts weiter Richtung Benzolring?

  3. Die gerade beschriebene Doppelbindung klappt zwischen die C-Atome von Methylgruppe und Phenlyrest um? Die Elektronen der benachbarten Doppelbindung im Benzolring klappen dann zum ortho-C-Atom um, welches dann ein freies Elektronenpaar und somit ebenfalls ne negative Ladung bekommt?

Wenn ja, dann bekäme mein Chloratom aber auf einmal 2 positive Ladungen, und ich hätte zwei jeweils einfach geladene C-Atome im Molekül. Ist das realistisch?

Ich weiß, dass diese Resonanzformeln grundsätzlich nicht realistisch sind da sie so nicht existieren. Aber ich möchte es eben veranschaulichen. Gegoogelt habe ich schon den halben Nachmittag und den Vollhardt habe ich auch schon durch - leider ohne Antwort.

Ich hoffe meine Gedankengänge sind einigermaßen nachzuvollziehen. Am besten man zeichnet sich die Strukturen mal auf. Wenn mir jemand helfen möchte kann ich auch gerne meine bisherigen Gedankengänge grafisch zusammenstellen und per Mail zuschicken.

Danke schon mal im Voraus

Sven

Hallo
ich habe mir auch mal ein paar Gedanken gemacht.
Meines Wissens tritt der +M-Effekt nur bei Substituenten auf, die DIREKT mit ihren Elektronenpaaren mit dem konjugierten System des Benzols in Wechselwirkung treten können. In meinen Augen hat damit Benzylchlorid keinen ±M-Effekt, da das Elektronenpaar nur bis zur Methylengruppe kommt, mit den Elektronen im aromatischen System aber nicht interagieren kann.
Somit kannst du die ganze Geschichte nurnoch mit dem -I-Effekt des Chlors bzw. dem ±I-Effekt der Methylengruppe erklären.
Wenn du die erste Stuffe der Zweitsubstitution aufmalst so erhält der Aromat eine positive Ladung an einem der C-Atome des Ringes.
Durch Mesomerie können diese bei p- und o-Substitution direkt an die Methylchlorid-Gruppe gesetzt werden. Bei m-Subtitution jedoch nicht.
Somit würde ich sagen, dass o-/p-Substitution begünstigt ist, da der ±I-Effekt der CH2-Gruppe die positive Ladung besser stabilisiert. Nimmst du die Mesomerie des Chlors mit hinzu so hast du am Chlor ein +, an der CH2-GGruppe ein - und an dem C des Ringes wieder ein +.
Auch das würde für eine o-/p-Substitution sprechen.
Direkt mit dem ±M-Effekt der Methylchlorid-Gruppe kannst du es jedoch denke ich nicht erklären. Ich lasse mich da aber gerne eines besseren belehren :smile:

Liebe Grüße

Goldeneagle

Hallo Goldeneagle,

erst mal vielen Dank das du dir Gedanken dazu gemacht hast.

Meines Wissens tritt der +M-Effekt nur bei Substituenten auf,
die DIREKT mit ihren Elektronenpaaren mit dem konjugierten
System des Benzols in Wechselwirkung treten können. In meinen
Augen hat damit Benzylchlorid keinen ±M-Effekt, da das
Elektronenpaar nur bis zur Methylengruppe kommt, mit den
Elektronen im aromatischen System aber nicht interagieren
kann.

Tja, genauso habe ich es auch verstanden. Ich war so stolz auf mich, endlich die Wirkungsweisen des induktiven und mesomeren Effekts begriffen zu haben, dass ich zum besseren Verständnis noch „mal eben“ ein paar Strukturformeln zu Papier bringen wollte. Wenn man es sich selber aufzeichnet kann man es eben doch am besten nachvollziehen. Alles war gut, bis zum Benzylchlorid. Meine Tabelle (leider ohne Quellenangabe) sagt allerdings eindeutig einen -I und +M Effekt voraus.

Somit kannst du die ganze Geschichte nurnoch mit dem -I-Effekt
des Chlors bzw. dem ±I-Effekt der Methylengruppe erklären.
Wenn du die erste Stuffe der Zweitsubstitution aufmalst so
erhält der Aromat eine positive Ladung an einem der C-Atome
des Ringes.

Auch das habe ich gemacht. Wenn ich den elektronenziehenden Charakter des Chlors mitberücksichtige müsste der Ring elektronenärmer werden. Das passt auch gut zu der Aussage (ebenfalls aus der Tabelle), dass der Erstsubstituent desaktivierend auf weitere Substitutionen wirkt.

Durch Mesomerie können diese bei p- und o-Substitution direkt
an die Methylchlorid-Gruppe gesetzt werden. Bei m-Subtitution
jedoch nicht.
Somit würde ich sagen, dass o-/p-Substitution begünstigt ist,
da der ±I-Effekt der CH2-Gruppe die positive Ladung besser
stabilisiert. Nimmst du die Mesomerie des Chlors mit hinzu so
hast du am Chlor ein +, an der CH2-GGruppe ein - und an dem C
des Ringes wieder ein +.
Auch das würde für eine o-/p-Substitution sprechen.

Jep, auch das sehe ich genauso. Nur verwirren mich jetzt immer noch die Tabellenwerte. Im Vollhardt steht dieses Beispiel leider nicht drin. Vielleicht muss ich mich doch noch mal durch ein paar Bücher arbeiten. Evtl ist meine Tabelle ja fehlerhaft.

Direkt mit dem ±M-Effekt der Methylchlorid-Gruppe kannst du
es jedoch denke ich nicht erklären. Ich lasse mich da aber
gerne eines besseren belehren :smile:

Wenn ich was besseres weiß meld ich mich! :wink:

Gruß

Sven