In einer off-topic- Diskussion letzten Jahres ging es um die vergleichweise neuen Aufnahmen Mahlers Symphonien.
Wolfgang hat dabei eine gute Sammlung von links und eine Reihe von Empfehlungen gestellt:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Entspechende Zeitschriften, z.T. online zugänglich, sowie viele private Seiten stehen inzwischen zur Verfügung. In vielen Foren kann man auch hier und da Kritiken zu den aktuellen Erscheinungen lesen.
Das Problem bleibt dabei, daß die meisten Kritiken entweder von den Produktionsfirmen beeinflusst werden, die sich eine Vermarktung wünschen, oder von Liebhabern, die meist die erstgekaufte Aufnahme als the best preisen.
In beiden Fällen wird viel zu oft von der Prämisse ausgegangen, eine Aufnahme kann die beste, die richtige sein. Die anderen sind dann dementsprechend schlechter, falscher usw.
Keiner von uns ist imstande, alle Aufnahmen zu berücksichtigen. Außerdem ist die Musik sowieso und die Mahlers noch einmal mehr sehr persönlich gefärbt. Die Idee von der Seite
http://patachonf.free.fr/musique/index.php#disco
ist hervorragend, über die zeitgenössische Kritiken den Eindruck von der Aufnahme zu vermitteln. Als ich neulich ein großes Projekt zu der Unvollendeten vorbereitete, habe ich mich da sehr gut bedient und dabei gut bedient gefühlt. Zu Mahler gibt es nichts entsprechendes.
Soviel im voraus.
- Von der Ersten habe ich neulich die Aufnahmen von D.Mitropoulos (1940), J.Horenstein (1958) sowie B.Walter (1961) verglichen. Alles unterschiedlich, empfehlenswert, alle entsprechen meinen Erwartungen. Nichts negatives.
- Von der Zweiten wurden von mir B.Walter (1958), G.Kaplan (1987) und M.Gielen (1996) gegenübergestellt. Von Gielen und Kaplan habe ich mehr erwartet, viel zu trocken für meine Begriffe. Keine von den drei Aufnahmen mischt sich in die problematischen („kitschigen“) Stellen des Werks ein, nach dem Motto: Der Autor wollte es so.
- Von der Dritten stolperte ich über die Aufnahme mit G.Neuhold (1998). Leider nichtssagend, nur der Notentext ist da.
- Von der Vierten hörte ich mir Aufnahmen von W.Mengelberg (1939), B.Walter (1945), L.Bernstein (1984), B. Zander (2000) an. Nach Mengelberg-Erlebnis hat jeder andere Interpret normalerweise verloren. Bernsteins späte Intepretation ist jedoch erstaunlich frisch und von großem Atembogen, eine erstaunlich gute, klare und vielsagende Aufnahme. Die von Zander ist eine feine Kopie der Partitur, sehr genau und doch nicht mehr als dies. Pathetische Varianten von Walter und Mengelberg ergänzen einander und entsprechen dem Duktus des berühmten Satzes von Mahler über Dostojewski.
- Von der Fünften war die Aufnahme von W.Morris (1973) auf dem Programm. Eine solide, gute Arbeit, die individuellen Züge konnte ich aber leider nicht erkennen. Mit der berühmten Aufnahme von B.Walter (1947) kann sie deswegen nicht konkurieren.
- Die Achte mit G.Solti (1971) ist eine Offenbarung, eine Entdeckung. Wie kann man solch eine lebendige Interpretation im Studio erschaffen? Ein Rätsel bei dem Werk.
In dieser knapper Form kann man nur zwei Prinzipien befolgen. Erstens wie individuell, zweitens wie beeindruckend ist die Interpretation. Beides ist für Mahler entscheidend. Über Details kann man immer noch streiten. Wenn aber das Ganze kalt, unbetroffen lässt, ist die Fülle an Details kein Ausgleich dafür.
Na, gibt es noch neuere Aufnahmen, die mithalten können?