Mainzer Weingewinde

Ich habe mir ein paar GFK Tanks zur Bevorratung von Regenwasser für kleines Geld geschossen. Es sind ehemalige Weintanks. Wunder über Wunder beim Versuch an die Anschlüsse „normale“ 1 1/2` Fittings anzuschließen wurde mir vom Verkäufer mittgeteilt, dass es sich um ein 32er Mainzer Gewinde handelt. Wo auch immer die Angabe 32 her kommt, der Außendurchmesser des Gewindes beträgt 46mm. Bei der Suche nach passenden Fittings bin ich auch auf ein Pfälzer Gewinde und ein Österreiches Weingewinde gestoßen. Meine erste Vermutung, dass Pfälzer und Mainzer Gewinde das Gleiche sei scheint aber nicht richtig zu sein. Meine Frage wie kommen solche irren Sondermaße zustande? Und gibt es eine Übersicht über die verschiedenen „benutzten“ Gewinde?
Gruß Hartmut

Hallo Hartmut,

in dieser Gegend laufen die Grenzen verschiedener Herrschaften zusammen. Ein Küfer, der für rheinhessische Maße wahrscheinlich was sagen kann, ist Emil Jäger in Bodenheim. Rechtsrheinisch im Rheingau herrscht traditionelle Mißgunst gegenüber dem Wein aus dem Kurmainzischen, und die Pfalz war sogar ab 1945 nochmal kurze Zeit bayrisch.

Sie waren bis zur Einführung des metrischen Systems durch Napoleon überall Sache der Grundherrschaft, bereits die englischen Zollmaße waren ein gewaltiger Fortschritt. Schon für die Hohlmaße für Wein und Getreide könnte man einen ziemlich bunt gemusterten Atlas zusammenstellen. Bei denen ist es besonders lustig, dass ohne Zusatz, wo das Maß gültig sein soll, nur von Stück, Eimer, Simri usw. die Rede ist, und der Leser das dann selber wissen muss, was genau gemeint ist.

Schöne Grüße

MM

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  • falls Du noch ein wenig mit den Zahlenwerten spielen magst, ob die 32 sich über oder unter dem Bruchstrich damit irgendwie erzeugen lässt: Eine Mainzer Elle entspricht etwas über 55 cm, somit etwa 21,7 Zoll.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
als Rheingauer von Geburt aus und seit nunmehr 68 Jahren auch dort wohnend, nur eine kleine
Korrektur dieses Teilsatzes - er müsste lauten "herrschte traditionelle Missgunst) , was aber auch auf Gegenseitigkeit beruhte.
Noch vor ca 30 Jahren war es tatsächlich so, dass aufgrund der „Massenweine“, die gerade in Rheinhessen auf den Markt kamen - es gab damals Erträge in der Masse, dass es Winzer gab, die den Most im Swimmingpool lagerten, und schon deshalb von den Rheingauern als direkte Nachbarn, nur durch den Rhein getrennt, als „Rheinhessenbrühe“ bezeichnet wurde, was natürlich nicht sehr nett war. Umgekehrt wurde der Rheingauer Wein (vordringlich Riesling) ob seines Verkaufspreises seitens der Rheinhessen kritisiert,.
Zum Glück ist das heute nicht mehr so - dank der Rheinhessen-Winzer werden dort qualitativ sehr hochwertige Weine angebaut und die Quantität steht nicht mehr im Vordergrund.
Obwohl ich quasi mitten im Weinberg wohne und natürlich auch sehr gerne Rheingauer Weine trinke, gebe ich zu, dass ich auch den Rheinhessenwein sehr schätze.
Umgekehrt ist es jetzt sogar auch schon so weit, dass z.B. die Landeshauptstadt Mainz künftig Werbung für den Rheingau machen will. Als, die Missgunst hat keine Tradition mehr auf beiden Seiten des Rheins.
Gruss
Czauderna

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Servus,

ja - im Grund war das ja auch schon vorher eher eine Frotzelei unter Nachbarn und hätte eigentlich „Dritten“ nicht so aufgetischt werden sollen. Der Rote Hang am Rhein vorn ist halt genauso Rheinhessen wie die Ebene oben, wo besser Kartoffeln und Zuckerrüben stünden als Ortega und Bacchus… Aber Du hast schon Recht, auch da hat sich vieles zum Besseren entwickelt, genau wie es auf der anderen Seite welche gibt, die sich auf dem Ruf (und den komfortablen Preisen) des Rheingauer Rieslings ausgeruht haben, und das tut halt weder dem Wein noch dem Winzer gut.

Ich will sehen, wie sich das weiter entwickelt - wenn das so weiter geht, werden wir beide es noch erleben, dass König Riesling entthront wird, wenn ihm wegen der ständig zu warmen Sommer immer und immer wieder die Säure verloren geht: Ob man in Oestrich demnächst den Riesling grün lesen und zu Vinho Verde ausbauen wird?

Schöne Grüße

MM

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Hallo,
ich weiß es nicht, aber ich sehe auch, wie so mancher Winzer hier, dass der Riesling selbst nicht die Zukunft des Weinbaus im Rheingau sein wird, Vereinzelt sind einige Winzer schon dabei, alte Rieslingweinberge gegen andere Rebsorten auszutauschen, so habe ich schon vor etlichen Jahren einen Rheingauer „Ruländer“ bzw. „Grauer Burgunder“ getrunken, der zwar (noch) nicht mit einem aus Baden beispielsweise verglichen werden kann, aber doch auf einem guten Weg ist.
Was die in Oestrich machen, wobei denen alles zuzutrauen ist auf diesem Gebiet, das weiss ich nicht, bei uns in Winkel gibt es so etwas nicht :sunglasses: :grinning:
Du musst wissen - Oestrich und Winkel, das ist so wie Mainz und Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach oder Köln und Düsseldorf, nur in klein und eher (inzwischen) lustig.
Es hat uns Winkeler damals schon gefuchst, dass die Stadt Oestrich-Winkel und nicht Winkel-Oestrich genannt wurde :sweat_smile: :sunglasses:
Gruss
Czauderna

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Servus,

so als Ausblick: Seit ein paar Jahren stehen in der Haardt ein paar Wingerte mit Viognier - einer Rebe, die als einzige hervorstechende Eigenschaft eine recht ausgeprägte Widerstandsfähigkeit bei Trockenheit aufweist. Der Viognier stammt eigentlich aus dem südlichen Rhonetal, wo an den Flanken und in Seitentälern teils Schiefer mit fast senkrecht aufgefalteten Schichten anstehen, durch die jeder Tropfen sofort wegsickert. Der Viognier war immer verschrien als Massenträger mit einem leichten Bonbonaroma, jedermanns Liebling sozusagen - am Ende der 1970er Jahre waren keine 10 Hektar mehr damit bestanden. Ich hab zufällig einen Winzer aus Valvignères kennen gelernt, dessen recht umtriebiger Vater zusammen mit anderen diese Rebsorte in ihrem Bestand gerettet hat - wenn man ihn im Wingert und vor allem im Keller gut behandelt, kann man daraus einen sehr hübschen Weißen machen, der allerdings vollkommen anders ist als die aus Deutschland bekannten: Sobald der Korken gezogen ist, kommt ein großer Strauß von weißen Blüten von Maiglöckchen bis Holunder aus der Flasche - aber was danach kommt, ist völlig belanglos, wenn man im Keller nicht aufpasst. Es wird noch ein wenig dauern, bis deutsche Winzer mit ihren ganz anderen Gewohnheiten was daraus machen…

Schöne Grüße

MM

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Nachmischen von Wasser in Wein soll erschwert werden. :wink:
duckundweg Helmut

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