Makroevolution: Entstehung komplexer Organe?

Hallo,

ich habe eine Frage bezügl. der Evolutionstheorie:
Wie erklären sich Evolutionstheoretiker die Entstehung neuer komplexer Organe, die evtl. sogar auf andere Organe angewiesen sind, damit sie lebenserhaltend funktionieren können?

Nehmen wir als Beispiel das Herz: Es muss ja durch zufällige Mutation in einzelnen Schritten entstanden sein, und durch Selektion haben dann nur die positiven Mutationen überlebt. Nun muss es aber neben dem Herz auch zahlreiche andere Organe geben, die mit dem Herzen „kooperieren“, damit es seine Aufgabe erfüllen kann. Adern, Venen, das Blut an sich inkl. Hämoglobin etc. müssen doch eig. gleichzeitig (und durch zufällige Mutation) entstanden sein wie das Herz. Ist das überhaupt wahrscheinlich? Abgesehen davon: Warum sollte die Selektion (ich personifiziere sie jetzt der Einfachheit halber) die einzelnen Schritte in der Entstehung des Herzens erhalten, da sie doch eig. unnütz sind (ein halbes Herz bringt nichts, warum also sollten Tiere mit halben Herzen überleben)?

Oder auch die geschlechtliche Fortpflanzung: Beide Geschlechter müssen gleichzeitig über fertige und voll funktionstüchtige Geschlechtsorgane verfügen. Ist es nicht unwahrscheinlich, dass

  1. solche komplexen Organe, die genau aufeinander abgestimmt sind, durch Mutation und Selektion entstehen?
  2. sie gleichzeitig entstehen (weil sonst wäre ja gar keine Fortpflanzung möglich, das jeweilige Tier wäre also ausgestorben)?

Ist es angesichts solcher Schwierigkeiten nicht sogar logisch, den „verpönten“ Ausdruck der nichtreduzierbaren Komplexität zu benutzen? Oder gibt es seitens Evolutionsforschern vorgeschlagene schlüssige Konzepte, nach denen die Entstehung solcher (und anderer) Organe abgelaufen sein könnte?

Ich bin kein Biologe, also reißt meine Frage bitte nicht auseinander, falls sie schon längst naturwissenschaftlich beantwortet wurde. :wink: Ich freue mich auf eure Antworten …

…(ein halbes Herz bringt
nichts, warum also sollten Tiere mit halben Herzen überleben)?
…Ist es angesichts solcher Schwierigkeiten nicht sogar logisch,
den „verpönten“ Ausdruck der nichtreduzierbaren Komplexität zu
benutzen?

Hallo,

nur die letzten Entwicklungen im Tierreich haben ein Vierkammerherz wie wir, Millionen von Arten kommen dagegen mit einem halben Herz aus (Amphibien,Reptilien) oder auch mit einem Herz ohne Adern (Insekten) usw.

Die nichtreduzierbare Komplexität ist also nicht verpönt, sondern trifft einfach nicht zu, die Komplexität des Herzens ist in vielen Schritten reduzierbar (mal ganz abgesehen davon, dass das „von hinten“ gedacht ist und daher für den tatsächlichen Ablauf der Entwicklung irrelevant).

Deine ganze Argumentation ist darauf aufgebaut, dass du schlichtweg keine Ahnung hast - gerade das Herz ist wahrscheinlich ein Paradebeispiel für das Gegenteil. Aber wahrscheinlich ist der ganze Text hier eh an einen Kreationistentroll verschwendet…

Gruss Reinhard

Hallo,

Deine ganze Argumentation ist darauf aufgebaut, dass du
schlichtweg keine Ahnung hast

Ich wollte nicht argumentieren, sondern fragen (ich glaube, das ist Sinn dieser Seite). Dass ich „keine Ahnung“ von dem Thema habe, liegt wohl daran, dass ich kein Wissenschaftler bin.

wahrscheinlich ist der ganze Text hier eh an einen
Kreationistentroll verschwendet…

Hm. Soll ich das jetzt als Beleidigung auffasen? *grübel*

Ansonsten vielen Dank für deine Antwort. Sie war übrigens nicht verschwendet, sondern hat mir geholfen (ich interessiere mich nämlich wirklich für das Thema).
Könnte vielleicht noch jemand auf das von mir genannte Thema der geschlechtlichen Fortpflanzung eingehen? Und bitte nicht wieder ausfallend werden, ich möchte - wie gesagt - nicht argumentieren, sondern eine ernst gemeinte Frage beantworten haben. :smile:

wahrscheinlich ist der ganze Text hier eh an einen
Kreationistentroll verschwendet…

Hm. Soll ich das jetzt als Beleidigung auffasen? *grübel*

Hallo,

auf den ersten Blick liest sich deine Aufstellung eben wie ein typischer Kreationistentext, den du irgendwo gefunden hast, beim 2. Durchlesen allerdings muss ich feststellen, dass die Beispiele dafür recht ungeeignet gewählt sind. Den Kreationisten nehme ich hiermit zurück.

Zum 2. Beispiel, der Fortplanzung ganz kurz: schon Bakterien haben eine Art sexuelle Fortplanzung, indem sie Gene austauschen (was ja der Sinn der Sache ist, soweit man von Sinn reden kann), aber Geschlechtsorgane haben sie nicht. Auch das ist viel komplexer als von dir dargestellt. Im übrigen gibt es auch fundierte theoretische Begründungen dafür, wieso Sex und wieso 2 Geschlechter.

Paradebeispiel der Kreationisten ist meistens das Auge, weil dessen Evolution tatsächlich schwer nachvollziehbar ist. Aber gerade die Unvollkommenheit unserer Augen ist ein starkes Argument für die Entwicklung: die Netzhaut ist verkehrt herum eingebaut (die lichtempfindliche Seite zeigt nach hinten, zum Gehirn, dafür wird das Licht durch eine Art Lichtleitungen durchgeleitet). Das sieht so aus, als ob jemand den Murks zu spät bemerkt hat und dann durch Erfindung der Lichtleiter umgangen, aber ein qualifizierter Designer hätte erst mal den Grundfehler beseitigt und die Netzhaut umgedreht, eine Möglichkeit, die einer kontinuierlichen Entwicklung nicht zur Verfügung steht.

Und ganz grundsätzlich: dass man sich etwas nicht erklären kann, ist kein Beweis, dass es nicht so ist.

Gruss Reinhard

Paradebeispiel der Kreationisten ist meistens das Auge, weil
dessen Evolution tatsächlich schwer nachvollziehbar ist. Aber
gerade die Unvollkommenheit unserer Augen ist ein starkes
Argument für die Entwicklung: die Netzhaut ist verkehrt herum
eingebaut (die lichtempfindliche Seite zeigt nach hinten, zum
Gehirn, dafür wird das Licht durch eine Art Lichtleitungen
durchgeleitet). Das sieht so aus, als ob jemand den Murks zu
spät bemerkt hat und dann durch Erfindung der Lichtleiter
umgangen, aber ein qualifizierter Designer hätte erst mal den
Grundfehler beseitigt und die Netzhaut umgedreht, eine
Möglichkeit, die einer kontinuierlichen Entwicklung nicht zur
Verfügung steht.

Hi
Ich kann mich dem nur anschließen. Wir sind so unperfekt, wie es die Umwelt gerade erlaubt :wink:

Als intelligenter Designer, als Gott sozusagen, hätte ich vieles anders gemacht. Z.b. eine getrennte Atemöffnung zb. sodass man sich beim Essen nicht verschlucken kann :wink:

Okay, dann danke nochmal für die Antwort. :smile:

Hallo Mister 14%,
du schreibst u.a.

Dass ich „keine Ahnung“ von dem
Thema habe, liegt wohl daran, dass ich kein Wissenschaftler
bin.

Du brauchst nicht unbedingt Wissenschaftler zu sein um eine Ahnung zu haben. Du solltest dich mit dem Thema intensiv beschäftigen, vielleicht einmal sogar durch ein Mikroskop sehen und auch deine eigenen Überlegungen anstellen. Du berührst mit deinen Fragen ein derart umfangreiches Gebiet, daß selbst der ‚Nürnberger Trichter’ – falls es ihn gäbe – überfordert wäre.

Könnte vielleicht noch jemand auf das von mir genannte Thema
der geschlechtlichen Fortpflanzung eingehen?

Ist dir mit der Antwort, die der 15 bändige Brockhaus (1997) auf diese Frage gibt, gedient?:
„ … Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung entsteht aus zwei geschlechtlich unterschiedlichen Keimzellen durch deren Verschmelzung (à Befruchtung) und anschließender mitotischer Teilung ein neues Individuum. Die geschlechtliche Fortpflanzung bedingt eine Neukombination der Erbanlagen. … Eine sog. eingeschlechtliche Fortpflanzung ist die Jungfernzeugung (Parthenogenese), bei welcher aus unbefruchteten Eizellen Nachkommen hervorgehen (z.B. Ameisen, Bienen, Wespen, Blattläuse, Stechapfel, Tabak, Reis).“
Diese wenigen Sätze enthalten bereits eine Reihe von Fachausdrücken (geschlechtlich unterschiedlich, Keimzelle, Befruchtung, mitotisch, Erbanlagen usw.), mit denen man sich beschäftigen sollte, die man eventuell nachschlagen muß.
Um dich weiter in das Thema einzulesen, ist das Buch: „Biologie“ von N.A. Campbell, Spektrum Verlag (1997) geeignet. Es liegt sicher in Stadtbibliotheken auf. Das 34. Kapitel „Fortpflanzung und Entwicklung der Pflanzen“ umfaßt 24 DIN A4 Seiten mit 18 Abbildungen. Das 42. Kapitel: „Fortpflanzung der Tiere“ umfaßt 27 Seiten mit 21 Abbildungen.
Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beschäftigung mit der Struktur und der Organisation prokaryotischer und eukayotischer Zellen.
Zur Organismengruppe der Prokaryoten zählen die Bakterien, zu derjenigen der Eukaryoten die Protisten, Pilze, Pflanzen und Tiere.
Interessant ist die Frage, wie es zu der eukaryotischen Zelle, die komplizierter aufgebaut ist als die prokaryotische, kam. Man vermutet bereits hier eine schrittweise Entwicklung durch Zusammenfügen verschiedener prokaryotischer Zellen zur eukaryotischen Zelle über eine anaerobe, phagotrophe und amöbenähnliche, eukaryotische Urzelle (Beschreibung z.B. im Buch: „Algen“, C. van den Hoek, Thieme Verlag. 3. Auflage).

Gruß

Watergolf

Hallo Reinhard,

zu deinem Hinweis:

Paradebeispiel der Kreationisten ist meistens das Auge, weil
dessen Evolution tatsächlich schwer nachvollziehbar ist.

habe ich eine sehr gute Ausarbeitung gefunden, die auch kreationistische Überlegungen mit einbezieht:
http://www.wort-und-wissen.de/sij/sij131/sij131-1.html

Gruss

Watergolf.

[MOD]: Link klickbar gemacht