Mal eine Frage zur Wiedervereinigung

Warum waren eigentlich die USA so ziemlich als einzige Besatzungsmacht für die Wiedervereinigung?

Ich bitte darum, von polemischem Anti-Amerikanismus Abstand zu nehmen und meine Frage möglichst anhand dessen zu beantworten, was die Verantwortlichen damals selbst so gesagt haben.

Frankreich und England hatten ja ziemliche Bedenken, Deutschland wieder seine im Vergleich zum Rest Europas überproportionale Größe zurückzugeben - und wie wurde die Sowjetunion umgestimmt?

Oder gehört das jetzt ins Geschichtsbrett?

Gruß

historisch begründet
Hallo Lars,

unabhängig von aktuellen Erwägungen (Deutschlands als neuer Hauptverbündeter in Europa statt GB) kann man vielleicht einfach sagen, dass die Amerikaner gute Erfahrungen mit uns gemacht haben.

Wir sind ja quasi das Musterbeispiel eines Besiegten, der durch amerikanische Hilfe wieder hoch und auf den rechten Weg kam. Immerhin waren es ja auch die USA, die als erste das alte Feindbild sausen ließen. Dass sie dabei eigene Interessen hatten, ist klar und legitim. Schließlich konnten sie sich seitdem immer auf die Bundesrepublik verlassen, Stichwort Nachrüstung z.B.

Und dann sollte man nicht die persönlichen Beziehungen unterschätzten. Kohl und Bush sr. konnten einfach miteinander. Das galt zwar auch für Mitterand, aber so ein richtiger Franzose hat eben ersteinmal Bauchgrimmen, wenn er an ein 80-Millionen-Volk im Westen denkt. Dem 200-Millionen-Ami ist das einerlei :wink:

Andreas

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Die Amerikaner hatten einfach weniger Anlass, vor einem wiedervereinigten Deutschland Angst zu haben, sowohl wegen der weiten Entfernung als auch wegen der fehlenden schlechten Erfahrungen.

Das sah für Großbritannien und stärker noch für Frankreich schon ganz anders aus. Beide Länder waren von Deutschland mehrfach angegriffen worden. Natürlich ist die Angst, dass so etwas wieder passieren kann, heute bzw. 1989 absurd, aber die schlechte historische Erfahrung lässt sich nun mal nicht mit Argumenten entkräften.

Ein wenig fundierter dürften Bedenken wegen des erwarteten wirtschaftlichen Machtzuwachses eines wiedervereinigten Deutschland gewesen sein. Dazu ist es ja nicht gekommen (Stichwort: „blühende Landschaften“). Auch in dieser Beziehung wären die europäischen Nachbarn viel stärker betroffen gewesen als die USA.

Alle gleich…

Das sah für Großbritannien und stärker noch für Frankreich
schon ganz anders aus. Beide Länder waren von Deutschland
mehrfach angegriffen worden. Natürlich ist die Angst, dass so
etwas wieder passieren kann, heute bzw. 1989 absurd, aber die
schlechte historische Erfahrung lässt sich nun mal nicht mit
Argumenten entkräften.

Auch Frankreich und England haben D ab und zu angegriffen.
Bitte korrigiert mich, falls ich falsch liege,
aber ich glaube, die Schweiz ist so ziemlich das
einzige Land Europas, das noch keinen Angriffskrieg
geführt hat.

Ach ja, und Andorra, vermute ich mal :smile:))

Gruss, Marco

Auch Frankreich und England haben D ab und zu angegriffen.
Bitte korrigiert mich, falls ich falsch liege,
aber ich glaube, die Schweiz ist so ziemlich das
einzige Land Europas, das noch keinen Angriffskrieg
geführt hat.

Mal abgesehen davon, dass man nochmal genau definieren müsste, was man genau mit Frankreich, England und vor allem Deutschland zu welchem Zeitpunkt meint, steht das hier überhaupt nicht zur Debatte.
Wahrscheinlich würden sich auch deutsche Politiker so ihre Gedanken machen, wenn ein Nachbarstaat plötzlich sein Gebiet um ein Drittel vergrößert.

aber ich glaube, die Schweiz ist so ziemlich das
einzige Land Europas, das noch keinen Angriffskrieg
geführt hat.

naja, bis zur renaissance, da zuletzt gegen das herzogtum mailand mit territorialgewinn, danach nicht mehr…

gruß

Hi!

Warum waren eigentlich die USA so ziemlich als einzige
Besatzungsmacht für die Wiedervereinigung?

Sie wollten davon profitieren. Ein guter Freund in Europa, der seine Position dort noch ausbaut, kann kein Fehler sein, dachte man damals. Man rechnete wohl nicht mit Rot-Grün…

Frankreich und England hatten ja ziemliche Bedenken,
Deutschland wieder seine im Vergleich zum Rest Europas
überproportionale Größe zurückzugeben

Frankreich hatte Sorge, dass D wirtschaftlich und EU-politisch zu stark werden könnte. Schließlich hatte F ja eine Vorreiterrolle in der Europapolitik.
Dass D nun seine unfähigen Altpolitfunktionäre in die EU-Verwaltung entsorgt, während Frankreich dort seine Elite platziert, dürfte den Franzosen diese Angst ein wenig genommen haben.

GB hatte wohl v.a. mit tumbem Antiteutonismus in der (ja recht breiten) ungebildeten Bevölkerungsschicht zu kämpfen.
Vor einem Angrif Deutschlands hatte wohl keiner mehr wirklich Angst. Eher dürfte England darüber nachgedacht haben, dass ein derart erstarktes Deutschland auch in der EU noch mächtiger werden würde und man somit seine eigenen, oftmals mit denen der EU nciht deckungsgleichen, Interessen schwerer durchsetzen könnte.

  • und wie wurde die
    Sowjetunion umgestimmt?

Die UdSSR war so gut wie pleite, die DDR war absolut pleite.
Daher, zur Kostenvermeidung und Wegbereitung für billige Westkredite, gab man uns den mittlerweile total maroden Laden zurück.

It´s all about bucks, Kid. The rest is conversation…

Grüße,

Mathias

Das eine genannte Argument ist richtig. Die USA hatten keine großen Bedenken (weder nach 45 noch 89) das ein vereinigtes Deutschland ein Sicherheitsproblem sein könnte.
Doch wichtiger scheint mir, das die Wiedervereinigung einen großen Schritt zur Beendigung des Kalten Kriegs war und den Wirtschafts-/Kulturexport nach Osteuropa ermöglichte (ich halte es für nicht Anti-Amerikanisch der USA ein gewisses „Sendebewußtsein“ zu unterstellen).
Die Udssr war dagegen, weil es natürlich den Machtverfall attestieren würde. Aber die Auslandsschulden, gerade bei der BRD, waren eine wirtschaftliche Last, die man auf der anderen Seite tilgen mußte.
Frankreich hätte Deutschland am liebsten nach ´45 in viele Teile zerspittet. Der Wiedervereinigung zuzustimmen war also ein Abrücken von einer, wenn auch seit langem veralterten, politischen Strategie.
Zu GB fällt mir ehrlich gesagt nichts ein.

Gruß,
Hannes

danke euch! (owt)
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