der Wille und seine Folgen
Hallo Gitte,
vorweg
. Ich komme mir grad selbst etwas wirr vor …
Das geht mir im Philosophiebrett immer so. Bitte mich auch ein wenig schupsen oder bremsen, wenn es der Sache dient.
zur Klärung:
ich: wie wichtig ist mein Wille
Du: den eigenen Willen ernst nehmen
Eigentlich haben wir uns nicht widersprochen, oder?
Mir ist schon klar, es geht Dir um den bewußten Umgang mit dem eigenen Willen, wie mir auch. Erfahrungsgemäß bleibt es ja nicht beim Willen, sondern es folgen Denkprozesse mit Pläne und Taten.
Deshalb…
Das „Hinterfragen“ finde ich, wie gesagt, deshalb sehr
wichtig, weil Du dann auch erst bewusst sehen kannst, was der
eigentliche Beweggrund ist. Und Du auch bemerkst, wenn Du Dir
selbst irgendwo Steine in den Weg legst und ein „das mag ich
nicht“ vorschiebst
…verwerfe ich so manche meiner Willen, weil ich beim Nachdenken mit Folgen rechne, die ich lieber nicht erleben möchte. Nicht jeder Wille, der in einem entsteht, erscheint mir sinnvoll. Und dieses Erwägen finde ich oftmals unbefriedigend. Leichter wäre es sich entweder gehen zu lassen und immer das wollen was gefragt ist, oder grundsätzlich seinen Willen durchzusetzen.
Und hier ist ein Missverständnis: Hinterfragen und rausfinden
wieso, das heißt ja keineswegs „ständige Kontrolle“. Also nach
dem Motto: Ich will grad was schon oder nicht und drum
analysiere ich jetzt 20 Minuten lang dran rum.
Mit Kontrolle habe ich an bestimmte Situationen gedacht. Manchmal lerne ich Menschen kennen, die mir sofort aus dem Bauch raus unsympathisch sind (kommt gaaaanz selten vor
). Die will ich lieber nicht kennenlernen. Da schaltet sich der Verstand bei mir ein, der mich zu einem Umgang mit diesen Menschen (z.b. Kollegen) zwingt, bis ich genau weiss, warum bei mir die Alarmglocken angingen. Und dann habe ich mich über den Ärger mit diesen Menschen geärgert, den ich gar nicht gehabt hätte, wenn ich mich nach meiner Intuition gerichtet hätte.
Ich überleg jetzt schon dauernd, wie das bei mir ist - und ich
habe keine großen Zeitaufwand oder Kontrollmechanismus in
dieser Beziehung. Ich checke nur irgendwie automatisch auch
nach, was der Grund ist - manchmal hinterher und nicht in der
Situation.
Des kenn´ ich schon auch.
Hängt vielleicht auch damit zusammen, wie sehr man sich
generell den Willen und Entscheidung nur nach „mag ich/mag ich
nicht“ zugesteht. Oder wie stark man sich die eigene
Entscheidung - möglicherweise auch gegen Ablehnung der Umwelt
- zugesteht und traut … spontan meine ich jetzt (ohne groß
darüber nachgedacht zu haben): Wenn man sich selbst den
eigenen Willen und das Benehmen nach eigenem „will ich/will
ich nicht“ zugesteht, geht auch das Hinterfragen sicher
leichter und führt schneller zum Ergebnis als wenn man
grundsätzlich mit sich und dem Recht auf einer
„spontan-willensgesteuerten Handlung“ hadert.
Ich bin mir nicht immer sicher, wie stark mein Umfeld auf meinen Willen wirkt. Das ist eine Frage der Persönlichkeit und der Lebenserfahrung, die von Mensch zu Mensch verschieden ist.
Was mich interessiert, denn ich hab’s nicht genau verstanden.
Wie meinst Du das mit dem sich-selbst-gegenüber-nachlässig
werden? Kannst Du mir das näher erklären bitte?
Vor einigen Jahren habe ich eine folgenschwere Entscheidung getroffen, also nach langen Überlegungen habe ich meinen Willen durchgesetzt. Die unguten Folgen meines Tuns betreffen mir nahestehende Personen. Ich kann den Weg, den ich eingeschlagen habe, wieder zurückgehen, und einen Weg einschlagen, der meine Leuten gut tut, aber mir nicht (sich-selbst-gegenüber-nachlässig). Eine Zwickmühle, bei der ich ständig überlege, ob ich lieber mich gehen lassen sollte, den Weg des geringsten Widerstandes gehen, und nach dem Willen anderer Personen handeln, oder so weitermachen, zufrieden mit meinem Tun, aber immer unter dem Druck der Folgen für andere.
Eines weiss ich, auf philosophischem Wege läßt sich mein Problem nicht lösen. Aber ich fange an darüber nachzudenken, wie ich bisher mit meinen Willen und deren Folgen umgegangen bin.
ein schönes Wochenende wünscht Dir
Claudia