Mara und Buddha

Hallo,

ich suche im Internet eine möglichst Originalgetreue Wiedergabe der Legende von der Versuchung Gautamas durch Mara, bevor er Erleuchtung erlangte, möglichst auf deutsch. Worauf beruht diese Legende? Lalitavistara?

Hat da jemand einen Link?
Lieben Gruß
Marion

Deutschsprachig kann man, darf man nur, Hans W. Schumann empfehlen. Gibt’s zwar net im Internet, aber dafuer ist man schlauer im Nachhinein.

Moin,

vielen Dank für deinen Hinweis. Ich habe mehrere laufende Meter buddhistischer Literatur in meinem Regalen, darunter auch einiges von Schumann. Ich welchem Werk erwähnt er denn detailliert die von mir gesucht Legende über Mara und Gautama? Kann ja sein, dass ich das irgendwie übersehen oder gerade dieses Buch von ihm nicht im Regal hab.

Gruß
Marion

Deutschsprachig kann man, darf man nur, Hans W. Schumann
empfehlen. Gibt’s zwar net im Internet, aber dafuer ist man
schlauer im Nachhinein.

Liebe Marion,
die letzten drei Tage war bei mir Zazenkai angesagt, daher eine etwas verspätete Antwort. Der Mara-yuddha (Kampf mit Mara) ist mW eine nichtkanonische Legende, die erst in späteren hagiographischen Dichtungen auftaucht.

Von besonderer Bedeutung dürfte hier vor allem Ashvagoshas Buddhacarita (Buddhacarita-kavya-sutra) sein. Der Mara-yuddha wird in Buch XIII geschildert. Auf Sacred Texts (http://www.sacred-texts.com/bud/sbe49/sbe4915.htm) ist E. B. Cowell’s Übersetzung zu finden. Sie unterliegt auf Grund ihres Alters (veröffentlicht 1894) nicht mehr dem Copyright.

Freundliche Grüße,
Ralf

Nachtrag
Hier noch die korrespondierenden Fundstellen im Palikanon:
Khuddaka Nikaya, Sutta Nipata III,2 (Padhana-Sutta)
http://www.palikanon.com/khuddaka/sn/sn_iii02-3_454…

Ralf

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Lieber Ralf,

die letzten drei Tage war bei mir Zazenkai angesagt,

Ich dachte, da wird geschwiegen :smile:

Vielen Dank für deine Links, das hilft mir schonmal ein ganzes Stück weiter. Jetzt suche ich noch speziell Informationen zur Bhumisparsa-Mudra. Man sieht diese im Zusammenhang mit dem Sieg über Mara ja häufig bei Buddha-Statuen, allerdings sind die Informationen dazu reichlich dünn.

Ich kenne eine Erklärungsversion, in der Buddha die Erde als Zeuge anruft, dass er Erleuchtung erlangt hat und eine andere Erklärung, dass Buddha die Erde als Zeuge anruft, dass er sich überhaupt anmaßen kann, Erleuchtung anzustreben , da er entsprechende Tugenden und Fähigkeiten angesammelt hat (z.B. in früheren Leben, scheint mir typisch mahayana zu sein). Für beides fehlt mir jedoch eine gescheite Quelle.

Manchmal eine Erd"göttin" „Sthavara“ erwähnt. Handelt es sich hier tatsächlich um eine Gottheit (wenn ja, aus welcher Mythologie) oder ist das eine Fehlinterpretation und Sthavara steht lediglich für die Erde (wie kann diese dann etwas „bezeugen“)?

Hast du dazu auch noch was?

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang wäre, wieso Mara meint, ihm seinen Platz streitig machen zu können. Mara behauptet, dass Gautama auf dem ihm (Mara) zustehenden Platz säße. Hast du eine Idee, was damit gemeint sein kann?

Lieben Gruß
mit vielen Fragen
Marion

Moin Marion,

Ich dachte, da wird geschwiegen :smile:

eisern und verbissen - aber erst nach Ansage :wink:

Jetzt suche ich noch speziell Informationen zur
Bhumisparsa-Mudra. Man sieht diese im Zusammenhang mit dem
Sieg über Mara ja häufig bei Buddha-Statuen, allerdings sind
die Informationen dazu reichlich dünn.

Ich kenne eine Erklärungsversion, in der Buddha die Erde als
Zeuge anruft, dass er Erleuchtung erlangt hat und eine
andere Erklärung, dass Buddha die Erde als Zeuge anruft, dass
er sich überhaupt anmaßen kann, Erleuchtung
anzustreben , da er entsprechende Tugenden und
Fähigkeiten angesammelt hat (z.B. in früheren Leben, scheint
mir typisch mahayana zu sein). Für beides fehlt mir jedoch
eine gescheite Quelle.

die fehlt mir leider auch. Es gibt hier in der Tat zwei Traditionen in der Schilderung des maravijaya (des Sieges über Mara), der eben durch die Erdberührungsgeste (bhumisparsa-mudra) symbolisiert wird. Nach der einen Tradition (die mir die ältere zu sein scheint) leugnet Mara das Erwachen Shakyamunis und dieser ruft die Erde als Zeuge an. Die Geste findet also nach anuttara samyak sambodhi (der ‚Erleuchtung‘) statt.

In der anderen Version ist die Geste Höhepunkt und Ende des mara-yuddha. Buddha ruft die Erde als Zeuge dafür an, das er durch die Übung der parami (‚Tugenden‘) in zahllosen Existenzen das Recht erworben habe, nun moksha (Befreiung) zu erlangen. Dieses Recht bestreitet Mara, der sich als unumschränkter und unüberwindlicher Herrscher des samsara betrachtet und Shakyamuni allenfalls den Rang eines cakravartin, eines höchsten und absoluten Weltenherrschers zugestehen will. Dies zu Deiner Schlußfrage

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang wäre, wieso Mara
meint, ihm seinen Platz streitig machen zu können. Mara
behauptet, dass Gautama auf dem ihm (Mara) zustehenden Platz
säße.

Es geht also um die grundsätzliche Fragestellung, ob moksha, also ein Ausweg aus samsara und damit ein Überwinden Maras überhaupt möglich ist. Diesen Anspruch erhebt Buddha, als er sich mit dem festen Vorsatz unter dem Bodhibaum niederlässt, sich erst wieder zu erheben, wenn er Befreiung erlangt hat.

Zurück zum bhumisparsa - auf die Anrufung der Erde als Zeugin erscheint die Erdgöttin Torani (oder Thorani), die das Wasser aus ihrem nassen, schwarzen Haar wringt und so Mara und seine Scharen ertränkt. Hier ist das bhumisparsa-mudra also vor dem eigentlichen Erwachen bzw. leitet es ein.

Trotz der sehr ausgeschmückten und bildreichen Erzählung ist diese Version nicht( ! ) (jedenfalls nicht ausschließlich) dem Mahayana zuzuordnen - sie findet sich als bildliche Darstellung z.B. in thailändischen (also theravadischen) Tempeln (vgl. etwa http://www.umich.edu/~hartspc/acsaa/Acsaa/LLabelPdf/… - leider ohne die zugehörigen Bilder). ‚Torani‘ ist vermutlich die thailändische Lesart von Prthvi(?). Wie gesagt, kenne ich keine schriftliche Quelle für diese Version des mara-yuddha - möglicherweise ist sie verloren gegangen oder es handelt sich gar um eine ausschließlich mündlich tradierte ikonographische Tradition.

Ich muss dazu allerdings sagen, dass Hagiographie nicht so sehr mein Ding ist - Lalitavistara und Mahavastu z.B. kenne ich nicht. An das Buddhacarita bin ich eigentlich auch nur geraten, weil es im selben Band wie F. Max Müllers Übersetzungen des Hrdaya-sutra und des Vajraccheddika (Sacred Books of the East Bd. 49) veröffentlicht wurde. Damals, im finsteren Mittelalter, gab es noch kein Internet - man bestellte solche Bücher bei Motilal Banarsidas in Varanasi und wartete dann ein Vierteljahr auf die Lieferung und ließ sich damit überraschen, was man da eigentlich gekauft hatte …

Manchmal eine Erd"göttin" „Sthavara“ erwähnt. Handelt es sich
hier tatsächlich um eine Gottheit (wenn ja, aus welcher
Mythologie) oder ist das eine Fehlinterpretation und Sthavara
steht lediglich für die Erde (wie kann diese dann etwas
„bezeugen“)?

Sthavara‘ ist mir eigentlich nur als Gattungsbegriff bekannt (Herleitung von ‚stha‘, stehen). Also das Stehende, das Unbewegliche - es wird für Pflanzen benutzt im Gegensatz zu den ‚beweglichen‘ Lebewesen, den ‚Gehern‘ (Jangama).

Auf Prthvi, die hinduistische Erdgöttin, habe ich ja schon verwiesen. Der Name belegt, dass der Mythos verhältnismäßig jungen Datums ist, da der Veda (genauer: die Sanhitas) diese Göttin noch nicht kennen. Gerade hier wird deutlich, dass die vedische Religion die Religion von viehzüchtenden Nomaden war, nicht von Bauern. Zwar findet hier der nährende Aspekt auch seinen Ausdruck in weiblichen Göttergestalten, doch sind diese nicht chthonisch, sondern ‚kuhgestaltig‘ (Ida und Aditi).

Es gibt freilich im Atharvaveda den großartigen Hymnus an die Erde (Atharvaveda XII,1), die hier als ‚Herrscherin‘ und vor allem als ‚Mutter‘ adressiert wird - doch trägt sie darüber hinaus kaum anthropomorphe Züge; es ist mE sehr zweifelhaft, ob sie überhaupt als devi aufgefasst wurde; sie hat auch keinen speziellen Namen sondern ist einfach ‚Erde‘, bhumi. Allenfalls wäre als Gegenargument anzuführen, dass ihr als ‚Mutter‘ der Gewittergott Parjanya als Vaterfigur beigegeben wird. Dies verweist deutlich auf den zugrundeliegenden sexuell gefärbten Fruchtbarkeitsmythos - der die Erde befruchtende Regen. Nun trägt Parjanya allerdings ebenfalls nur schwach anthropomorphe Züge - vor allem im Vergleich zu dem weitaus bedeutenderen (offensichtlich jüngeren) Gewittergott Indra. Es ist wohl ein sehr altes Substrat, das da stellenweise in den vedischen Hymnen aufscheint - Parjanya scheint noch indoeuropäischen (proto-indoarischen) Ursprungs (*perk(w)unos) und verwandt mit dem litauischen Perkunas und dem altnordischen Wettergott Fjörgyn zu sein (lt. Oldenberg).

Ansonsten haben die vedischen ‚Erdgötter‘ deutlich männliche Züge, so Vastoshpati (‚Herr der Stätte‘) und Kshetrasya pati (‚Herr des Feldes‘). Diese gehören nicht zu den ‚großen‘ vedischen Göttern; vermutlich handelt es sich auch nicht um einzelne Götter sondern um verschiedene Typen von Genii loci.

Hier lässt sich nun wiederum eine Brücke schlagen zum frühen Buddhismus, finden wir doch im Vinaya (Mahavagga, Khandaka I,6.30) als unterste Klasse der devas die bhumma deva (‚in der Erde wohnenden Götter‘) erwähnt - gefolgt von den devas der höheren devalokas, unter ihnen (auf dritter Stufe) die tavatimsa deva, die 33 ‚großen‘ vedischen Götter. Langer Rede kurzer Sinn - zu Buddhas Lebzeiten (und wohl noch lange danach) war eine anthropomorphe Erdgöttin welchen Namens auch immer mit ziemlicher Sicherheit unbekannt. Die Legende von der Anrufung der Erdgöttin mit der bhumisparsa - Geste ist mE eindeutig eine recht späte, stark hinduistisch geprägte Bildung.

Liebe Grüße,
Ralf

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Moin Ralf,

Es gibt hier in der Tat zwei
Traditionen in der Schilderung des maravijaya (des
Sieges über Mara), der eben durch die Erdberührungsgeste
(bhumisparsa-mudra) symbolisiert wird. Nach der einen
Tradition (die mir die ältere zu sein scheint) leugnet Mara
das Erwachen Shakyamunis und dieser ruft die Erde als Zeuge
an. Die Geste findet also nach anuttara samyak
sambodhi
(der ‚Erleuchtung‘) statt.

In der anderen Version ist die Geste Höhepunkt und Ende des
mara-yuddha. Buddha ruft die Erde als Zeuge dafür an,
das er durch die Übung der parami (‚Tugenden‘) in
zahllosen Existenzen das Recht erworben habe, nun
moksha (Befreiung) zu erlangen. Dieses Recht bestreitet
Mara, der sich als unumschränkter und unüberwindlicher
Herrscher des samsara betrachtet und Shakyamuni
allenfalls den Rang eines cakravartin, eines höchsten
und absoluten Weltenherrschers zugestehen will.

Genau diese beiden Versionen kenne ich auch.

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang wäre, wieso Mara
meint, ihm seinen Platz streitig machen zu können. Mara
behauptet, dass Gautama auf dem ihm (Mara) zustehenden Platz
säße.

Es geht also um die grundsätzliche Fragestellung, ob
moksha, also ein Ausweg aus samsara und damit
ein Überwinden Maras überhaupt möglich ist. Diesen Anspruch
erhebt Buddha, als er sich mit dem festen Vorsatz unter dem
Bodhibaum niederlässt, sich erst wieder zu erheben, wenn er
Befreiung erlangt hat.

Richtig, das ruft Mara ja erst auf den Plan. Aber ich meinte das in Bezug auf die zweite Version der Geschichte (oben). Wie kann Mara das Recht Gautamas bestreiten?

Zurück zum bhumisparsa - auf die Anrufung der Erde als
Zeugin erscheint die Erdgöttin Torani (oder Thorani), die das
Wasser aus ihrem nassen, schwarzen Haar wringt und so Mara und
seine Scharen ertränkt. Hier ist das bhumisparsa-mudra
also vor dem eigentlichen Erwachen bzw. leitet es ein.

Trotz der sehr ausgeschmückten und bildreichen Erzählung ist
diese Version nicht( ! ) (jedenfalls nicht
ausschließlich) dem Mahayana zuzuordnen - sie findet sich als
bildliche Darstellung z.B. in thailändischen (also
theravadischen) Tempeln (vgl. etwa
http://www.umich.edu/~hartspc/acsaa/Acsaa/LLabelPdf/… -
leider ohne die zugehörigen Bilder). ‚Torani‘ ist vermutlich
die thailändische Lesart von Prthvi(?). Wie gesagt,
kenne ich keine schriftliche Quelle für diese Version des
mara-yuddha - möglicherweise ist sie verloren gegangen
oder es handelt sich gar um eine ausschließlich mündlich
tradierte ikonographische Tradition.

Diese Version mit der Frau und den Haaren kannte ich noch gar nicht. Ist es vielleicht etwas, was speziell die Thais erst später dazu erdacht haben?

Ich muss dazu allerdings sagen, dass Hagiographie nicht so
sehr mein Ding ist

Ich sehe in der Geschichte schon mehr als nur eine Legende. Es geht ja um die Hindernisse (symbolisiert durch Mara), die der Gautama erstmal überwinden muss, um überhaupt ernsthaft daran arbeiten zu können, Erleuchtung zu erlangen, also mit Aggression verbundenen Aufruhr des Geistes (Maras Armee), Zelbstzweifel (du gehört nicht auf diese Platz, was maßt du dir an, es überhaupt zu versuchen) und die Verlockungen von Samsara (das Leben ist doch so schön, Frauen, Wohlstand, Macht etc.). Auch die „Gegenmittel“, die der Gautama anwendet, werden ja genannt (sammatha (Buddha läßt sich nicht aus der Ruhe bringen), metta (Waffen werden in Blumen verwandelt), ethisch korrekte Vergangenheit und rechte Anstrengung (bezeugt durch die Erde), Einsicht in die Unbeständigkeit von Samsara (auch die Schönheit der Töchter Maras ist vergänglich) etc.). Somit finde ich die Geschichte auch für buddhistisch Praktizierende recht erhellend :smile:

Damals, im
finsteren Mittelalter, gab es noch kein Internet - man
bestellte solche Bücher bei Motilal Banarsidas in Varanasi und
wartete dann ein Vierteljahr auf die Lieferung und ließ sich
damit überraschen, was man da eigentlich gekauft hatte …

Davon kann ich auch ein paar Geschichten erzählen :smile: Allerdings finde ich es heute auch nicht soo viel einfacher, an Literatur zu kommen, die über die Sekundärliteratur populär-buddhistischer Themen hinausgeht.

Es gibt freilich im Atharvaveda den großartigen Hymnus an die
Erde (Atharvaveda XII,1), die hier als ‚Herrscherin‘ und vor
allem als ‚Mutter‘ adressiert wird - doch trägt sie darüber
hinaus kaum anthropomorphe Züge; es ist mE sehr zweifelhaft,
ob sie überhaupt als devi aufgefasst wurde; sie hat
auch keinen speziellen Namen sondern ist einfach ‚Erde‘,
bhumi.

Danke, super Hinweise. Ich könnte mir vorstellen, dass diese in der ursprünglichen Erzählung gemeint war, denn wie gesagt, mir ist die Form der personifizierung der Erdgötting, wie durch die Frau mit den langen Haaren, noch gar nicht bekannt gewesen. Ich kenn nur die Version, dass „die Erde“ als Antwort auf die Anrufung „bebt“ bzw. „rumpelt“, somit also keine Personifizierung stattfindet.

Langer Rede kurzer Sinn - zu Buddhas
Lebzeiten (und wohl noch lange danach) war eine anthropomorphe
Erdgöttin welchen Namens auch immer mit ziemlicher Sicherheit
unbekannt. Die Legende von der Anrufung der Erdgöttin mit der
bhumisparsa - Geste ist mE eindeutig eine recht späte,
stark hinduistisch geprägte Bildung.

Eine „anthropomorphe“ Erdgöttin vielleicht nicht, aber das Atharvaveda gab es ja auch schon zu Buddhas Lebzeiten, somit könnte ich mir vorstellen das (falls die dort erwähnte Erdgötting gemeint ist, wovon ich aufgrund der eben nicht personifizierten Gestalt der Version, die ich kenne ausgehe) die Legende eben doch schon recht alt ist.

Auf jeden Fall ein spannendes Thema :smile:

Lieben Gruß
Marion

Moin Marion,

ich meinte
das in Bezug auf die zweite Version der Geschichte (oben). Wie
kann Mara das Recht Gautamas bestreiten?

es geht um Herrschaft - ‚Recht‘ oder ‚nicht Recht‘ sind da - wie immer - nur Vorwände. Mara ist seit etlichen kalpas absoluter Beherrrscher des samsara (er ist das personifizierte samsara). Buddha schickt sich nun zu seiner Überwindung an. Dies wird durch die Metapher einer Schlacht ausgerückt - und Anlässe solcher Schlachten sind nun einmal Macht- und Herrschaftsfragen. Die Metapher hinkt da halt ziemlich. :wink: So fasse ich es jedenfalls auf …

Diese Version mit der Frau und den Haaren kannte ich noch gar
nicht. Ist es vielleicht etwas, was speziell die Thais erst
später dazu erdacht haben?

Das wohl nicht - die Legende ist auch in Burma / Myanmar bekannt. Die ursprüngliche Quelle ist mit ziemlicher Sicherheit indisch - Torani / Thorani (meist ‚Mae Torani‘, Mutter Torani) scheint mir von skrt ‚dharani‘ abgeleitet, wie ‚bhumi‘ ein Wort für Erde, während ‚prthvi‘ der wohl gängigste Name der (Hindu-)Erdgöttin ist (und im Kontext der 5 Elemente das abstrakte Element ‚Erde‘ bezeichnet).

In der tibetischen oder chinesischen Ikonographie ist mir eine Erdgöttin im Zusammenhang mit dem mara-yuddha freilich auch noch nicht begegnet - da ist man etwas prosaischer als bei den Kollegen vom anderen Fahrzeug. Obwohl es man es natürlich gerade anders herum erwarten würde :wink:.

Ich sehe in der Geschichte schon mehr als nur eine Legende.

Ja sicher, Allegorie ist wohl auch treffender als Legende.

Allerdings finde ich es heute auch nicht soo viel einfacher,
an Literatur zu kommen, die über die Sekundärliteratur
populär-buddhistischer Themen hinausgeht.

Das sehe ich auch so - alle möglichen Leute fühlen sich berufen, ein Buch in der Kategorie ‚Buddhismus für Dummies‘ zu schreiben. Sicher braucht es auch so etwas (wenn auch nicht unbedingt in der Menge), aber bei Literatur für ‚Fortgeschrittene‘ wird’s schon recht dünn. Das verkauft sich halt nicht so gut …

Ich könnte mir vorstellen, dass diese
in der ursprünglichen Erzählung gemeint war, denn wie gesagt,
mir ist die Form der personifizierung der Erdgötting, wie
durch die Frau mit den langen Haaren, noch gar nicht bekannt
gewesen. Ich kenn nur die Version, dass „die Erde“ als
Antwort auf die Anrufung „bebt“ bzw. „rumpelt“, somit also
keine Personifizierung stattfindet.

Richtig, so wird die Episode ja auch im Padhana-sutta geschildert und auch dort ist nur von ‚bhumi‘ die Rede. Interessant ist auch, dass nicht einmal Maras Töchter im Padhana-sutta genannt werden - dafür im Mara-samyutta (S.4.25). Das ist also ein verspäteter ‚Verführungsversuch‘, nach Buddhas Erwachen. Gemäß Palikanon verfolgt Mara Shakyamuni sechs Jahre vor und noch ein weiteres Jahr nach seinem Erwachen. Die Erzählungen des Mara-samyutta fallen in dieses letzte Jahr.

Man sieht, dass die Dramatik in der Schilderung des mara-yuddha nach und nach gesteigert wurde. Die (allegorisch lehrreiche) Episode mit Maras Töchtern wurde erst mit der Zeit Bestandteil des mara-yuddha, Ashvagosha fügte ja auch noch drei Söhne Maras hinzu. Schließlich die sehr farbige Ausgestaltung mit der auch noch persönlich auftretenden Erdgöttin. In der Form erinnert diese Schilderung eher an eine Episode des Mahabharata oder des Ramayana als an die Sutten des Palikanon.

Eine „anthropomorphe“ Erdgöttin vielleicht nicht, aber das
Atharvaveda gab es ja auch schon zu Buddhas Lebzeiten, somit
könnte ich mir vorstellen das (falls die dort erwähnte
Erdgötting gemeint ist, wovon ich aufgrund der eben nicht
personifizierten Gestalt der Version, die ich kenne ausgehe)
die Legende eben doch schon recht alt ist.

Das Padhana-sutta düfte (der inneren Logik der Entwicklung folgend) von allen greifbaren Darstellungen die älteste sein. Was nicht notwendig heisst, dass es die in didaktischer Hinsicht am nützlichsten ist … Wie alt das Padhana-sutta nun tatsächlich ist und ob die Erzählung von Shakyamunis Erwachen ursprünglich nicht nur auf eine Personifikation der Erde verzichtete, sondern auch auf einen als Person auftretenden Mara (samt Heerscharen) lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden. Auch im Padhana-sutta ist bei Mara die Schwelle von einer reinen Metapher hin zur Allegorie schon überschritten …

Herzliche Grüße,
Ralf