Materialisierung des Internets

Hallo Experten,

ich würde gerne genauer verstehen und mir vorstellen können, „wie“ das Internet ist, und zwar besonders seine materielle Realität. Ganz so körperlos, wie man immer das Gefühl hat, kann es ja nicht sein. Z.B. soll in Frankfurt ein riesiger „Knoten“ sein, der große Teile Europas miteinander verbindet.

Da ich keine richtige Vorstellung habe, fallen mir konkrete Fragen schwer, aber ich versuche es mal:

  • Wie sehen solche Rechenzentren oder „Serverfarmen“ aus, füllen die vier Räume oder vier achtstöckige Häuser? Würde bei einem Bombenanschlag dort das europäische Netz zusammenbrechen?

  • Wo werden Informationen des Internets konkret gespeichert? Hat Wikipedia ein Haus, in dem alle Daten drin sind?

  • Warum gehen Daten offenbar kaum verloren? Sind sie auf unzähligen Computern gespeichert? Aber nach welchem System?

Für Antworten, hilfreiche Links oder kluge Bücher wäre ich dankbar!
Gruß!
Karl

Hallo

  • Wie sehen solche Rechenzentren oder „Serverfarmen“ aus(…)?

Ein Rechenzentrum kann ungefähr so aussehen, wie hier zu sehen:
http://www.zdnet.de/39137720/bildergalerie-strato-re…

Oder: https://www.google.ch/search?num=10&hl=de&site=imghp…

Je nachdem ist das eine Halle oder auch ein ganzes Gebäude mit mehreren Etagen. Bzw. mitunter auch mehrere Gebäude. Teils unterirdisch, teils oberirdisch.

Ob durch einen Bombenanschlag gleich ganz Europa betroffen wäre, kommt darauf an, wo genau die Bombe hoch geht. Aber ich bezweifle, dass man da einfach so ganz Europa lahmlegen könnte, da es ja pro Land diverse Internet-Provider mit entsprechender Infrastruktur gibt.

  • Wo werden Informationen des Internets konkret gespeichert?
    Hat Wikipedia ein Haus, in dem alle Daten drin sind?

Wikipedia speichert die Daten auf Servern, die in solchen Rechenzentren stehen. Wobei die wohl eher Server mieten. Eine Firma wie Google hat dagegen selber Rechenzentren in der Welt verteilt und dort sind ihre eigenen Server untergebracht.

  • Warum gehen Daten offenbar kaum verloren? Sind sie auf
    unzähligen Computern gespeichert? Aber nach welchem System?

Je nachdem sind die Daten tatsächlich auf mehreren Computern gespeichert. Sei es, weil der Urheber bewusst mehrere Server betreibt, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Oder weil die Daten bei diversen Proxyservern zwischengespeichert oder auch von Diensten wie http://www.archive.org erhalten bleiben.

CU
Peter

Hallo,

vielleicht auch interessant. Ein virtueller Rundgang durch ein Rechenzentrum:

http://www.datadock.eu/de/tour.php

Grüße

godam

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Zum thema ausfall,

die grossen datacenters gibt es meistens „mehrfach“ würde es mit frankfurt z.b. komplett ausfallen, würde ein anderes als cob direkt übernehmen.

hth

Danke für die ersten Einsichten! owt
.

Hallo,

ein Grundprinzip des Internets ist seine Ausfallsicherheit durch verteilte und (teil-)vermaschte Strukturen. D.h. es gibt natürlich besonders neuralgische Punkte, aber grundsätzlich ist das Internet so beschaffen, dass es eben keinen zentralen Punkt gibt, dessen Ausfall das gesamte Netz lahm legen könnte, und auch die Verbindungswege sind so ausgelegt, dass jeder Punkt auf unterschiedlichen Wegen von jedem anderen Punkt erreichbar ist (oder zumindest erreichbar sein kann, wenn man dies möchte). D.h. fällt eine Strecke aus oder ist auch nur überlastet, wird auf einen anderen Weg ausgewichen, wie wenn man mit dem Auto einen Stau umfährt.

Hintergrund ist der, dass der Vorläufer des heutigen Internets, das Arpanet, 1962 mitten im kalten Krieg entstand. Zwar zunächst nur als Vernetzung universitäterer Forschungseinrichtungen mit militärischer Bedeutung, und - jetzt kann man der einen oder der anderen Darstellung glauben - ohne direkte Bestrebungen auch im Falle eines nuklearen Angriffs noch zur Verfügung zu stehen. Jedoch sind sich dann wieder alle einig, dass zumindest im weiteren Verlauf der Entwicklung die Ausfallsicherheit durch verteilte Strukturen zumindest auch mehr und mehr militärische Bedeutung bekam/der Vorteil verteilter Strukturen für den Ernstfall zumindest „gesehen“ wurde.

Wie schon geschrieben, mag sich da jeder sein eigenes Bild machen, was richtig oder falsch ist, und ob Wikipedia oder wer auch immer da die „bessere“ Wahrheit hat, … Aber Fakt ist jedenfalls, dass aus inzwischen bestehenden wirtschaftlichen Anforderungen die Ausfallsicherheit bis heute eine sehr große Rolle spielt, und insoweit räumlich getrennte, gespiegelte Rechenzentren mit mehrfacher Netzanbindung über verschiedene Himmelsrichtungen (genau so gemeint, wie geschrieben, da gehen tatsächlich vier Kabel durch vier unterschiedliche Außenwände von den Gebäuden weg, von denen das eine bei der Telekom, das nächste bei Colt, … angeschlossen ist) der Regelfall bei professionellen, großen RZ-Betreibern sind.

Dazu kommen dann so Geschichten wie an sich zentral benötigte Dienste, die ebenfalls dezentral aufgezogen sind, und sich gegenseitig abgleichen (z.B. DNS), wodurch auch insoweit eine Ausfallsicherheit gegeben ist.

Und durch zunehmende Virtualisierung von Servern muss man sich auch mehr und mehr von dem Bild trennen, dass auf einem Server ganz konkret ein bestimmter Dienst läuft, oder ganz bestimmte Daten liegen. Das trifft in einem Moment zu, aber kann gleich schon wieder ganz anders aussehen. Große RZ-Provider lagern vollautomatisch und von außen nicht bemerkbar ständig Dinge zwischen möglichst standardisierten, physischen Servern um, wie es im jeweiligen Moment gerade sinnvoll erscheint.

D.h. Du kannst zwar sagen, dass Firma X hier und da ein Rechenzentrum hat, und diese sich gegenseitig Ausfallsicherheit bieten, weißt aber dadurch noch lange nicht, was in welchem Moment gerade auf welchem der tausenden Server stattfindet.

Gruß vom Wiz