Die Spielregeln der atomaren Abschreckung
Moin peet,
die Spielregeln der atomaren Abschreckung lauten, einem möglichen Aggressor klarzumachen, dass ein Angriff sinnlos sei, da selbst nach erfolgtem „erfolgreichen“ Angriff dem Aggressor durch Einsatz einer Atombombe noch maximaler Schaden zugefügt werden kann.
Essentieller Bestandteil dieser Abschreckungsstrategie ist jedoch, dass man es dem anderen auch zutraut, im Fall eines Falles die Atombombe einzusetzen. Während des kalten Krieges war dieses Misstrauen zwischen den beiden Blöcken allgegenwärtig. Die USA hatten bereits bewiesen, dass sie die Atombombe einsetzen würden, und „den Russen“ war eh alles Böse zuzutrauen. Es gab nie einen Zweifel daran, dass das atomare Schlachtfeld der beiden Blöcke vermutlich Mitteleuropa sein würde, also wir.
Nun denn, Mitteleuropa ist anscheinend mit viel Glück nochmal davongekommen, der kalte Krieg ist beendet und die Blöcke haben sich, genau wie die möglichen und tatsächlichen Schlachtfelder der Hegemonialpolitik verschoben. Nun heißt es also nicht mehr „wir“ gegen „die Russen“ sondern „wir“ gegen „die Islamisten“ ? Und wieder wird auf allen Seiten atomar aufgerüstet und wieder die gleichen Drohgebärden. Also alles nichts neues ?
Für uns in Europa kaum. Neu ist jedoch, dass der Atomwaffensperrvertrag keinen Schutz mehr für Länder bietet, die ihrerseits auf Atomwaffen verzichten. Nachdem ein quasi entwaffneter Irak ohne völkerrechtliche Sanktionen für die Aggressoren überfallen worden ist, welcher Staat (außer den Atomstaaten) soll sich da noch sicher fühlen ? Ist es nicht gerade die Lehre, die andere Länder zwangsläufig aus dem Irak-Krieg ziehen müssen, dass nur Atomwaffen ihnen Sicherheit bieten ?
Sicher gibt es jetzt ein großes Geschrei. Aber wo war das Geschrei, als die USA „nicht mehr ausschlossen“ im Irak taktische Nuklearwaffen einzusetzen ? Wo war das Geschrei, als bekannt wurde, dass die Israelis vermutlich im Besitz von Atomwaffen sind ? Sind es denn nur ein paar gewesen, denen klar wurde, dass Israel und die USA dabei sind, den status quo zu verändern ? Eine gegenseitige Bedrohung funktioniert nur so lange als „Friedenssicherung“, wie die Annahme besteht, dass beide Seiten gleich stark sind und somit keine gewinnen kann, und solange keine der beiden Seiten die Nerven verliert. Zumindest das sollten wir aus dem Kalten Krieg gelernt haben.
Versteh mich nicht falsch. Ich halte das Geschrei gegen die Äußerungen der aktuellen Regierung des Irans für durchaus berechtigt. Es ist aber auch allgemein bekannt, dass der Iran und Syrien auf der Abschussliste der USA stehen. Ist es ein Zufall, dass der Iran in dem Moment besonders laut anfängt zu trommeln, indem Assad anfängt zu wanken ?
Angeblich gab es während des Kalten Krieges ein Reisebüro in den USA, dass damit warb „Besuchen sie Europa, solange es noch steht“. Ja, ein solcher Spruch wäre bezüglich Israel sicher undenkbar. Bezüglich des Iran auch ?
Gruß
Marion