Mein 26 Monate alter Sohn schreit 70 % des Tages

Hallo,

meine Frage wendet sich an alle die vergleichbare Erfahrungen gemacht haben oder sonstige Erfahrungen damit haben.
Mein Sohn schreit nahezu den ganzen Tag, körperliche/gesundheitliche Gründe können ausgeschlossen werden.
Er schreit immer wenn ihm etwas nicht passt und das nicht nur wenn man ihn etwas verbietet. Letztes Beispiel: Nach seinem Mittagsschläfchen kuschel ich mit ihm etwas auf der Couch, ich verändere die Position von meinen Beinen von angewinkelt zu ausgestreckt und er bekommt einen hysterischen Wutanfall, mit schrillen schreien, dauerhaftets uberstrecken und jeglichen verlust von Ansprechbarkeit.
Das geht tagtäglich so, zu jeder Gelegenheit. Seine Schreiattacken können von 3-40 Minuten dauern, oft kommt es vor das er so sehr schreit das er sich übergeben muss, auch darauf gebe ich ihn keine große Reaktion, damit er nicht das Gefühl bekommt damit Macht erlangen zu können, ich mach ihn sauber und sage ihm das es nicht schlimm ist das es ihm passiert ist. Bisher habe ich es mit Geduld, dem schreien weder positive noch negative Reaktion geben, mit auf ihm zu gehen, ihn ignorieren bis er sich beruhigt hat usw. versucht, sprich, ich habe jeden Tipp versucht der mir gegeben wurde über längere Zeit ausprobiert. Nur jetzt kommen 2 neue Probleme hinzu.
Meinen Mann geht das so nah das er langsam depressiv wird (zudem verweigert sich unser Sohn ihm total)
das andere Problem unsere ältere Tochter 6 Jahre hat schon soviel Frust in sich aufgebaut das sie ihm gegenüber aggressiv wird wenn er sie wieder mal bedrängt oder mit schreien versucht sich bei ihr durchzusetzten, Sie schubst ihn so stark das er sich sogar schon verletzt hat. (Ja ich habe darauf geachtet das sowohl sie als auch er sich mal durchsetzt, es ist also nicht das er das Gefühl hat sowieso nie zu Gewinnen genauso verhält es sich umgekehrt)
Das ganze geht… eigentlich schon immer so.
Seit seiner Geburt schreit er, erst waren es Koliken, dann eine Bakterielle Infektion mit Krankenhaus aufenthalt, dann die Zähne… wir hatte noch nie eine längere Phase wo es mal wirklich gut gewesen wäre. Klar mal eine Woche wo es besser war, aber wir hatten noch nie einen Tag ohne einen dieser Schreianfälle.
Die ersten 17 Monate seines Lebens hat er so gut wie nicht geschlafen (ich also auch nicht, nie mehr als max. 2 Stunden am Stück), bis zur Schlaftherapie… kein leichter Schritt, aber seit dem schläft er zumindest besser.
Daher habe ich überlegt auch für dieses Problem mir professionelle Hilfe zu holen, habt ihr damit Erfahrungen?
Bitte gebt mir Antworten, jede neue Inspiration kann uns helfen!
Danke

Hallo,

Oh weh, das hört sich ja schlimm an. Irgendwelche Diagnosen aus der Ferne sind natürlich schlecht möglich. Habt ihr Euch denn schon professionelle Beratung geholt, die über den Kinderarzt hinaus geht?
Mein Tipp wäre es sich an ein SPZ ( Sozialpädiatrisches Zentrum) zu wenden. Dort gibt es multiprofessionelle Beratung. Das heißt: Ärzte, Therapeuten, Psychologen…

So, wie Du das beschreibst reagierst Du ja sehr adäquat auf Deinen Sohn. Für mich hört sich das eher an wie eine Regulationsstörung. Ihr solltet euch auf jeden Fall Unterstützung holen, vor allem auch, weil es den Rest der Familie ja sehr belastet. Und: sollte euer Sohn tatsächlich Probleme haben, so ist es wichtig frühzeitig eine Diagnose zu bekommen, um auch Finanzierungen zu sichern. Sollte es sich z.B um frühkindlichen Autismus handeln (hier ist eine Diagnose mit 2 Jahren allerdings kaum möglich) gibt es eine Menge Unterstützungsmöglichkeiten).

Spricht Euer Sohn? Wie ist er im Kontakt zu Euch? Gibt es gravierende Unterschiede zur Entwicklung eurer Tochter?
Du kannst mich auch gern privat kontaktieren, um hier nicht alles breit zu treten. ([email protected]).

LG Nicole

Hallo,
ich empfehle Ihnen dringend, professionelle Hilfe zu suchen. Ansprechpartner sind z.B. Kinderkliniken mit Ambulanz für „Schreikinder“; ob dies Ihr Problem genau trifft, kann ich so nicht beurteilen. Aber die Ambulanz einer Kinderklinik mit ärztlicher und psychologischer Diagnostik kann da genaueres sagen.
Wenn das Schlaftraining etwas gebracht hat, spricht doch nichts dagegen, erneut Hilfe zu suchen und umzusetzen. Gehen Sie diesen Schritt, am besten Sie und Ihr Mann gemeinsam.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Bemilou

Hallo,

danke für deine schnelle Antwort.

Mein sohn, mal ganz abgesehen von seinem schreien, ist sonst völlig normal entwickelt. Er spricht, laut KITA, sei er sogar überdurchschnittlich Kommunikativ, er spielt altersentsprechend mal mit Kindern, mal ohne. Er holt sich Gesellschaft wenn er sie braucht, naja eben ganz normal!

Er scheint auch in der kita relativ unauffällig zu sein. Bisher wurden wir erst einmal über einen 1 stündigen „weinprotest“ informiert. allerdings war der wohl auch im Vergleich relativ harmlos. (Aber er ist auch erst seit 3 Wochen in der KITA)

Das Problem scheint sich auch im großen und ganzen auf Räumlichkeiten zu beziehen wo er sich mit seiner Familie auseinander setzten muss, also auch bei den Großeltern (nur da auch nicht ganz so schlimm).

Gestern waren wir einen ganzen Tag in einem Kinderfreizeitpark und da war alles bis auf eine 20 minütige Schreiattacke alles ruhig.

Umso mehr Regeln, umso beengter der Raum, umso schlimmer wird es.

Wir haben uns jetzt entschlossen professionlle Hilfe zu suchen und haben da auch schon einen Kontakt.

Ich denke Frühkindlicher Autismus o.ä. kann man zum Glück ausschließen…

LG
Schmetterling

hallo liebe schmetterling2006,

ich bin erst jetzt aus dem urlaub zurück, so dass ich nicht früher antworten konnte.

du schreibst, dass du schon viel ausprobiert hast und dich bemüht hast, aber es mit den schreiattacken deines sohnes nicht besser wird. körperliche gründe habt ihr ja ausgeschlossen.

es sieht also ganz so aus, dass alle empfehlungen und alles wissen und sich anstrengen hier keinen erfolg haben.

ich empfehle dir, zu einem familientherapeuten zu gehen. es scheint keine einfache ursache zu sein, sondern etwas komplexes.

besonders da dein mann und eurer tochter ebenfalls betroffen sind, genau wie du und dein sohn, ist ein familientherapeut hier das richtige. es kann alle unterstützen und hilft lösungen zu finden, die für alle gut sind.

du findest familientherapeuten auch unter der bezeichnung systemische therapeuten.

liebe grüße olga_marie

Liebe Familie Schmetterling2006

Danke für Eure Anfrage. Hatte auch gerade eine strenge Zeit mit meiner Tochter (13), bitte entschuldigt daher die lange Antwortzeit.
Zuallererst möchte ich Euch ein Kompliment machen. So wie Ihr schreibt, tönt es, als habt Ihr bei Eurem Sohn immer versucht den Mittelweg zu finden, dass er Euch nicht mit seinem Schreien herumkomandieren kann. Das finde ich supergut.
Beim Lesen Eurer Worte habe ich mich gefragt, ob das Schreien bei Eurem Sohn eventuell zu seiner „normalen“ Sprache geworden ist. Vielleicht kennt er es nicht anders (Koliken, Zähne, etc.).
Ich habe zwei Tipps zum Ausbrobieren:
Wenn Euer Sohn eine kurze Zeit zufrieden ist, könntet Ihr Euch zu ihm wenden, Euch einen Moment nur mit beschäftigen und ihm sagen, dass Ihr es mit ihm zusammen geniesst. Bevor er wieder schreit, könntet Ihr ihm sagen, dass wenn er ein Anliegen hat, er es Euch ins Ohr flüstern könnte (oder so…) und Ihr versuchen werdet, sein Anliegen so gut wie möglich zu lösen. Er wird es nicht ausnützen, denn auch ihm tut die Harmonie gut. Hört auf die (Körper-)sprache Eurer Tochter und des Sohnes und nehmt Euch zwischendurch einen Moment Zeit, wo Ihr Euch ganz fest mit einem der Kinder abgebt. Wenn Sie merken, dass Ihr ihre Anliegen sehr ernst nehmt (auch wenn Ihr nicht alle Wünsche erfüllen könnt) so werden sie zu Euch „ins Boot kommen“.
Der zweite Tipp, der mir in den Sinn kommt ist, dass wenn Euer Sohn schreit, unansprechbar ist, könntet Ihr ihm liebevoll sagen, dass Ihr ihn ganz fest lieb habt. Sagt ihm: „Ich sehe, dir ist im Moment sehr unwohl. Sag mir, wenn ich dir helfen kann.“ Später, wenn er nicht mehr schreit, sagt Ihr: „Ich freue mich, dass es dir besser geht.“ Und nehmen Sie sich einen kurzen Moment nur für ihn Zeit.
Mit diesen Tipps möchte ich sagen, dass Ihr die positiven Momente verstärken und die negativen ignorieren / vorbeigehen lassen könnt. Oft hilft es auch, anzukündigen was man als nächstes machen wird. Also z.B. beim Spielen mit dem Sohn: „Jetzt spielen wir noch einen Moment miteinander, nachher werde ich das Mittagessen kochen und du wirst alleine spielen müssen bis es Essen gibt.“ Ich hatte eine Eieruhr, bei der das Einstellrad auf 0 geht (also keine Digitale). Wenn z.B. unsere Tochter in der Badewanne am Baden war habe ich sie auf 10 Minuten gestellt, die Uhr so hingetan, dass sie sie sieht und ihr gesagt: „Du kannst jetzt baden und spielen bis der Wecker läutet und dann werde ich dir die Haare waschen und du musst nachher aus der Wanne kommen.“ Die Kinder wissen dann eher wo es langgeht.
Schön ist, wenn Ihr keine Angst vor der nächsten Schreiatacke Eures Sohnes habt, dann macht Ihr was Ihr wollt und nicht das, was der Sohn erzwingen will. (Das ist aber vermutlich leichter gesagt als getan…)
Dass sich der Sohn dem Vater total verweigert, würde ich versuchen zu ignorieren. Die einen Dinge gehen so, wie sie gekommen sind, wenn sie kein Echo haben.

Es würde mich freuen, in ein paar Monaten wieder von Euch zu hören und hoffe sehr, dass Ihr einen guten Weg für Eure Zukunft findet. Falls es noch einige Zeit nicht besser wird, würde ich nach einer professionellen, weisen Person suchen, die Euch versteht und Euch wirklich gute Tipps geben kann. (Man darf einen Therapeuten/Therapeutin auch wechseln, wenn man sich nicht verstanden oder nicht wohl fühlt.)

So nun grüsse ich Euch und wünsche Euch alles Gute für die nächste Zeit.

Liebe Grüsse
Milupina