Hallo Tajosch,
es mag dir schwerfallen, aber am meisten empfehle ich dir Gelassenheit. Kein Kind in diesem Alter ist willendlich böse! Es mag uns Erwachsenen manchmal schwerfallen, dass zu glauben, aber Kinder können noch etwas, was unser erwachsener Kopf fast nicht mehr zuläßt - sie stellen ihre (und damit eben auch unsere ach so gewohnte) Welt und unsere Selbstverständlichkeit in FRAGE.
Und das ist auch gut so
. Lass dich unter keinen Umständen dazu hinreißen, das Verhalten deines Sohnes mit Erwachsenenaugen abzustempeln. Er trotz, weil er gerade neue Grenzen erkannt hat und ausprobiert. Er trotz ganz bestimmt nicht, um dich zu ärgern! Er sucht weiterhin - und daran wird sich unter normalen Umständen glücklicherweise auch nichts ändern - einfach nur nach deiner Liebe und den Grenzen seiner Welt! Es ist deine eigene Wahrnehmung, die dir vorgaukelt, dass alles viel schwieriger geworden ist.
Versuche gelassen zu bleiben, aber konsequent. Sage und zeige ihm (immer ohne Gewalt!; ruhig, aber mit klaren Worten ohne Bildersprache) was dir wichtig ist und was du nicht möchtest. Sage ihm - immer ohne Schreien und Wut, aber dann wenn es passiert - dass dich sein Verhalten (je nachdem, worum es dann in eurem Alltag gerade geht…) verletzt.
Wahrscheinlich gibt es viele, die derartige „Gespräche“ mit 4-jährigen ablehnen würden. Ich schreibe dir hier aus eigenem Erleben und meiner Erfahrung. Mein Jüngster ist heute fast 7. Er war und ist eine große Freude, aber auch manchmal eine extreme Herausforderung in unserem Leben. Er hat mir viel deutlicher meine eigenen Grenzen gezeigt als mein ältester, der schlicht viel ruhiger und glücklich mit sich selbst beschäftigt war… Mein Jüngster war und ist eigentlich immer präsent. Trotzdem merke ich wirklich im Alltäglichen - und das war auch vor Jahren nicht anders, nur war es mir da noch nicht so bewußt - dass er mich nicht ernstnimmt (vielleicht einfach aus seiner Sicht auch nicht ernstnehmen kann(?)), wenn ich mich über etwas mächtig aufrege, was für ihn einfach Spiel, Entdeckergeist und ausprobieren ist.
Ich kann dir daher nur raten, wenn es in dir mal wieder mächtig grollt, weil irgendwas nicht so läuft, wie du dachtest - tief durchatmen, bis 10 zählen, lieber kurz das Zimmer verlassen, bis du wieder ruhig denken und sprechen kannst - und dann erinnerst du dich als Erstes daran, dass dein Sohn ein 4-jähriges Kind ist! Dann hockst du dich zu ihm hin, weil es sich auf echter Augenhöhe auch für deinen Sohn „viel realer und eben nicht von oben herab“ anhört und sagst ihm ohne Fragezeichen in der Stimme, was da gerade für dich schiefgegangen ist. Mach ihm keine Vorwürfe im Sinne „du hast Schuld, dass …“, sondern sprich immer über DEINE Gefühle in einem solchen Moment: „Es tut mir weh, dass …“. Im besten Fall schaut er dich gleich beim ersten Mal völlig erstaunt an, weil du trotz der ärgerlichen Situation (und dass da für dich was zum Ärgern war, spürt er garantiert!)ANDERS reagierst als er es von dir kennt … und vielleicht auch erwartet
.
Natürlich gilt das auch mit Blick auf seine kleine Schwester - Geschwister lernen früh, sich in einem sozialen Gefüge „behaupten zu müssen/zu wollen“. Da geht es in diesem Alter auch selbstverständlich um geschwisterlichen Neid und teilen lernen.
Habe Mut und Geduld, dass wünsche ich dir von Herzen! Habe Geduld auch mit dir selbst! Und vertraue der Tatsache, dass ein 4-Jähriger schlicht auf der Suche und Entdeckung dieser seiner Welt (und da gehörst du auch dazu
) und seiner selbst ist. Mit liebevoller Konsequenz und klaren, nachvollziehbaren Grenzen für ihn (was kann er/was darf er/was möchtest du nicht) wirst du/werden du und dein Sohn am weitesten kommen.
Vielleicht kannst du ja auch etwas, was dein Sohn unbedingt tun möchte, was du ihm aber vielleicht noch nicht zutraust oder aus Ärger nicht tun lassen möchtest, mit ihm gemeinsam beginnen (aber nicht im Sinne einer Bedingung wenn - dann!)… bei meinem war das in diesem Alter das Kochen dürfen. Das klappt natürlich nicht jeden Tag, weil es einfach viel länger dauert, wenn zwei kleine ungeübte Hände ein scharfes Messer nutzen, um z.B. einen Apfel klein zu schneiden oder eine Möhre. Aber die stolzen Augen und die übersprudelnde Freude über das Erreichte im Gesicht meines Sohnes haben mich immer reichlich „belohnt“ für den „Zeilverlust“ in dieser unserer hektischen Welt.
Und noch zwei Tipps am Ende:
es wird irgendetwas geben, was dein Sohn besonders gut kann und gerne macht - fordere und fördere ihn darin und lobe ihn für Erreichtes oft und herzlich!
Und lass dich nicht von Eltern verrückt machen, deren Kinder „so etwas nicht tun“ - es gehört einfach zu unserer Entwicklung dazu, dass wir Menschen(kinder) uns auf unserem Weg ausprobieren dürfen und müssen. Die scheinbar ganz braven Kinder brechen oft zum Unverständnis der Eltern in späteren Jahren mit ihrer heilen Welt. Kinder, die wissen, dass sie angenommen und geliebt werden wie sie sind, auch wenn mal was schiefläuft, entwicklen ein gesundes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl sowie auch emotionale Intelligenz (d.h. Verständnis für andere und deren Tun).
Gutes Gelingen!
Liebe Grüße kaef