Hallo,
in der Autonomiephase - und in dieser ist dein Sohn gerade angekommen - geht es in erster Linie darum, Dinge selbst zu entscheiden und zu tun. Es liegt in der Natur der Sache, dass es eine ganze Menge Situationen gibt, in denen man Kindern den Raum dafür nicht einräumen kann, weil äußere Zwänge das verhindern.
Umso wichtiger ist es, diesen möglichst wenig selbst gemachte Zwänge hinzuzufügen. Das Anziehen beim Abholen gehört dazu. Dein Sohn hat entdeckt, dass Aktionen seinerseits Reaktionen bei dir hervorrufen: Du hast erklärt, überredet und bist ihm nachgelaufen. Immer hast du aber nur re- agiert. Für Sohnemann ist es nun unglaublich spannend, was er noch so alles provozieren kann.
Der Weg führt also zunächst übers Nicht-Reagieren. Wenn er wegrennt, lass ihn rennen. Ruf ihm nicht hinterher und lauf ihm auch nicht nach. Vor allem aber: Bleib gelassen. Sieh zu, dass du dir ausreichend Zeit mitbringst. Und dann: Freu’ dich, ihn zu sehen! Das mag selbstverständlich klingen, aber nicht selten überschattet die Angst vor dem bevorstehenden Anziehstress bereits die Begrüßung.
Frag’ ihn, wie es heute im Kindergarten war und ob es etwas gibt, was er dir zeigen möchte. Das ermöglicht ihm, den Kindergartentag loszulassen. Und wenn er wegrennt, lass ihn laufen.
Statt ihm hinterherzudüsen wende dich anderen Kindern zu. Sprich mit ihnen über ihren tollen Schneeanzug - und am besten darüber, wie toll sie sich schon alleine anziehen können. Betone, dass sie ja schon richtig groß sind. In jedem Fall gib deinem Sohn in dieser Situation eines nicht: Deine Aufmerksamkeit. Die kriegen andere Kinder.
Wenn Sohnemann zurückkommt, wende dich ihm ganz gelassen zu und frage: „Bereit zum Anziehen? Oder lieber noch eine Runde rennen?“ Wenn er das Anziehen bejaht, verstärke das mit einem „Prima! Dann sind wir ja ganz schnell zuhause, um ein Buch anzugucken…auf dem Spielplatz…“ In jedem Fall sollte es jeden Tag etwas geben, was ihr zusammen macht und worauf er sich freuen kann. Das muss nicht endlos dauern - auch ein Viertelstündchen ist in diesem Fall wertvolle „Qualitätszeit“ für Mutter und Sohn.
Düst er wieder ab, was durchaus wahrscheinlich ist, wende dich wieder anderen Kindern zu. Es wird mit Sicherheit schon weniger lang dauern, bis er wiederkommt. Dann frag’ ihn erneut und bleib’ entspannt dabei.
Und dann kannst du ihm das hier beibringen:
http://www.youtube.com/watch?v=tfPPFiaYpWY&feature=r…
Selbstverständlich mit Riesenapplaus, wenn es klappt. Daraus kann sich ein ganz eigenes Spiel entwickeln, wenn er das Prinzip begriffen hat, etwa: „Mal sehen, ob du es geschafft hast, bevor ich bis 10, 8,5…gezählt habe“…
Schöne Grüße,
Jule