Hallo EnolaGirl!
Es tut mir sehr leid, so etwas zu lesen. Aber, vielleicht kann ich dir eine Vermutung liefern, da ich kein ausgebildeter Psychologe bin.
Nun, es kommt im Leben der Tag, da muss man Abschied von seinen Liebenden nehmen. Dieser Tag ist bei jedem anders, doch wir können ihn nicht verhindern, sondern nur lernen damit umzugehen, auch wenn es sehr schwer fällt. Bei dir sind solche Tage gekommen und das tut mir sehr leid für dich.
Stellen wir uns die Gefühle wie einen Strom Wasser vor, dass durch eine enge Kanalöffnung gespült kommt. Wir haben im Wasser alle Gefühlsregungen die wir haben vorhanden, dass gleichzeitig und zu jeder Zeit. Es ist daher nie möglich „nichts“ zu fühlen. Doch können wir eine Gefühlsmischung haben, die dem „nichts“ sehr nahe kommt. Wenn ein Mensch, einen sehr schweren Schicksalsschlag erleidet, kann dieser Wasserstrom eine Störung erleiden. Das Mischungsverhältnis wird ein anderes.
In deinem Falle sind es Verlust und kommender Verlust. Besonders von den eigenen Eltern sich zu trennen, kommt meist sehr schwer. Denn das Loslassen ist für viele eine schwere Prüfung, die anfangs sehr unüberwindbare Hürden im eigenen Leben entstehen lässt. Wenn jemand Beispiels gestorben ist, machen wir uns häufig Vorwürfe, an diesem und jenen Tag nicht mit der Person gesprochen zu haben. Dabei vergessen wir ganz, dass wir unser Leben teilweise oder zum großen Teil mit dieser Person verbracht haben. Wir sollten uns daher die guten Erinnerungen in unserem Herzen bewahren.
Nun zu deiner „Gefühlsleere“. Du hast eine Situation in deinem Leben, die dich offensichtlich emotional mehr als nur lähmt. Sie scheint dein Inneres zum Stillstand gebracht zu haben. Dabei handelt es sich hier wahrscheinlich um einen „Schutzmechanismus“, anstatt sich von ungeahnten Gefühlen überwältigen zu lassen. Entsteht einfach eine Innere disbalance, die das subjektive Empfinden von Gefühlen drastisch sinken lässt. Du bekommst daher das Gefühl der allgemeinen Gleichgültigkeit.
Häufig artet dieses kurze „Nicht“-Gefühl, in ein längeres „Nicht“-Gefühl aus. Dies kennen wir auch unter dem Begriff „Depression“. Solche Probleme kann ein Laie oder erfahrener Menschenkenntler nur schwer mit dir lösen. Die sicherste Methode ist häufig eine therapeutische Begleitung vom Fachmann. Manch guter Hausarzt kann einen diesen verschreiben, wobei die Terminvergabe eher weniger gut bestellt ist, haben Psychologen in unserer modernen Welt, sehr viel zu tun. Nun, du solltest versuchen offen über deine Gefühle und Empfindungen zu sprechen. Mit jemanden, dem du dich anvertrauen kannst. Dadurch kannst du die gesamte Weite deiner Gefühle langsam überblicken und der scheinbar „stockende Strom“ kommt so langsam wieder ins fließen.
Durch Schweigen, Zurückhaltung und „in sich hinein fressen“, werden solche emotionalen Erlebnisse so gut wie nie verarbeitet.
Du hast so etwas, wie einen gewissen Widerstand, was Probleme im Alltag angeht. Der Mensch kann bis zu gewissen Grenzen, seine Probleme prima im Alleingang lösen. Doch irgendwann da kommt der Tag, da ist dieser Mensch nicht mehr in der Lage, sich selber zu helfen. Ist emotional und gedanklich mit der Situation so sehr überfordert. Dies ist nicht Aufgrund von Dummheit, sondern durch ein inneres Chaos.
Als würdest du irgendwo auf hoher See verschollen sein. Daher solltest du nicht nur versuchen, dich selber aktiv wiederzufinden, es kann auch nicht schaden, den Stolz über Bord zu werfen und ein „S.O.S.“ (save our souls) Signal zu senden. Denn du brauchst Hilfe, schau, dass du mit deinen Vertrauten darüber sprichst oder notfalls doch noch einen Therapeuten zu Rate ziehst. Aber indem du alleine, tatenlos nicht machst. Brennt sich das Problem immer tiefer in dich hinein und wird viel schwerer wieder zu lösen. Dabei musst du auch keine falsche Zurückhaltung oder Bescheidenheit haben. Denn es gibt nicht nur den totkranken Menschen, sondern auch seinen Angehörigen geht es schlecht und auch diese brauchen sich nicht scheuen Hilfe zu ersuchen. Nach dem Motto: „Diesem Herrn geht es viel schlechter als mir, ich möchte mich daher nicht um Hilfe bitten“. Oder ähnliche Gedankengerüste die mit dem gleichen Prinzip verfahren.
Solch ein Schicksalsschlag, kann dich auch traumatisieren. Traumen sind schwer zu behandeln, wenn sie lange Zeit unangetastet bleiben. Gib dir also einen Stoß in die richtige Richtung. Auch wenn der Antrieb vielleicht fehlt, mach es einfach, allein schon aus dem Motto: „Dieser Körper und dieser Geist gehören mir, also mache ich das jetzt und helfe diesem Körper und diesem Geist, denn er braucht mich jetzt. Ich brauche mich jetzt und ich brauche auch andere“.
Freundliche Grüße, mein Beileid und gute Besserung wünscht:
Jan