Hallo Schorsch,
das ist ja alles gut und recht. Auch der Versuch, einzelne Urteile zu kommentieren wird akzeptiert.
Ich bin selbst begeisterter Musiker (Saxophon), und da kommen
auch manchmal 10 Stunden am Tag zusammen. Allerdings kann
selbst ich das Verhalten deiner Nachbarin nicht ganz verstehen
- jedem sollte doch wohl klar sein, dass es gesetzlich
vorgeschriebene Ruhezeiten gibt.
Es sollte auch jedem klar sein, der musiziert, dass der Nachbar nicht zehn Stunden notfalls kein Wort am Telefon versteht oder selbst keine Musik hören kann, weil aus der Nachbarschaft der Lärm dröhnt.
Es geht hier nicht nur um die Zeit, zu welcher die Ruhezeiten vorgeschrieben sind. Auch die Urteile gehen stets von anderen Rechtslagen aus. Tatsache ist, egal welche Ruhezeiten vorgeschrieben sind, durch Musizieren kann sogar innerhalb der vorgeschriebenen Ruhezeiten eine Lärmbelästigung entstehen. So kann ja auch jemand, der zu laut seine Musikbox einstellt auch ausserhalb der vorgeschriebenen Ruhezeiten durchaus durch eine höfliche Erklärungen der Herren in Grün hingewiesen werden, das Gerät leise zu stellen oder es kann zu einem Ordnungswidrigkeiten Verfahrne kommen.
Soweit stimme ich auch mit
GünterW überein. Aber Worte wie „Lärmstörung“,
Musik, wie immer man Musik betrachtet, ist ein Geräusch, ist die Musik laut ist es Lärm.
„gesundheitliche Gefährung“
Dies ist nun wissenschaftlich bewiesen. Wer dauerhaft durch eine Lärmquelle beeinträchtigt wird und dazu auch seine Nachtruhe nicht hat, ist doppelt so stark infarktgefährdet wie jemand, der solchen Lärmquellen nicht ausgesetzt ist. Wenn dann noch der Ärger hinzu kommt, weil der Nachbar keien Rücksicht nimmt, ist das Risiko nochmals erhöht.
oder „rücksichtsloses Verhalten“
Das Gericht, das in dieser Form das Urteil gefällt hat, war bestimmt nicht intolerant. Es hatte zu beurteilen, ob jemand der musiziert ohne Rücksicht auf die Nachbarn stundenlang täglich musizieren darf und hat die Frage verneint. Das Gericht hat das duchgehende Verhalten- auch an Sonn-und Feiertagen - als rücksichtslos bezeichnet.
zeugen in meinen Augen von einer recht intoleranten
Einstellung.
Allerdings (jetzt werfe ich auch mal mit ein paar Urteilen um
mich) kann man uns auch nicht ganz los werden:
Bundesgerichtshof in Karlsruhe
Das Musizieren gehört zu den Grundrechten des Menschen und
kann deshalb nicht grundsätzlich verboten werden! Dieses wurde
erst kürzlich wieder vom Bundesgerichtshof (AZ. V ZB 11/98)
bestätigt.
Ist richtig, aber bitte die Einschränkungen hierzu dann auch posten.
BGH verbietet Diskriminierung von Musikern im Haus = Karlsruhe
(Reuters) - Singen und Musizieren darf durch eine Hausordnung
nicht stärker beschränkt werden als Fernsehen und Musikhören.
Mit diesem am Donnerstag veröffentlichten Urteil gab der
Bundesgerichtshof (BGH)
Zu diesem Urteil des BGH ist der Hinweis aber auch ergangen, dass zwischen dem Rugebedürfnis des einen und dem Recht zu musizieren des anderen abgewogen werden muss.
in Karlsruhe einem
Saxophonspieler Recht. Der Mann war in der
Eigentümerversammlung seiner Wohnanlage überstimmt worden und
deshalb gegen die Hausordnung vor Gericht gezogen. Sie verbot
ihm das Musizieren in der Mittagszeit und abends ab acht Uhr.
Kann dieses Urteil wohl nicht herangezogen werden, denn hier ging es darum, dass die WEG das Musizieren untersagen wollte.
Beschränkung wie Fernsehen und Radio beduetet aber auch es muss ZIMMERLAUTSTÄRKE sein.
Oberlandesgericht Frankfurt / Landgericht Frankfurt
Wer ein Instrument spielt, muss ein nicht geringes
Übungspensum bewältigen - und das erst recht, wenn er
Berufsmusiker ist. Für die Nachbarn oft mehr als nur ein
lästiges Geräusch. Hier sollte ein Mittelweg gesucht werden,
der beiden Interessen Rechnung trägt:
-
Am besten ist es, wenn bestimmte Übungszeiten vereinbart
werden. Das beseitigt den psychisch belastenden
Erwartungsdruck, dem jeder ausgesetzt ist, der nur darauf
wartet, wann er wieder vom Musiklärm überfallen wird (das
scheint auf dich ja zuzutreffen).
-
Die oben erwähnten nächtlichen und mittäglichen Ruhezeiten
müssen unbedingt beachtet werden.
-
Die Zeitspanne, in der ein nicht auf Zimmerlautstärke
beschränkbares Üben zulässig ist, wird allerdings von den
Gerichten ganz unterschiedlich bemessen. So hat das
Oberlandesgericht Frankfurt/Main die Obergrenze für
Klavierspiel mit 1,5 Stunden täglich gezogen. Das Landgericht
Frankfurt/Main hielt hingegen sogar 5 Stunden für zulässig.
(Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1984 S. 303 und 1990 S. 287,
Staudinger, Kommentar zum BGB, Randnummer 91 zu § 535).
Das Urteil des OLG Frankfurt ist völlig falsch interpretiert. In dem Urteil geht es um das Musizieren von mehreren Personen gleicheitig. Das 2. Urteil (LF FFM WM 90, 287 )bezieht sich wiederum darauf, dass in diesem speziellen Fall sich der Mieter das Musizieren im Mietvertrag ausdrücklich genehmigen liess.
Das Urteil aus Berlin
Danach gilt von 22 bis 6 Uhr die Nachtruhe und von 13 bis 15
die Mittagszeit; es ist generell verboten, Lärm zu
verursachen. Auch an Werktagen von 6 bis 7 Uhr und von 20 bis
22 Uhr sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen gilt es,
Ruhe zu bewahren. Allerdings gibt es für die Hausmusik laut
Rechtsprechung eine Ausnahme: Die Benutzung von
Musikinstrumenten ist in Wohnungen an allen Tagen - also auch
an Feiertagen - während der Zeit von 7 bis 20 Uhr für zwei
Stunden erlaubt.
Richtig, aber immer im Hinblick darauf, dass der Nachbar nicht gestört wird.
Landgericht Kleve / Oberlandesgericht in Hamm
Wurde nicht von vornherein eine Regelung getroffen, gilt das
Prinzip, „dass privat betriebene Hausmusik (…) von jeher in
Wohnvierteln üblich und daher grundsätzlich als ortsüblich zu
dulden ist.“ (LG Kleve 01.10.1991 - 6 S 70/90; DWW 92, 26,
27). Das Gericht hatte hier darüber zu entscheiden, inwieweit
das Spielen eines Akkordeons zulässig sei. Es ist für den
zugrundeliegenden Fall zu dem Ergebnis gelangt, dass etwa
„eine Beschränkung auf Zimmerlautstärke nicht in Betracht“
komme, da dies „beim Spielen mit dem Akkordeon (…) praktisch
einem Verbot des Musizierens gleich“ komme ( vgl auch
Beschluss des OLG Hamm 10.11.1980 - 15 W 122/80 für das
Klavierspiel).
Jedoch sei selbst eine „als sozialadäquate und ortsüblich
einzustufende Beeinträchtigung (…) zu der Zeit unzumutbar,
zu welcher man sich üblicher Weise zur Ruhe begibt.“ Diese
Zeit wurde im vorliegenden Fall zwischen 22.00 Uhr und 9.00
Uhr sowie zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr angesiedelt.
Darüber hinaus hat das Gericht die Zeit des Akkordeonspielens
zur Regelung der widerstreitenden Interessen der Parteien auf
maximal 1 1/2 Stunden festgelegt.
Landgericht Nürnberg
Auch wenn Rechtsprechung und Schrifttum generell von einer
zulässigen Dauer des Musizierens von „je nach den Umständen
des Falles 2 oder mehr Stunden“ ausgehen (OLG Hamm 10.11.1980
- 15 W 122/80; NJW 81, 465, 466), ist dies lediglich als
Rahmen zu bewerten. Gehen die mit dem Instrument verursachten
Geräuschimmissionen - wie etwa beim Schlagzeug - über das Maß
der "üblichen Hausmusik (Klavier, Violine, Klarinette u. dgl.)
hinaus, kann unter Umständen sogar eine zeitliche Beschränkung
des Spielens auf 90 Minuten pro Tag möglich sein (LG Nürnberg
- Fürth 17.09.1991 - 13 S 5296/90). Abhängig von den Umständen
des Einzelfalles können Gerichte aber auch zu einer
abweichenden Beurteilung gelangen.
Oberlandesgericht München
Ist die Musikausübung beispielsweise in einer mietvertraglich
vereinbarten Hausordnung festgelegt, sind die hier getroffenen
Regelungen maßgeblich, es sei denn, es handelt sich um
„Einzelfälle (…), die (…) auf Grund des Gebotes von Treu
und Glauben im Rechtsverkehr einer vom Grundsatz abweichenden
besonderen Behandlung bedürfen.“ (OLG München 21.01.1992 - 13
U 2289/91; DWW 1992, 339). Dies hat zur Folge, dass sich der
Musikausübende (hier Geigenspiel) an die in der Hausordnung
festgelegten Zeiten halten muss. Gleichzeitig folgt aus der
Hausordnung umgekehrt jedoch sein „Recht auf Duldung des
Musizierens (durch andere Mieter) während der in der
Hausordnung geregelten Zeiten.“
Oberlandesgericht Stuttgart
Aalen. Ein Saxophonspieler störte die Ruhe in einem
Mehrparteienhaus durch seine Hausmusik. Also wurde in einer
Eigentümerversammlung mehrheitlich beschlossen, daß in der
Zeit von 12.00 - 14.00 Uhr und von 20.00 - 8.00 Uhr nicht
musiziert werden dürfe, und in der übrigen Zeit nur in nicht
belästigender Weise und Lautstärke. Hiermit war der
Hobbymusiker nicht einverstanden und ging vor Gericht. Die
Miteigentümer bekamen recht. Er darf während der Mittagszeit
sowie nachts und am frühen morgen nicht spielen. Die meisten
Gerichte meinen, die Nachtruhe beginnt um 22.00 Uhr. Das OLG
Stuttgart jedoch meint, die abendliche Ruhe habe Vorrang, also
muss der Musiker seine Übungen bis 20.00 Uhr abgeschlossen
haben, da er auch keinerlei Gründe für ein notwendigerweise
längeres Üben angegeben hatte.
Quelle: Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, 8 W 68/97
Focus Online
Du knallst hier natürlich eine Reihe von Urteilen in den Raum, die teilweise durch andere neuere Urteile bereits erledigt sind. Grundsätzlich sind die Urteile der OLGs höherwertig und massgeblich. Urteile eines LGs interessieren nicht mehr, wenn ein OLG zu diesem Thema ein Urteil gefällt hat. Insbesondere sind von Dir Urteile aufgeführt, die u.a. im Mietvertrag das Musizieren erlauben.
Und ob ich nun Saxophon, Klavier oder Flöte spiele ist schon ein Unterschied und auch, was ich spiele. Es kommt also auch - was alle Urteile berücksichtigen -auf die Intensität der Geräuschkulisse an, insbesondere sind helle Töne wesentlich nervaufreibender als dunklere Töne. Zu berücksichtigen ist die Beschaffenheit eines Gebäudes genauso wie die Frage, ob in eienr Nachbarwohnung z.B. auch kranken Menschen liegen oder Säuglinge, die in der Entwicklung gestört werden, wenn sie durch lautes musizieren keine Ruhe haben. Das Entscheidende in Urteilen ist - Rücksichtsnahme auf die Nachbarn, Zimmerlautstärke - und - was zu beachten ist - notfalls muss ein solcher Mieter sich um Schallschutzmaßnahmen auf eigene Kosten kümmern.
Gruss Günter