Melanchthon-Jahr

Hallo verehrte Experten,

zur Eröffnung des Melanchthon-Jahres, in dem die Protestanten in Deutschland ihres Vordenkers (mit und nach Luther) gedenken, fand ein oekumenischer Gottesdienst in Bretten statt, an dem für die Katholische Kirche ihr erster Repräsentant in Deutschland in Person des Erzbischof Zollitsch teilnahm.
Seine Begründung u.a.: Melanchthon habe immer gegen eine Spaltung der Kirche gewirkt. (Das gilt nun aber wohl auch für Luther, denn die Reformation mündete ja erst sehr viel später in einer eigenen Kirche.)

Woher das plötzliche(?) und demonstrative Interesse der Katholischen Kirche an einem der Väter der Reformation?
Was ist an dem Erbe Melachthons für die Katholische Kirche von heute so wichtig, daß man ihm solche Aufmerksamkeit schenkt?

fragt
Cassius

Guten Tag!
Nun, auch zu vorkonziliaren Zeiten hat man etwa Luther nicht einfach pauschal niedergemacht, sondern, z. B. in katholischen Schulbüchern, seine Verdienste für den deutschen Gemeindegesang und natürlich auch die deutsche Sprache als solche gewürdigt.
Melanchthon war nicht zuletzt die altsprachliche Stütze Luthers, insbesondere durch seine ausgezeichneten Griechischkenntnisse. Diese waren gar nicht einmal so sehr für das, ja griechisch geschriebene, Neue Testament notwendig, das inhaltlich ohnehin gut erschlossen war, sondern vor allem für das Alte Testament, da die hebräische Originalfassung (mit einigen aramäischen Einsprengseln) nicht selten schwer zugänglich war. Aber auch die Hebräischkenntnisse Melanchthons waren für die damalige Zeit herausragend.
Wenn man nun noch den erheblich sanfteren Charakter (im Vergleich zu Luther) in Betracht zieht, kann man Melanchthon katholischerseits guten Gewissens würdigen, da seine sprachlichen Erkenntnisse bahnbrechend waren und sich bis in heutige Bibelübersetzungen, wie die Einheitsübersetzung, niederschlagen.
Gruß
Sepp

Hallo Sepp,

Danke für Deine Antwort, mit der ich was anfangen kann.
Trotzdem löst diese demonstrative und hochrangige Beachtung ein gewisses Kribbeln an meinem Hinterkopf aus.

Gruß
Cassius