Melchisedeks Priesterschaft

…eine Priesterschaft nach der Ordnung Melchisedeks habe ich neulich irgendwo gelesen. Was hat man darunter zu verstehen?

Danke

rolf

Hallo Rolf

Drei Stellen sind besonders relevant:

  1. Gen 14, 17-20, insbesondere 18b, 19. Melchisedek war schon zur Urzeit Priester des höchsten Gottes und segnete Abraham. Er vertrat nicht die Art des (späteren) jüdischen Priestertums, sondern eine eigene. Diese aber wird anerkannt.

  2. Psalm 110, Vers 4 „Du bist Priester auf ewig nach der Art Melchisedeks.“

  3. Hebrä 7, 15, welcher diesen Psalm zitiert. Da geht es darum, dass es ein Priestertum gab, welches sich ändern konnte. (Der Hebräerbrief ist der letzte der Paulusbriefe, allerdings wohl nicht von Paulus selbst, sondern von Schülern oder Enkelschülern des Paulus verfasst.)
    Es geht dabei um die Untermauerung des Priestertums Jesu Christi.
    Nach katholischer Theologie gibt es nur ein Opfer im Christentum: Die Passion Jesu. Demzufolge gibt es auch nur einen Priester: Christus. Alle andern Priester und Gläubigen sind blosse Teilhaber an diesem einen Hohenpriestertum.

Begriffe wie der des „Messopfers“ und ähnliche sind demzufolge nicht als Begriffe eigenständiger Opfer aufzufassen, sondern nur als Bezeichnungen der Erinnerung und Vergegenwärtigung des einzigen Opfers Gottes.

Gruss
Mike

  1. Gen 14, 17-20, insbesondere 18b, 19. Melchisedek war schon
    zur Urzeit Priester des höchsten Gottes und segnete Abraham.
    Er vertrat nicht die Art des (späteren) jüdischen
    Priestertums, sondern eine eigene. Diese aber wird anerkannt.

  2. Psalm 110, Vers 4 „Du bist Priester auf ewig nach der Art
    Melchisedeks.“

Könntest Du das etwas deutlicher formulieren? Wo liegt der Unterschied?

Und wenn Jesus im Christentum als oberster Priester gilt, dann ist der Begriff Sohn mit Priester equivalent?

rolf

Hallo,

ich versuche das einmal kurz darzustellen.

Dahinden hat die relevanten Bibelstellen schon genannt. Hebräer 7 nimmt sich des Themas am detailliertesten an und erklärt, was die Wendung im christlichen Sinn bedeuten soll.

Es geht darum, dass der (unbekannte) Autor des Heb. den Melchisedek des AT als einen Typus Christi versteht. Das heißt, er ist zwar eine eigenständige und aus sich selbst bedeutsame Person, gleichzeitig hat er aber auch Züge, die in die Zukunft und auf Christus hindeuten. Der „Priester nach der Ordnung Melchisedeks“ ist also Christus.

Der Autor des Heb. will nachweisen, dass Christus allein die Gläubigen wirksam vor Gott vertreten kann und die Priesterschaft des AT somit hinfällig ist. Melchisedek ist ein biblisches Beispiel für ein gültiges Priesteramt außerhalb der Vorschriften des Gesetzes. Er wird als eine Art Vorläufer Christi dargestellt und dient als Hauptschriftbeweis in Heb. 7. Die wichtigsten Punkte für das Priestertum Melchisedeks sind folgende:

  • Melchisedek steht außerhalb des regulären Priestertums Israels. Priester konnte nur jemand sein, der dem Stamm Levi angehörte. Melchisedek kann das nicht nachweisen, er ist „ohne Stammbaum“. Ähnlich verhält es sich mit Christus, der aus dem Stamm Juda kommt (siehe Heb. 7:13) und daher die reguläre Qualifikation zum Priester nicht mitbringt.

  • Melchisedek hat einen höheren Rang als die Priester Israels. Das ist daran zu erkennen, dass der Stammvater Abraham selbst ihm Ehre erweist. Er tut das stellvertretend für seinen Nachkommen Levi, der und dessen priesterlicher Stamm somit Melchisedek untergeordnet sind. Ebenso steht Christus über dem Priestertum Israels.

  • Das irdische Priesteramt wird immer wieder durch den Tod des Inhabers unterbrochen. Der Autor des Heb. deutet an, dass Melchisedek womöglich noch am Leben sein könnte (Heb. 7:3: „Er ist ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum, und hat weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens. So gleicht er dem Sohn Gottes und bleibt Priester in Ewigkeit.“). Das bezieht sich darauf, dass das AT weder Geburt noch Tod Melchisedeks erwähnt. Der Autor des Heb. glaubte sicher nicht im Ernst, dass Melchisedek unsterblich war. Es geht ihm darum, in welchen Punkten Melchisedek auf Christus und sein immerwährendes Priesteramt hinweisen kann. (Heb. 7:24-25: „Auch sind es viele, die Priester wurden, weil der Tod keinen bleiben ließ; dieser aber hat, weil er ewig bleibt, ein unvergängliches Priestertum. Daher kann er auch für immer selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt für immer und bittet für sie.“)

lg

Kim

Hallo Kim

Jetzt verstehe ich besser.

Dann kann man Melchisedek als Vorgänger Christi sehen. Und wahre Priesterschaft in der Einheit in Gott. Und nur diese kann erlösen. Richtig?

rolf

Hallo,

Dann kann man Melchisedek als Vorgänger Christi sehen.

Nur in gewissem Sinn. Er ist keine göttliche Gestalt, der Autor des Heb. bedient sich aber seiner Lebensumstände, um dadurch auf Christus hinzuweisen. Es geht im ganzen Kapitel Heb. 7 nicht um Melchisedek, sondern um Christus. Melchisedek ist ein Beispiel oder eine Illustration, darüber hinaus aber im Heb. nicht wichtig.

Und wahre Priesterschaft in der Einheit in Gott.

Im NT ist die Priesterschaft ein Amt, das Christus ausübt. Der vollkommene Priester muss notwendigerweise göttlich sein, damit er nicht von Tod und Sünde beeinträchtigt wird. Das eine ergibt sich aber nicht unbedingt aus dem anderen. Du kannst auch von Christen sagen, dass sie in Einheit mit Gott sind, aber du denkst dabei an etwas anderes als die Trinitätslehre.

Und nur diese kann erlösen. Richtig?

Nein, der Glaube erlöst. Die Priesterschaft Christi ist für diejenigen wirksam, die bereits darin stehen.

lg

Kim

Hallo Rolf

kann Christus Sohn Gottes und Priester zugleich sein?
Kann der Messias zugleich Priester sein?

Diese Frage steckt hinter dem Ganzen. Nach alter Überlieferung sollte der Messias aus dem Stamme Juda kommen, aber die Priester kamen allesamt aus dem Stamm Levi-Aaron-Zadok, darum erwartete man damals nicht einen Messias, der auch Priester ist. Wenn das aber doch so ist, dass der Messias Priester ist, dann muss dieses Priestertum ein anderes sein als das jüdische, eines, welches dieses umfasst oder darüber hinausgeht.

Der Messias, der vom Volk Israel erwartet wurde, sollte dieser Erwartung gemäss einer sein, der die Menschen von ihrer weltlichen Knechtschaft befreite. Für geistliche Knechtschaft oder seelische Freiheit waren dagegen grundsätzlich Priester zuständig, die in ihren Händen das Gesetz von Mose hielten, und Propheten, welche unmittelbar Wort Gottes empfingen. Ein Messias, der über dem Judentum und seinem Gesetz steht, und der in diesem Sinne ein priesterlicher Messias ist, hat also ein anderes Priestertum als das levitische.

Wie aber kann es sein, dass so ein Messias durch die Juden anerkannt werden kann?

Das ist eine Frage, die sich durch den Hebräerbrief stellt. Die Antwort lautet: Siehe, der Psalmist sagt es voraus, er spricht von einem Priestertum nach Art des Melchisedek, obwohl doch das jüdische Priestertum zur Zeit des Psalmisten durchaus da ist. Siehe, die jüdische Urgeschichte spricht auch da von einem gottgefälligen Glauben, wo das Priestertum, das man sonst kennt, noch gar nicht war.

Bleibt die Frage, wie der Messias weltliche Macht ausübt. Wir Christen sagen, Christus übe Demut statt Macht aus. Was aber Seinen Auftrag angehe, so habe er unsere Hände, die Seine Arbeit tun können. Zu dieser Arbeit gehört wohl auch die seelische, geistliche und weltliche Sorge für das jüdische Volk, das vom Messias eine Heimstatt in Frieden und Freiheit erwartet.

Gruss
Mike

Guten Tag Mike,

das alles ist richtig, was Du schreibst, aber es gab im Judentum nicht nur die eine Vorstellung vom Messias. Es ist dies zwar die herrschende geworden, daß der Messias politische Befreiung bringen müssen, aber es gab daneben auch die Vorstellung von einem priesterlichen Messias aus der Nachkommenschaft des Aaron.

Gruß - Rolf (nein, nicht der; der auch nicht, sondern der ganz andere)

Hallo Rolf

warum war dann Johannes der Täufer nicht der Messias?

Einen schönen Gedenktag an Johannes den Täufer
wünscht Dir
Mike

Hallo miteinander, ich klink mich jetzt mal in euere Diskussion ein.

  1. Gen 14, 17-20, insbesondere 18b, 19. Melchisedek […]
    Er vertrat nicht die Art des (späteren) jüdischen
    Priestertums, sondern eine eigene.

Meines Wissens sah man
(ich spreche also von der r.-katholischen Auffassung)
zusammen mit Ps 51,12 „Schlachtopfer willst du nicht, … an Brandopfern hast du kein Gefallen“
im Opfer Melchisedeks (Brot und Wein, aber gibt der Text das wirklich her?) immer einen Vorverweis auf die Messe als „unblutiges Opfer“.
(Konzil von Trient, etwa so*: „In diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, ist gegenwärtig und wird auf unblutige Weise geopfert derselbe Christus, der sich ein einziges Mal auf blutige Weise geopfert hat auf dem Altar des Kreuzes“. Diese Sicht ist seit dem 2. Vat. Konzil zurückgetreten, scheint aber neuerdings wieder zu wirken (und haltet mich bitte nicht für einen Anhänger irgendwelcher UrAltkatholiken).
* Ich übersetze aus dem italienischen Text

Diese aber wird anerkannt.
2. Psalm 110, Vers 4 „Du bist Priester auf ewig nach der Art
Melchisedeks.“

Eben.
Beste grüße!
H.

warum war dann Johannes der Täufer nicht der Messias?

Hallo Mike,

warum er das nicht war, weiß ich auch nicht. Es ist ja immer überaus schwer zu wissen, warum etwas NICHT ist.

Aber Johannes war ja keineswegs nur eine olche Vorläuferfigur, wie das Neue Testament es darstellt. Eine Reihe seiner Jünger hat ihn durchaus für den Messias gehalten, und es gab noch im 2. Jhdt die Vorstellung, er werde als Messias wiederkommen.
In den Gruppen der Nazoräer und der Mandäer sind ja offenbar Teile seines Jüngerkreises aufgegangen.

Gruß - Rolf

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Dafür gibt’s einen Stern, danke (owt)
.

Hallo,

Melchisedek ist Gott. Nur auf ihn trifft alles zu!

Herzliche Grüße

Helmut

Melchisedek womöglich noch am Leben sein könnte (Heb. 7:3: „Er
ist ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum, und hat weder
Anfang der Tage noch Ende des Lebens. So gleicht er dem Sohn
Gottes und bleibt Priester in Ewigkeit.“).

Das erinnert mich stark an die Eigenschaften die in den Upanischaden dem Brahman zugeordnet werden. Wobei Brahman keine Person ist, sondern ein über allen Begrifflichkeiten stehendes Unbegreifbares, das eben anfangs und endlos ist.

Vielleicht ließe sich aus der Übersetzung des Namens Melchisedek mehr herauslesen. Könnte auch auf einen mesopotamischen Ursprung hindeuten, quasi ein Vorgänger Jehovas?

…aber das könnten hier einige besser deuten :wink:

gruß
rolf

„Melchisedek“ kann Folgendes bedeuten:

‚König ist (der Gott) Sedek‘

oder

‚(der Gott) Melek ist gerecht‘

Die zweite Möglichkeit - die wahrscheinlichere - hat M. Noth erarbeitet:
Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemein-semitischen Namengebung, 1928

M. scheint ein vorisraelitischer Priesterkönig in Jerusalem gewesen zu sein. Zu seiner Zeit wurde in Jerusalem der Gott Eljon als Schöpfer und Weltherr verehrt. Nach der Eroberung Jesrusalems durch David sind seine Eigenschaften auf Jahwe, den Gott des Exodus und des Sinaibundes, übertragen worden.
Damit wurde auch die Erinnerung an Melchisedek bewahrt.

Gruß - Rolf

M. scheint ein vorisraelitischer Priesterkönig in Jerusalem
gewesen zu sein. Zu seiner Zeit wurde in Jerusalem der Gott
Eljon als Schöpfer und Weltherr verehrt. Nach der Eroberung
Jesrusalems durch David sind seine Eigenschaften auf Jahwe,
den Gott des Exodus und des Sinaibundes, übertragen worden.
Damit wurde auch die Erinnerung an Melchisedek bewahrt.

Hallo Rolf

Sehr schön. Damit bestätigt sich meine Vermutung, daß sich der olle Jehova allein durch Moses breit gemacht hat.

…ich pläydiere für seine Absetzung.

Thorshammer

Hallo Rolf

Sehr schön. Damit bestätigt sich meine Vermutung, daß sich der
olle Jehova allein durch Moses breit gemacht hat.

…ich pläydiere für seine Absetzung.

Hallo Rolf,

damit bestätigen sich - fürchte ich - vorzugsweise Deine Vorurteile.
Denn Mose hatte mit der Eroberung Jerusalems nun wirklich nichts zu tun.

Gruß - Rolf

Hi Rolf,

„Melchisedek“ kann Folgendes bedeuten:
‚König ist (der Gott) Sedek‘
oder
‚(der Gott) Melek ist gerecht‘

Die zweite Möglichkeit - die wahrscheinlichere …

Dem möchte ich widersprechen:
Mäläk _war nämlich ein phönizischer Gott, mit dem dieser (vermutliche, aber auf jeden Fall nicht-israelitische) Priesterkönig sicher nichts zu tun hatte.

Die Deutung des Namens מלכי־צדק (malki-zädäq_
) als „mein König ist Zädäk“ ist allein daher schon näherliegend, als es zu dieser Zeit einen kanaanäischen Gott (der Gerechtigkeit) namens Zadok tatsächlich gab.

Gruß

Metapher

Mandäer (offtopic)
Hi Rolf,

In den Gruppen der Nazoräer und der Mandäer sind ja offenbar
Teile seines Jüngerkreises aufgegangen.

Die Nazoräer sind die Mandäer. Ihre Selbstbezeichnung war mandaje und nassoraje. Daß sie etwas mit den Johannesschülern zu tun hatten ist ein Gerücht, das durch Missionare des 17. Jhdts aufkam, die die Leute „Johannesjünger“ nannten, weil sie vermutlich die arabische Bezeichnung für Christen: nassara mit nassoraje verwechselten.

Gruß

Metapher

2 „Gefällt mir“

Hallo Rolf,

auf die Gefahr hin, dass der Moderator wieder streicht, will ich Dir aus Lorber eine Szene in 4 Versen bringen, die zeigt, dass Melchisedek Gott ist!

[HGt.03_361,03] Darauf legte der Herr Seine rechte Hand auf das Haupt Noahs und segnete ihn und somit sein ganzes Haus.

[HGt.03_362,12] Ich aber will dir nun noch ein Ding offenbaren: Siehe, da es Mir nun wohlgefällt auf dieser Erde, so will Ich Mir als ein wahrer Fürst der Fürsten, Herr der Herren und König der Könige eine Wohnstätte errichten auf dieser Erde! Unweit von hier werde Ich Mir eine Stadt erbauen und werde wohnen in derselben bis zur großen Zeit der Zeiten, alswann Ich Selbst [als Jesus] im Fleische wandeln werde unter Meinen rechten Kindern!
[HGt.03_362,14] Wann Ich zu deinen Vätern kam, da ward Ich wieder unsichtbar; aber du sollst Mich nun auf Meinen Füßen über den Boden der Erde wie einen Menschen von dannen ziehen sehen gegen Abend hinauf in ein Land, das da Kanaan (gesegnetes Land) heißen soll!
[HGt.03_362,15] Du wirst es erreichen in siebzehn Tagereisen! Allda werde Ich Mir eine Stadt erbauen; diese sollst du und alle deine Nachkommen ,Salem‘ heißen! Mein Name aber als des Fürsten der Fürsten, Herrn der Herren und Königs der Könige wird sein ,Melchisedek‘, ein Ältester (Priester) von Ewigkeit!

Ist das nicht eine interessante Erklärung?

Herzliche Grüße
Helmut

PS: Wenn Du willst, kann ich Dir einen größeren und zusammenhängenden Ausschnitt schicken.