ihr kennt ja bestimmt alle das Gedicht „Melusine“ aus Pappa ante Portas:
Krawehl! Krawehl!
Taubtrüber Ginst am Musenhain!
Trübtauber Hain am Musenginst!
Krawehl!
Nun habe ich durch die Lektüre von Zolas „Nana“ erfahren, dass es eine Sagengestalt „Melusine“ tatsächlich gibt. Auch „Ginst“ ist fürwahr ein deutsches Wort (hätte ich nie vermutet)!
Deshalb frage ich mich, ob dieses Gedicht, welches ich bislang unter Nonsense-Lyrik abgelegt hatte, nicht doch einen tieferen Sinn besitzt. Über einen Musenhain und das Wort „Krawehl!“ kann ich jedoch nichts herausfinden. Vielleicht wisst Ihr da mehr?
Überdies schrieb die Wiki, diese bülowsche Bearbeitung des Melusinestoffes knüpfe an die Poetik Trakls an. Ich las daraufhin die beiden Melusine-Gedichte von Trakl, fand jedoch keine offensichtlichen Gemeinsamkeiten mit demjenigen von Loriot. Ist das wieder der „Ich-will-auch-noch-was-schreiben“-Effekt von Wiki, oder übersehe ich da was?
Deshalb frage ich mich, ob dieses Gedicht, welches ich bislang
unter Nonsense-Lyrik abgelegt hatte, nicht doch einen tieferen
Sinn besitzt. Über einen Musenhain und das Wort „Krawehl!“
kann ich jedoch nichts herausfinden. Vielleicht wisst Ihr da
mehr?
Thüring von Ringoltingen schrieb 1456 einen der ersten Prosaroman überhaupt. Sein Name: Melusine. Hat aber wenig mit Loriots lyrischer Schöpfung zu tun
einen tieferen Sinn zu suchen, bedeutete, auf Loriots Parodie moderner Lyrik hineinzufallen.
Was Dir als Vorbild entgangen ist, findest Du unter dem Stichwort „Expressionismus“ (und damit auch Trakl). Das beste Beispiel ist A. Stramms Patrouille:
danke insbesondere für den Hinweis auf Arno Schmidt. Ob der Musenhain auf den Göttinger Hain anspielt, bin ich nicht sicher; aber Krawehl ist wohl eindeutig.
einen tieferen Sinn zu suchen, bedeutete, auf Loriots Parodie
moderner Lyrik hineinzufallen.
Jaja. Ich mein ja nur …
Alles, was Loriot schreibt/spielt/spricht, hat einen tieferen Sinn. Sicher nicht das „Melusine“-Gedicht als solches, aber es gibt offenbar einen Grund, warum er es genau so „gedichtet“ hat.
Jaja, es hätte auch komplett sinnfrei sein können (so wie das „Neue Doppel-Saalelied“, von dem mir immer der Autor entfällt: An der Doppelsaale hellem Doppelstrande / stehen Doppelburgen stolz und doppelkühn …), aber nachdem es Melusine und, wie ich jetzt weiß, Krawehl tatsächlich gibt, wird der Seitenhieb auf moderne Lyrik doch viel deutlicher als durch die „einfache“ Persiflage, die nur Worte scheinbar sinnfällig aneinanderreiht (wie sie ein Mitschüler von mir im Deutschunterricht verfasste: Jackenfliegen / durch die Lüfte / Großer Schmerz in meiner Hüfte / und es wird. Da niemals heller, / mit dem Messer geht’s schneller!)
Was bei Loriot persifliert wird, ist mir völlig klar, der „missing link“ war nur der Herr Krawehl.