Abschlussposting meinerseits.
Hallo!
Er ist das,
weil er die Wahl hat, in welcher Weise er die Welt
umgestaltet.
Er glaubt, dass er die Wahl hätte. Das geht in
die Diskussion um die Existenz eines freien Willens.
Nein, das wollte ich eigentlich nicht bezwecken. Man kann es als freie Willensäußerung interpretieren. Man muss aber nicht. „die Wahl“ ist wieder nur eine Metapher für Flexibilität. Zum freien Willen gäbe es auch noch viel zu sagen, aber das würde den Rahmen hier sprengen. Beschränken wir uns also auf die ökologischen und evolutiven Aspekte.
Eine Hefezelle wird sich
im Traubenmost so lange vermehren und anaerob Alkohol
herstellen, bis sie sich dadurch selbst vergiftet. Und jede
nachkommende Hefezelle wird das wieder tun. Wäre der Mensch in
ihrer Situation, so könnte er Sauerstoff in den Traubenmost
einblasen und aerob Kohlendioxid erzeugen, ohne sich selbst zu
schaden. (Ich sage nicht, dass er das tatsächlich tun würde,
aber er hätte die Wahl, es zu tun…)
Das ist ein super Beispiel! Menschen *sind* genau in einer
solchen Situation. Sie blasen auch CO2 in ihre Umwelt, sie
verbrauchen nichtwiederzuersetzende Resourcen (nicht nur
Brennstoffe, auch zB. Phosphate, die für Dünger benötigt
werden!). Sie vergiften Flüsse, Meere, die Luft und den Boden.
Unzähliche Menschen leiden unter den Folgen. Wir leben falsch
und wir ernähren uns falsch.
Wieder verwechselst Du Vernunft und Zielorientierung. Was der Mensch tut, ist unvernünftig. Aber er hat aus mehreren Alternativen genau diese ausgewählt (ob aus freiem Willen oder nicht ist zweitrangig). Die Hefezelle hat nur eine Wahl.
Auch hier greifen
mehr oder weniger evolutive Prinzipien, indem verschiedene
Gesellschaften unterschiedliche (Vermeidungs- und
Problemlösungs-)Strategien probieren und sich das
erfolgreichste Konzept am Ende durchsetzt.
Wie wahr! Aber das bestätigt ja nur meine These, dass es beim Menschen noch andere Formen der Evolution gibt als die klassische biologisch-genetische, und dass der Mensch deswegen eine Sonderstellung hat.
Was ist unvernünftiger an einer Hefezelle, die den angebotenen
Zucker nutzt, um sich zu vermehren?
Nochmal: Ich bezeichnete das Verhalten des Menschen nicht als „vernünftig“. Diese Qualität war stets Deine Interpretation. Die Hefezelle verhält sich so, wie es ihre einzige mögliche Verhaltensweise ist. Dem Menschen stehen stets mehrere Wege offen. Er entscheidet sich für einen davon (nochmal: Ob aus freiem Willen oder nicht, ist völlig egal). - Zur Klarstellung: Es geht hier nicht um einsichtiges Handeln. Es ist schon lange bewiesen, dass auch Affen dazu in der Lage sind (wahrscheinlich auch Wale und Rabenvögeln; Manchen Raubtieren und Elefanten würde ich es auch zutrauen…). Es geht um die Wahl einer ökologischen Nische.
Für mich ist die Möglichkeit, durch „genetische Leistungen“
(Aufspaltung in verschiedene Arten) oder durch „memetische
Leistungen“ (naja, was der mensch halt so macht) Verbreitung
zu finden, aus sicht der Biologie im Allgemeinen irrelevant.
Im Besonderen sind das natürlich faszinierende Unterschiede!
Wie mit allen biologischen Phänomenen.
Ein letzter „Überzeugungsversuch“: Wenn alle Organismen einer biologisch-genetischen Evolution unterliegen, die zu einer unvorstellbaren genetischen, biochemischen und ökologischen Diversität führt, und eine spezielle Art die entsprechende biochemische1 und ökologische Diversität - ganz ohne genetische Diversität! - erreicht, ist dann diese eine Art nicht etwas ganz besonderes?
1: Biochemische Diversität? Wie jetzt? Der Stoffwechsel des Menschen ist derselbe wie bei allen Tieren. Der Stoffwechsel schon, aber welches Lebewesen außer dem Menschen ist schon in der Lage, Kunststoffe, Stahl, Papier, Brennstoffe, Lacke&Farben, … herzustellen?
Zum Abschluss unseres Disputs der Versuch einer Synthese: Nach biologischen Kriterien ist der Mensch klar ein Angehöriger des Tierreiches. Er hat jedoch zusätzlich zu den rein biologisch-genetischen Aspekten die Fähigkeit zu einer kulturellen Evolution erworben. (Ich glaube, in diesem sachlichen Punkt sind wir uns einig).
Ob man dem Menschen dann aus dem kulturellen Blickwinkel eine Sonderstellung einräumt (meine Sichtweise) oder ob man ihm aus biologischer Sicht, diese Sonderstellung verweigert (Deine Sichtweise), ist letztendlich Geschmackssache.
Einverstanden?
Mit freundlichem Gruß,
Michael
PS: Leider scheinen wir diese Fragen viel spannender zu finden als der UP selbst…