Mensch + Übersprungshandlung?

Vor ein paar Tagen habe ich interessanterweise mitbekommen, wie eine Studentin ihrer Tischnachbarin deren Konzentrationsprobleme bei der Hausarbeit erklären wollte: Nach ihrer Erklärung hat die Freundin bei der Lernerei ständig eine Übersprungshandlung und geht deswegen sauber machen oder telefonieren, obwohl etwas anderes wichtig wäre (–> prokrastinieren).

Mich wundert immer noch, dass der Begriff „Übersprungshandlung“ auf Menschen übertragen wird. Dann auch noch in so einer Situation, in der kein immenser Stress ausgelöst und schon gar nicht instinktives Kampf- oder Fluchtverhalten ausgelöst werden müsste.

Wie passt das mit den Konzentrationsproblemen beim Lernen zusammen? Kann man Übersprungsverhalten beim Menschen erkennen?

Servus,

ich glaube nicht, dass die von der Studentin geschilderten Verhaltensweisen „Übersprungshandlungen“ sind.

Normalerweise muss sich die Person in einem Konflikt zwischen zwei Verhaltensmöglichkeiten befinden, damit eine „Übersprungshandlung“ oder „Übersprungsbewegung“ auftritt.

Ein Beispiel hierfür wäre beim Menschen das Kratzen am Kopf bei schwierigen Entscheidungen (z.B. rechts oder links mit dem Auto abbiegen) oder „Putzverhalten“ (z.B. Brille putzen, gerade rücken, übers Haar streichen, etc.) vor einer Rede (in Reaktion auf einen unterdrückten Fluchtinstinkt).

Die Faktoren sind also nach der Theorie: Äußerer Stress, der zu innerem Stress führt und auf den mit zwei verschiedenen, im Konflikt stehenden Verhaltensweisen reagiert werden kann, und der dann zu einer „Übersprungsbewegung“ als Ausdruck und Ventil für die „innere Spannung“ führt.

Daher glaube ich nicht, dass bei der Studentin Übersprungsverhalten stattfindet, da sie zwar möglicherweise im (Lern)stress ist, jedoch sich nicht zwischen zwei gegenteiligen Reaktionen (Lernen und Lernen?) entscheiden muss, die dann „übersprungsartig“ zu Putzverhalten führen würden.

Anscheinden sollte die Studentin wirklich nochmals ein wenig lernen, um den Unterschied zwischen Übersprungsverhalten und Prokrastination einordnen zu können:wink:.

Bei all dem zuvor gesagten sollte man allerdings bedenken, dass die Theorie der Existenz einer „Übersprungshandlung“ umstritten ist.

Gruß,
Sax

Ja, irgendwo habe ich das auch mal gehört, dass die Theorie generell überholt sein soll. Aber Instinktverhalten allgemein läuft ja ungefähr in diese Richtung, oder?

Ich weiß nicht, was das für eine Situation ist, wenn sie dann zu Hause sitzt und lernen müsste. Vielleicht steht sie unter Stress, wenn sie allein ist. Oder es gibt bestimmte Aspekte, die ein automatisiertes Verhalten auslösen. Kommt wohl auch auf die Einstellung an, deswegen finde ich Instinkttheorien beim Menschen etwas schwierig.

Wie genau soll man eigentlich diese „innere Anspannung“ definieren? Allgemeine Nervosität oder was ist das? Das, was mir immer dazu einfällt, ist Bewegungsdrang. Allerdings muss es ja auch ohne motorischen Zwang gehen, dass man sich angespannt fühlt. Ist das Konzentrationsproblem dann das Resultat oder direkt diese „innere Anspannung“? Wäre ja wichtig zu unterscheiden, wenn man dagegen vorgehen möchte.

Man erkennt Übersprunghandlungen, die es durchaus auch beim Menschen gibt (warum auch nicht?), daran, dass man sie, zumindest ansatzweise, schon ausgeführt hat, bevor sie einem bewusst werden.

Was die fragliche Dame produziert ist typisches Ausweichverhalten, sie weicht dem Lernstress dadurch aus, dass sie eine andere, mehr oder weniger sinnvolle Tätigkeit vorschiebt, die sie, zumindest für eine gewisse Zeit, vom eigentlichen Problem abhält.

Das kann manchmal ganz sinnvoll sein, verkommt aber leicht zur Manie und ist dann wirklich schädlich. Der Stress wird zwar momentan gemildert, geht aber nicht weg und verstärkt sich eventuell noch.

Dieses Verhalten wird geradezu vorbildlich gezeigt in der Folge „Spongebob Schwammkopf der Aufsatz“

http://www.youtube.com/watch?v=pgLsO9iFm_U

Gruß, Nemo.