Merkwürdige Konstruktion: «ich WAR gestanden»

Hallo
Ich höre derzeit «Das Streichelinstitut» von Clemens Berger.
Darin kommen mehrfach Satzkonstruktionen wie diese:

ich war im Bett gelegen
ich war am Fenster gestanden
ich war nach XY gefahren

Die so gebildeten Sätze wirken auf mich (Schweizer) zwar irgendwie lustig, aber eben doch falsch.
Ich hätte so etwas mit «ich bin …» gebildet.
Oder allenfalls «ich habe im Bett gelegen»

Handelt es sich hierbei um eine lokale Eigenheit oder dialektale Färbung (der Roman spielt in Wien, der Protagonist hat ungarische Wurzeln)?

Freundliche Grüsse
scalpello

Stehen mit Hilfsverben sein und haben
Salü Scalpello,

die Verwendung der Hilfsverben „sein“ und „haben“ mit „stehen“ - beide sind richtig - ist etwas, an dem man auch heute noch bei abgeschwächten Dialektelementen in der Standardsprache klar wie sonst selten die Grenze zwischen oberdeutschen und niederdeutschen Di… (mit Ausnahme des Westens, der eh seine Eigenheiten hat) erkennen kann.

Das, was Dir beim Hören falsch klingt, ist wohl nicht so sehr die Verwendung des Hilfsverbes „sein“ - das kennen wir ja aus dem Schwäbischen und Alemannischen eigentlich auch so -, sondern die Verwendung einer Art Plusquamperfekt-Form, die eigentlich Vorzeitigkeit in der Vergangenheit ausdrückt, für ein einfaches Präteritum.

Diese Verwechslung der Tempora muss jedem „Lateiner“ schmerzhaft klingen, aber im literarischen Zusammenhang, wo der Autor eine gewisse Freiheit genießt, darf man sie ihm lassen, finde ich. Insbesondere auch deswegen, weil sie regional gar nicht weit vom eigentlichen Hochdeutschen entfernt konzentriert vorkommt, mit dem uns Luther beglückt hat - vgl. die verlinkte Karte.

Sey gegrüesst!

MM

sondern die Verwendung einer Art Plusquamperfekt-Form

… die mE so im Süddeutschen Raum auch nicht verwenden. Ebenso wie das Imperfeklt „Ich stand“ duch den Pefekt „Ich bin gestanden“ ersetzt wird, wird ME das PlusQPerf „ich war gestanden“ durch „ich bin gestanden gewesen“ ersetzt. Deswegen klingt das für Süddeutsche merkwürdig.

Gruß,
Max

Danke!
Hallo MM und Max

Ich danke Euch herzlich für die kompetenten und interessanten Antworten.

Das, was Dir beim Hören falsch klingt, ist wohl (…) die Verwendung einer Art :stuck_out_tongue:lusquamperfekt-Form (…) für ein einfaches Präteritum.
Diese Verwechslung der Tempora muss jedem „Lateiner“ schmerzhaft klingen,

Ja, da triffst du ins Schwarze!
Bloss habe ich das Unbehagen nicht unter die Lupe genommen, und bin gedanklich am Hilfsverb hängen geblieben.

Freundliche Grüsse
vom frisch geschliffenen
scalpello

Hallo Max,

ja, dieses Hilfs-Plusquamperfekt habe ich schon oft zum Lob des Schwäbischen eingesetzt, in dem es auf diese Weise einen Konjunktiv Plusquamperfekt gibt, der dem Standarddeutschen fehlt.

Schöne Grüße

MM