die Midterms sind schon ein bisschen her, aber ich wollte zumindest noch auf das Ergebnis in Arizona warten
Also, wie schaut’s aus?
House of Representatives
Hier kam es zu der erwarteten Wende, da die Partei des amtierenden Präsidenten bei den Midterms traditionell Sitze einbüßt. Der Zuwachs für die Dems mit 38 bis 40 Sitzen ist ganz ordentlich, aber bei weitem kein Rekord. Eine blue wave sah ich hier nicht.
Gouverneure
Ein Wahlkampf, der gerne übersehen wird, aber gerade für die kommenden Wahlen äußerst wichtig ist (Gerrymandering). Auch hier gewannen die Dems, aber auch hier gab es wenige Überraschungen. Die meisten der acht neuen blauen Gouverneure sind in (hell)blauen Staaten, nur Kansas sticht hier raus. Auf der anderen Seite konnten die Republikaner Ohio halten und werden wohl auch in Florida und Georgia gewinnen. Allerdings sind die Abständen bei den letzten beiden Rennen sehr knapp, was eigentlich ein Warnsignal für die GOP sein sollte.
Senat
Hier gab es ein paar spannende Rennen wie zB in Florida (wird wohl an GOP gehen) und Texas. Arizona ging wie gesagt an die Dems, die Republikaner konnten aber ihre Mehrheit halten und vermutlich auch ausbauen.
Man kann von Trump halten, was man möchte, aber er animiert die Menschen dazu, sich für Politik zu interessieren
Die Wahlbeteiligung scheint die höchste seit 100 Jahren gewesen zu sein und das ist auf jeden Fall mal etwas Gutes. Weniger gut sind die Aussichten für Trump. Mit dem House übernehmen die Dems eine Reihe von mächtigen Ausschüssen und können nun dem Präsidenten ordentlich auf die Finger schauen (genau wie es die Gründerväter beabsichtigt hatten). Im Senat hat er etwas mehr Luft, wodurch neue Bestellungen auch in den nächsten zwei Jahren kein Problem sein sollten. Allerdings wird es ohne die Dems keine Gesetze mehr geben und auch wenn Trump von einem ‚großen Sieg‘ für die GOP sprach sehe ich das ganz anders.
Ich finde das alles andere als gut, aber das ist nicht das Threadthema.
Da schließe ich mich eigentlich an, finde aber, dass Trump aus seiner Sicht ziemlich gut davon gekommen ist. Einer, der so polarisiert, dem dann bei den Midterms (die traditionell die oppositionelle Partei begünstigen) aber so vergleichsweise wenig Gegenwind in Gesicht bläst, der kann sich schon ziemlich bestätigt fühlen. Ein anti-Trump-Ergebnis, wie erhofft, haben die Midterms jedenfalls nicht einmal annähernd geliefert.
Die Frage ist, wie Trump mit der verlorenen Mehrheit nun umgeht.
Ob er noch stärker spaltet, ob er plötzlich als Einiger auftritt oder ob er als der große Deal-Maker ad-hoc-Mehrheiten sucht, indem er versucht, Teile der Demokraten für einzelne Vorhaben auf seine Seite zu ziehen. Letzteres wäre eigentlich ziemlich „trumpish“ finde ich, und könnte ihm sogar eine stärkere Position in der eigenen Partei verschaffen.
Ansonsten: Ich hab den Eindruck, die Midterms haben die demographische Spaltung weiter vertieft hinsichtlich Geschlecht, Alter, Hautfarbe und SES. Das ist für die Demokraten keine so gute Aussicht in Bezug auf die kommenden Präsidentschaftswahlen, finde ich, weil das Trump die Zügel gut in die Hand gibt, wenn er seinen festen Stamm fest im Sack hat, und gemütlich je nach Umfragelage dem bunten Haufen (Metropolen, Frauen, Latinos) der Anderen ein paar Köder hinwerfen kann.
Die Midterms sind halt doch immer noch Wahlen auf Länderebene und beim Senat war die Ausgangsposition der GOP einfach viel besser. Wenn man von 33 Sitzen nur 9 verteidigen muss, sind Zugewinne ungleich einfacher. Zumal es bei den letzten Wahlen 2012 ein paar sehr knappe Siege der Dems gab (zB Indiana mit 50,04% oder North Dakota mit 50,2%), die dieses Jahr verloren wurden.
Aber auch für die Republikaner wurde es in manchen Staaten ziemlich knapp, von denen das nicht zu erwarten gewesen wäre (zB Texas oder Georgia). Das bedeutet dann, dass sie 2020 wohl auch in tiefroten Staaten Geld für Werbung ausgeben müssen.
Imho ist eher die Frage, wie die Demokraten mit ihrer gewonnen Mehrheit umgehen
Sollten sie anfangen, Trump genauer auf die Finger zu schauen und beispielsweise seine Steuererklärung verlangen. Trump selber versprach in dem Fall ja eine “war-like posture” und diese Möglichkeit fände ich wiederum sehr „trumpish“.
Ich bin da auch etwas zwiegespalten. Im Grunde geht’s beim US Wahlkampf um ein Dutzend Bundesstaaten und da kann viel passieren. Es hängt aber auch viel vom Gegenkandidaten ab. Beto O’Rourke würde ich beispielsweise sehr gute Chancen einräumen. Jemand, der in Texas so gute Werte abliefert, könnte auch landesweit konservative Stimmen bekommen.
Entscheidend wird das nächste Jahr. Mal sehen ob Pelosi sich durchsetzt und dann hoffentlich keinen Gingrich baut
Obama musste 2010 auch zusehen, wie ein grosser Teil der Felle davonschwamm.
Nicht unähnlich lief es früher in D, wenn die Parteien der Bundesregierung bei nachfolgenden Landtagswahlen einen gewissen Oppositionseffekt verschmerzen mussten. Wobei ich explizit die Zeit ab 2015 wg. bedeutend heftiger Effekte ausklammere.
Und ehrlich gesagt schaut es da ganz düster bei der GOP aus. Die führt nämlich nur bei Weißen, Alten und wenig Gebildeten.
Die Alten haben die Angewohnheit zu sterben und der Anteil der weißen Bevölkerung nimmt immer weiter ab. 1990 waren noch ca. 75,6% der US Bevölkerung 'non-hispanic whites’. 2000 waren es noch 69,1% und 2012 62,8%.
Ungebildete wird es immer geben, da müssen sie sich also keine Sorgen machen
Dass die GOP überhaupt noch was zu sagen hat, liegt einerseits an dem Wahlsystem (Stichwort Wahlmänner). Andererseits versuchen die Republikaner auf Länderebene seit Jahren alles, um die eigenen Stimmen aufzuwerten (Gerrymandering) und gleichzeitig die Stimmabgabe für Nichtweiße durch immer neue Gesetze möglichst schwierig zu gestalten. Hillary bekam fast 3 Millionen Stimmen mehr als Trump und jetzt bei den Midterms liegen die Dems sogar 12 Millionen Stimmen vorne.
Ich sehe bei der Demographie ganz klare Vorteile bei den Dems. Jedenfalls so lange, wie die GOP nicht in der Lage oder Willens ist, sich mal zur Mitte hin zu bewegen.
Wenn man nur die Oberfläche betrachtet, stimmt das natürlich. Wenn man genauer hinschaut, findet man schon ein paar interessante Dinge:
Aktuell haben die Dems ein Plus von 38 Sitzen. Das ist der beste Wert seit 1974 (Nixon) und von den 5 offenen Rennen werden die Dems vermutlich 2 gewinnen.
Bei den gewonnen Sitzen waren ein paar große Überraschungen dabei wie zB South Carolina 1. Den Staat gewann Trump damals mit 14% Vorsprung und die Kandidatin dort wurde von ihm persönlich ausgewählt und massiv unterstützt. Der Sitz ging mit 1,4% Vorsprung an die Dems.
Bei der popular vote sind die Dems um ca. 12 Millionen Stimmen vorne. Das mag jetzt und 2020 wenig nützen, ist aber ein klares Signal.
In Arizona gibt es den ersten demokratischen Senator seit 24 Jahren
in Texas holten die Dems mit 48% das beste Ergebnis seit 1934
Das ist nur ein Teil der Erkenntnisse aus der Wahl und Trump hat allen Grund nervös zu sein.
Der Unterschied ist, dass die USA 2010 noch massiv unter der Wirtschaftskrise litten und das Jobwachstum gerade erst einsetzte. Außerdem wurde mit dem Affordable Care Act eine massive und umstrittene Reform umgesetzt.
Außerdem sahen die Vorzeichen ganz anders aus. Von den 37 Senatsplätzen hielten die Dems 19 und die GOP 18. Dieses Jahr mussten die GOP von 33 Sitzen gerade mal 9 verteidigen. Auch hier lohnt sich also ein genauerer Blick, wenn man das Ergebnis verstehen möchte.
Auf beides würde ich nicht zu sehr setzen.
Alte sterben weg - und Junge werden älter.
Diese Parteipräferenzen haben ja weniger fix mit den Alterskohorten zu tun, sondern mit dem aktuellen Lebensalter, speziell der sich verändernden Stellung im ganzen Getriebe. Als Unistudent Ende 20 siehst du die politische Welt halt anders denn als Junior Executive Anfang 40 usw.
Auf „race“ gehe ich nicht ein, weil mir das zu komplex erscheint. Klar ist nur, dass die Republikaner auch langfristig keinen Fuß in die Gruppe der Schwarzen reinbringen werden. Sonst sehe ich da keine langfristigen Gegebenheiten.
Wenn man die Demographie und nicht die politische Programmatik betrachtet, dann gehts ja nicht um die Bewegung hin zur politischen Mitte, sondern schlicht darum, dass die Republikaner nach Trump eine stärkere Annäherung an die Hispanics (eh nicht wirklich eine annähernd heterogene Gruppe, sondern mehr statistisches Artefakt) suchen werden müssen. Das werden sie und da sehe ich auch kein nennenswertes Hindernis. Da gibts dann halt, sehr lapidar gesagt, ein paar spanische Wahlkampfreden mehr, was aber durch die allgemeine Hispanisierung der USA eh erforderlich werden wird.
Ich stimme dir teilweise zu, aber ich denke, das Phänomen geht tiefer als nur bis zum Geldbeutel. Die GOP hat große Probleme damit, neue gesellschaftliche Strömungen aufzunehmen. Themen wie Abtreibungen, Rassismus oder LGBT sind imho eine fixe Konstante und hier änderst du deine Meinung eher seltener, wenn du älter wirst. Zudem macht die GOP imho keine Politik für die obere Mittelschicht (falls du das mit ’ Junior Executive’ meintest). Trumps Kernwähler sind (überspitzt formuliert) einerseits die weiße Unterschicht und andererseits die weiße Elite. Klar darf man den Bildungsgrad alleine nicht als Indikator hernehmen, aber die Zahlen hier sprechen Bände. Auch darf man nicht vergessen, dass die Bevölkerung in den USA anders aufgebaut ist, als etwa bei uns:
Wer junge Wähler mobilisieren kann, hat hier einen großen Vorteil.
Da wird es aber nicht genügen, dass Trump weg ist, sondern da müsste ein großer Teil der jetzigen Führungsriege abtreten. Nur darf es dann eben nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Wenn ich mir als non-white die GOP Kandidaten anschauen muss ich mich (jetzt) schon fragen, ob ich von dieser Partei tatsächlich repräsentiert werde. Aber gut, das sollte eigentlich jetzt schon bei den Frauen auch zutreffen
Auf jeden Fall (wobei damit ja auch nicht nur der Geldbeutel gemeint ist; z.B. Elternschaft verändert den politischen Blick sehr; auch andere Faktoren des Alterns).
Da bin ich nicht so sicher, dass die sooo fix sind, aber a) zweifellos gibts kohortentypischen politische Haltungen, und b) zweifellos tun sich die Republikaner bei solchen Themen schwerer bzw. nehmen sie, wenn überhaupt, später und halbherziger auf.
Da gebe ich dir absolut recht.
Sicher richtig.
Ich wollte sagen, dass Trump, so sehr er bereits ein Symptom der Krise der Republikaner ist, diese Neuausrichtung verhindert und die Krise noch weiter verschärft. Darum wird vor dem Ende Trumps keine Neuausrichtung möglich sein, danach aber unabdingbar.
Ich halte den Begriff non-white hier für problematisch. Wenn damit Black gemeint ist, dann ist die Frage eh längst und ganz klar mit Nein beantwortet, und für die Hispanics stellt sich diese Frage m.E. so nicht. Dass die Hispanics derzeit deutlich demokratischer wählen, hängt für mich ganz klar nicht so sehr mit ihrem „non-white-Sein“ zusammen, sondern mit Drittvariablen: deutlich jüngeres Duchrschnittsalter, wohnen eher in den Ballungsgebieten.
Da habe ich mich unsauber ausgedrückt. Ich meinte damit auch Latinos, obwohl die natürlich bei den whites (nach US Maßstäben) dazugerechnet werden.
Da muss man aber etwas differenzieren und sich die Kubaner getrennt anschauen. Clinton holte sich 2016 79% der Latinostimmen, während es bei den Kubaner nur 50% waren. Bei Mexikaner, Mittel- und Südamerikanern war sie ganz weit vorne und wenn du mich fragst, ist das mit ein Grund dafür, wieso die GOP so auf diese dämliche Mauer fixiert ist
Schaut man sich die Entwicklung der letzten jahre an, dann merkt man aber schnell, dass die GOP auch hier an Boden verliert:
Imho bestätigt das auch eher meine Einschätzung, dass die Jungen eine deutlich liberalere Einstellung haben und diese auch (zumindest teilweise) beibehalten. Noch ist die GOP hier relativ stark und es ist kein Zufall, dass die beiden höchsten republikanischen Latinos (Rubio und Cruz) kubanische Wurzeln haben. Aber sollte sich hier nicht massiv etwas ändern, werden sie Florida in absehbarer Zeit verlieren.
So hatte ich es schon verstanden.
Mir gings nicht um die Sauberkeit des Ausdrucks, sondern darum, dass es in diesem Kontext keinen Sinn macht, Hispanics und Schwarze unter „non-whites“ zu subsummieren.
Die Hispanics sind Zünglein an der Waage und die Schwarzen sind paradoxerweise ausgerechnet durch ihre starke Anbindung an die Demokraten ziemlich macht- und bedeutungslos.
Absolut.
Nicht nur die Kubaner übrigens, auch die Puerto Ricaner sind von den Mexikaner deutlich getrennt zu betrachten, v.a. weil die von Immigrations-Themen nicht so stark berührt werden.
Ist richtig, und m.E. zum Teil so ein Kohorten-Effekt, den wir ein paar Ebenen weiter oben diskutiert haben. Die Kubaner, die die Republikaner wegen ihrer harten Haltung im Kalten Krieg gewählt haben, sterben weg.
Da, mit der Parenthese, stimme ich voll zu.
Aber auch Partei-Programmatiken ändern sich und können mit den Wählern „alt werden“.
Nein, das ist kein Zufall.
(Wie wichtig die Latino-Karte ist, zeigt übrigens auch der Wahlkampf von Beto O’Rourke in Texas)
Das Problem der Republikaner ist aber, dass sie insgesamt und auf unteren Ebene zu wenige Hispanics in ihren Reihen haben. Das wird sich deutlich ändern müssen, weil die Hispanics-Gruppen logischerweise dazu tendieren, Kandidaten „ihrer Gruppe“ zu bevorzugen.
Ich denke aber, dass sich die allgemeine „Hispanisierung“ der USA ganz naturwüchsig auch in der republikanischen Partei niederschlagen wird.
Ich habe mich hier an die Umfragen zur Wahl von 2016 (House of Representatives Vote) orientiert:
Mexican: 86%
Puerto Rican: 84%
Cuban: 53%
Dominican: 91%
Central American: 85%
South American: 83%
Angesichts dieser Zahlen halte ich es schon für zulässig, die Latinos exklusive Kubaner als ziemlich homogenen Wählerblock zu sehen.
In the election for U.S. House of Representatives, (did/will) you vote for the…?
Democratic candidate: 74%
Republican candidate: 24%
Someone else: 2%
In Florida alleine waren es 59%/37%/3%
Spannend finde ich folgende Punkte:
Congress should enact stricter gun laws.
TOTAL AGREE 75%
TOTAL DISAGREE 14%
Congress should pass the DREAM Act, to allow young undocumented immigrants who came to this country as children the chance to live and work legally in the United States and eventually earn a path to citizenship.
TOTAL AGREE 84%
TOTAL DISAGREE 8%
During the 2018 election candidates said many different things about immigration. Which statement on immigration do you agree with more?
America has too many illegal immigrants, they hurt the economy, bring crime and gang violence to our cities. We have to crack down on illegal immigration. 18%
Immigrants just want to provide a better life for their families, just like you and me. I support legislation to make America more welcoming to immigrants. 77%
Hier geht es also zum Teil um Kernelemente der republikanischen Parteilinie und ich sehe da keine große Schnittmenge.
Trump kann, berücksichtigt man die verkrustete Ausgangssituation der fast schon grotesken Lagerverhärtung, mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein.
Dies unter Anwendung normaler Maßstäbe. Es mag sein, dass er in Wahrheit gekränkt ist, weil „er“ nicht haushoch hinzugewann.
Die Ausgangslage für den nun langsam beginnenden Präsidentschaftswahlkampf ist für DT sicher deutlich besser, als man sich das (hier in D bei den Empörten) nach den ersten Monaten im Amt erträumte/ersehnte.
Und wenn die DEMs entweder auf einen Linksaußen oder auf eine mehrfach Gescheiterte setzen, dann hat er tatsächlich gar nicht so schlechte Karten. Evtl. findet sich aber auch im Interesse der DEMs noch brauchbareres Personal.
Einerseits schon, aber wenn man nur mal die beiden größten Gruppen, die Mexikaner und die Puerto Ricaner vergleicht, wird man sehen:
durchschnittlich nicht nur auf andere Staaten verteilt, sondern sogar auf ganz andere Großregionen
die Mexikaner sind stark, die Puerto Ricaner so gut wie gar nicht vom wichtigen Thema Immigration betroffen
ein Teil der Puerto Ricaner sind Black Hispanics, die als solche auch Anschluss an die Black Community haben
Demographisch sind das schon wichtige Unterschiede, die sich natürlich in Wahlergebnissen (auch) deshalb nicht niederschlagen, weil bei den Puerto Ricanern (jung, Ostküste, z.T. schwarz) natürlich ohnehin die wichtigsten Faktoren für Wähler der Demokraten gegeben sind.