Guten Tag,
ein Mehrfamilienhaus wird von den Eigentümern in der ersten Etage bewohnt. Die Mutter des Eigentümers (auch anteilig Kapitalgeberin) ist nun nicht mehr in der Lage in ihrer bisherigen Wohnung zu leben, gesundheitlich bedingt. Sie benötigt zeitnah Betreuung und eine ebenerdige Wohnung. Aktuell wohnt sie zwei Stunden entfernt.
Die Erdgeschosswohnung ist seit 1980 vermietet an ein älteres Ehepaar.
Wäre hier eine Eigenbedarfskündigung zugunsten der Eltern des Eigentümers möglich? Und wenn ja wie sollte man Vorgehen?
Sich anwaltlich beraten lassen.
Ich würde die Kündigung vom Anwalt verfassen lassen, aber den Brief dann unter eigenem Namen schreiben und in einem persönlichen Gespräch übergeben. Nach jahrzehntenlangem Mietverhältnis möchte ich nicht Post vom Anwalt im Briefkasten haben.
In Ergänzung zu dem, was @X_Strom geschrieben hat: Man sollte sich überlegen, ob ein Aufhebungsvertrag eine Option wäre. Wenn die Mieter grundsätzlich begreifen, dass sie ausziehen müssen, und man ihnen im Gegenzug für eine einvernehmliche, schnelle Lösung ein interessantes Angebot macht, ist das regelmäßig für beide Seiten die beste Lösung. D.h. man kann z.B. anbieten, die Umzugskosten zu übernehmen oder auf eigene Kosten einen Makler mitder Suche nach einer Wohnung zu beauftragen ( ja, dass geht grundsätzlich, auch wenn viele Makler das nicht anbieten). Im Gegenzug erhält man dann die Sicherheit, dass nicht geklagt wird, und die Wohnung dann auch tatsächlich zum vereinbarten Termin zur Verfügung steht, bzw. sonst zumindest unmittelbar aus dem Vertrag dann geräumt werden könnte.
Ich verstehe dein Anliegen, ich verstehe nur nicht, warum der erste Gedanke der Anwalt ist.
Verstehst du denn die Mieter der Erdgeschosswohnung? In gewisser Weise ja schon, denn dir ist klar, dass die sich weigern werden, einfach auszuziehen - dir ist klar, dass es für ein älteres Ehepaar sehr schwer ist, ein neues Zuhause zu suchen.
Was spricht denn dagegen, mit ihnen einfach mal zu reden? Und ihnen bei der Suche nach einem neuen Zuhause zu helfen? Menschen sind nicht immer Egoisten, sondern die können vielleicht sogar dein Anliegen verstehen. Und wenn sie merken, dass du auch sie verstehst, werden sie anders mit der Situation umgehen.
Wenn du richtig Stress willst, dann geh zum Anwalt, stelle sie vor vollendete Tatsachen und zieh dein Ding durch. Und dann schau in den Spiegel und guck dir das *****loch an, das keinen menschlicheren Weg gefunden hat.
Und ich war es auch, der davon abriet, den Mietern danach einen Anwaltsbrief schicken zu lassen, sondern zu einem persönlichen Gespröch mit der Übergabe der schriftlichen Eigenbedarfskündigung riet.
In so einer Situation möchte ich zuerst wissen, wie die Rechtslage ist. Und zwar sicher.
Wie leicht kann man durch unbedachte Äußerungen seine Position unnötig schwächen?
Gerade als Anwalt habe ich geschrieben, dass eine einvernehmliche Lösung für beide Seiten Vorteile hat. Aber gerade als Anwalt weiß ich auch, dass viele Menschen als juristische Laien genau diesen Weg gar nicht kennen. Und sie wissen auch nicht, wie gut oder schlecht ihre Chancen in so einer Situation überhaupt sind, und welche Fallstricke es gibt, die es zu vermeiden gilt, wenn man an so ein Thema herangeht.
Daher finde ich es höchst bedauerlich, wenn (der Hinweis auf) anwaltliche Beratung hier von Dir gleich so interpretiert wird, als dass dies mit einem rein egoistischen Kampf mit harten Bandagen gleichzusetzen wäre. Vielmehr geht es dabei zunächst einmal darum, sich zu informieren, sich verschiedene Möglichkeiten mitsamt all ihrer Chancen und Risiken erklären zu lassen, um so zur im konkreten Fall bestmöglichen Lösung zu kommen. Und die kann hier angesichts eines offenbar bislang unbelasteten Verhältnisses so aussehen, dass man zunächst einmal die Möglichkeiten einer gütlichen Einigung im Sinne eines Aufhebungsvertrags auslotet, während es in anderen Fällen unter anderen Umständen angezeigt sein kann, die absolut wasserdichte, alle aktuelle Rechtsprechung bis ins Detail berücksichtigende Kündigung per Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. Aber genau diese Entscheidung sollte auf Basis fachlichen Rats getroffen werden. Der juristische Laie weiß oft weder darum, dass es durchaus unterschiedliche Wege zum Ziel gibt, noch kann er die konkrete Lage so beurteilen, dass er den optimalen ersten Ansatz finden wird, noch weiß er darum, wie dieser Weg rechtssicher begangen wird.
Und es kommt auch nicht von ungefähr, dass viele zunächst verfahrene Situationen sich genau in dem Moment auflösen, in dem die zweite Seite sich ebenfalls anwaltlichen Rat holt. Denn auch das muss keineswegs eine Eskalation der Angelegenheit bedeuten. Vielmehr ist die Situation der Gegenseite auch nicht anders. Auch sie weiß nicht, was juristisch wirklich an der Sache dran ist, was sie besser gleich akzeptieren sollte, als unnötige, kostenträchtige und belastende Prozesse zu führen, die für sie angesichts eindeutiger Rechtslage und Rechtsprechung mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ ausgehen werden. Wo es sich andererseits zu kämpfen lohnt, und welche realistischen Gegenforderungen man erheben kann bzw. mit welchen unrealistischen Forderungen man eine gütliche Lösung verhindern und zur Eskalation der Angelegenheit beitragen wird.
Wie es laufen kann:
Eine große Firma besaß ein Zweifamilienhaus direkt neben gewerblich genutzten Hallen.
In einer Wohnung wohnte ein Ehepaar seit den 70er Jahren, der Mann gehört zu den Veteranen der Firma (angestellt seit Firmengründung 1958, verstorben 2010).
Nun begann man 2012 mit der Planung für ein dringend benötigtes Bürogebäude. Die einzige Erweiterungsfläche am Standort wurde von genau diesem Haus belegt.
Chef und Chefin der Firma holten sich Rat ein: „Ja, da wird eine Kündigung möglich sein.“
Sie machten einen Termin mit der Seniorin. Man einigte sich auf einen Aufhebungsvertrag, man fand eine passendere (kleinere), schönere und preiswertere Wohnung, man übernahm die Umzugskosten und zahlte als Abfindung die Kaution für die neue Wohnung.
Wie es auch laufen kann:
Den Eigentümern einer Wohnanlage mit 24 Wohnungen wurde der Mietvertrag für ihre Villa gekündigt. Sie meldeten Eigenbedarf für die größte Wohnung der Wohnanlage an, direkt vom Anwalt an die Mieter geschrieben.
Die Mieter gingen auf Konfrontationskurs. Mittlerweile mussten die Eigentümer die Villa räumen und bezogen eine 90m² Wohnung, zudem mieteten sie einen Büroraum an und lagerten Möbel ein. Nach ca. 1,5 Jahren gab es dann schlussendlich das Urteil: Mieter müssen ausziehen. Kosten und Ärger in großer Höhe auf beiden Seiten.
Gern äußere ich mich als Themenstarter auch, zunächst mit großem Dank für die Beiträge.
Mir ist nicht an einer Eskalation gelegen. In arbeitsrechtlichen Sachverhalten bin ich erfahren, daher weiß ich zu antizipieren, dass es verschiedene Lösungswege geben wird.
Mir ist natürlich an einem einvernehmlichen Weg gelegen. Vorher allerdings möchte ich die Grundlagen (daher insbesondere Dank an den User WIZ) also die Sachlage inkl. möglicher Fallstricke nur möglichst gut kennen.
Wir kommen tatsächlich nicht grundlos zu dieser Entscheidung. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich so entscheiden würde, aber es geht nicht anders. Mehr möchte ich dazu nicht ins Detail gehen.
Mir ist nun zufällig auch noch aufgefallen, dass dieses Ehepaar wohl seit Jahren den Strom für mindestens drei eigene Kühlgeräte im Keller über den Gemeinschaftszähler abrechnet. Finde ich nicht ok.
Ich auch nicht.
Das hat aber in der aktuellen Diskussion nichts verloren und mit entsprechenden Vorhaltungen würde ich mich als Vermieter zurückhalte.
Drei Kühlgeräte?
Geht doch noch. Ein Kunde von mir hatte auf einmal 12000 kWh im Jahr auf der Rechnung. Zwei Mieter luden ihre Elektroautos am Allgemeinstrom auf.
(Und ich installierte daraufhin Motorschutzrelais, die bei über 4A nach kurzer Zeit abschalten.)
Nach 45 jahren Wohnzeit ist allerdings die Wahrscheinlichkeit recht hoch, daß die Mieter sich auf Härtefall berufen können: tiefe Verwurzelung im Umfeld, auch gesundheitliche Probleme. Da ist es sicher am effektivsten, ihnen ein sinnvolles Angebot zu machen (nein, ich meine NICHT: entweder ist in zehn Minuten Ihre Unterschrift oder Ihr Gehirn auf dem Aufhebungsvertrag…). Auch wenn der Vermieter sie möglicherweise herausbekommt, dauert das garantiert das eine und andere Jahr.
Nun, mein Wohnhaus wurde Ende letzten Jahres verkauft und die neuen Besitzer führten sich gleich mal damit ein, daß sie eine Kündigung wegen Eigenbedarf ankündigten. Daraufhin zeigte ich ihnen die Instrumente, wenn sie mich sauer machen: Kündigungsfrist je nach Wohnzeit diverse Monate, Widerspruch kurz vor Ende der Kündigungsfrist, Dauer von Kündigungsschutzklagen, Wahrscheinlichkeiten der Ablehnung beim Vorliegen von Schwerbehinderung, Gang durch mehrere Instanzen, Räumungsklage. Da kommen schon mal zwei Jahre zusammen. Wir einigten uns dann darauf, daß sie mir den Umzug organisiert und bezahlt haben. Glücklicherweise bekam ich eine neue Wohnung gleich innerhalb von drei Wochen. Im vorliegenden Fall sollten Sie sich drauf einstellen noch eine ordentliche Abfindung draufzupacken in Höhe von ein bis zwei Jahresmieten.
Tcha, dummerweise hatte ich gerade keine Million herumliegen. Außerdem bin ich kein netter Mensch, und wenn man ankommt „Hallo, wir sind die neuen Hausbesitzer und wollen Ihnen wegen Eigenbedarf kündigen“ trägt ds nicht unbedingt dazu bei, sofort Brüderschaft zu trinken…
Och, nachdem sie kapiert hatten, daß ich der mieseste Kerl sein kann, dem sie in ihrem Leben das Unglück hatten zu begegnen, sind wir allerbestens miteinander ausgekommen… sie bekamen die Miete pünktlich und ich war überaus höflich. Dementsprechend ist mein Rat an Leute, denen eine Eigenbedarfskündigung ins Haus flattert, dem Vermieter fundiert und mit ausgesuchter Höflichkeit darzulegen, daß ihm zwei überaus lästige und wohl auch teure Jahre bevorstehen, wenn er sich nicht dazu entschließt, den Mieter in irgendeiner Form aus dem Vertrag herauszukaufen. Und wenn er gar beabsichtigt, da irgendeinen Schmu zu machen, könnte man ihm das Dasein zur Hölle machen. Das probierte einer bei meinen Eltern. Als an der Wohnungstür ein fremder Name stand, gab es eine Klage, die die Gegenpartei krachend verlor mit saftigem Schadenersatz. Der Anwalt der Gegenseite (ein Mitschüler von mir, heute Staatssekretär im Verkehrsministerium) ging seitdem jedesmal, wenn er meine Mutter in der Stadt traf, auf die andere Straßenseite…
Es ist mir doch immer eine Freude, den Fragestellern hier behilflich sein zu können… Kürzlich war ich auf Reha, im Entlassbrief wurde meine freundliche Zugwandtheit explizit gewürdigt, die Schwestern drückten ein Tränchen weg, als ich mich veabschiedete