Hallo,
ich versuche mich daran, die Anzahl lebender (bzw. teilungsfähiger) Lactobazillen (im Moment Leuconostoc), die in Elliker-Brühe gezüchtet wurden, zu bestimmen.
Dazu verdünne ich die Ursprungslösung mit osmotisch ausgeglichener Salzlösung auf 10^-2, 10^-4 und 10^-6, gebe jeweils 1 ml auf eine geeignete Petrifilmplatte und inkubiere bei 30° für 72h. Man sieht danach gutes, lokal begrenztes Wachstum (dank Tetrazolium-Indikator
). Dabei arbeite ich natürlich sauber und steril.
Mein Problem: Irgendetwas klappt bei der Verdünnung nicht. Ich zähle auf den 10^-4 Platten einen Wert x (zwischen 180 und 40 je nach ursprünglicher Probe), aber auf der 10^-6 Platte finde ich viel mehr Bakterienkulturen als x/100 (zwischen 50 und 13). Im Prinzip sollten bei ~ 100 cfu/ml im 10^-4 ja nur noch ~1 auf der 10^-6 Platte wachsen. Ich finde aber immer auf der 10^-6 Platte 20-40% der 10^-4 (statt 1%)
Meine Ideen:
- Ich mache etwas völlig falsch: Um das zu testen habe ich eine Versuchsreihe dreifach parallel durchgeführt. Die Bakterienzahlen gleicher Verdünnung stimmen wunderbar überein, also ist zumindest beim Ausplattieren nichts völlig schief gegangen.
- Kontamination von außen: Ich habe am gleichen Tag an zwei verschiedenen Proben 180 (10^-4), 90 (10^-6) und 31 (10^-4), 13 (10^-6) gemessen. Sollte von außen etwas in die Probe gelangen, müsste das doch eine ~ konstante Zahl an Fremdbakterien sein? Dazu habe ich meine Pufferlösung einmal pur auf eine Platte aufgetragen - dort ist nichts gewachsen.
- Beim Bearbeiten/Schütteln zerbrechen Bakterienklumpen in mehrere Stücke: Unter dem Lichtmikroskop sieht man, dass die durchschnittliche Kettenlänge ~6 ist. Es gibt also keine riesigen Klumpen, die für eine so starke Zunahme sorgen könnten. Bei 180 in 10^4 sollten ja ~ 2 in der 10^-6 vorkommen, diese müssten dann in 45 Teile zerfallen.
- Pipettierfehler: ich verdünne jeweils 0,5 ml in 49,5ml Lösung. Selbst wenn ich ganz unsauber arbeite, müsste ich ja ~ 20 ml zuviel reingeben (dann läuft das Glas schon lang über …)
Ich habe nun wirklich alles ausprobiert, was mir dazu einfällt. Hat jemand eine Idee, woran das liegen könnte? Oder was man noch testen könnte?
Grüße,
Philip
Hallo Philip,
Wechselst Du denn die Pipettenspitze aus, wenn Du Deine Verduennungen herstellst bzw. wenn Du die Verduennungen auf die Agarplatten pipettierst? Das ist ein haeufiger Fehler und koennte zu dem von Dir beschriebenem Ergebnis fuehren.
Hier mein Vorschlag:
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Stelle Dir eine frische, sterile Salzloesung her (auch wenn ich davon ausgehe, dass Dein Problem NICHT durch Kontamination verursacht wird) … aber schaden kann’s ja nicht.
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Pipettiere die Salzloesung in STERILE Roehrchen (z.B. 49.5ml) (warum so viel? 9.9ml plus 0.1ml wuerde auch gehen).
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Vortexe Bakteriensuspension (BS) fuer 30sec um die Klumpen aufzuloesen.
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Pipettiere 0.5ml BS in das erste Roehrchen (1:100 Verduennung; 10^-2) --> verwerfe die Pipettenspitze
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Vortexe 10^-2 Verduennung fuer 10-30sec.
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Pipettiere 0.5ml von 10^-2 ins naechste Roehrchen (1:10,000 Verduennung; 10^-4) --> verwerfe die Pipettenspitze
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Vortexe 10^-4 Verduennung fuer 10-30sec.
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Wiederhole Schritt 6) und 7) fuer die naechste Verduennung (1:1,000,000 Verduennung; 10^-6). --> verwerfe die Pipettenspitze
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Pipettiere 10^-6 Verduennung auf Agarplatte und Verteile die Loesung (Drigalski-Spatel?) --> verwerfe die Pipettenspitze
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Wiederhole Schritt 9) fuer die Verduennungen 10^-4 und 10^-2. (wenn Du zuerst die hoechste Verduennung ausplattierst (10^-6), dann koenntest Du sogar die gleiche Pipettenspitze fuer 10^-4 und 10^-2 nehmen … aber lass hier mal auf Nummer sicher gehen und die Spitze verwerfen).
Ich habe es mal ganz ausfuehrlich geschrieben … sicher ist sicher
.
Durch das Vortexen sollten alle Bakteriencluster aufgeloest sein und die Verduennungen sollten auch ausreichende gemischt sein. Kontaminationen solltest Du auch per Auge feststellen koennen, denn der Morphology type der Kontaminanten unterscheidet sich wahrscheinlich von Deinen Bakterien.
Viel Erfolg!
Marcus
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Hallo Marcus,
danke für die Antwort. Genau so mache ich es, ich verwende sterile 1ml Einmalpipettenspitzen für eine Automatikpipette. Bei jedem Verdünnungsschritt verwerfe ich die Pipette.
Nur einen Vortexer habe ich leider nicht, ich muss mich mit 1 min sehr kräftig schütteln begnügen (aber ich habe sicher genug geschüttelt, dass es kein Mischproblem ist. Wenn das ein Problem wäre, sollte ich ja nicht jedes Mal mehr Bakterien als erwartet zählen).
Ich habe das Volumen so groß gewählt, um eine bessere Statistik zu haben. Meine 100mül Pipette hat einen größeren relativen Fehler als die große 1 ml Pipette.
Grüße,
Philip
Hallo Phillip,
tritt denn das Problem nur zwischen der 10^4 und der 10^6 auf?
Zwischen der 10^2 und der 10^4 ist alles OK?
Hast du schon mal versucht, die Auszählzeit zu verkürzen? Also nicht erst bei 72h, sonder schon mal nach 24, 48 ect nachzählen. So dass auszuschließen ist, dass dicht beieinander liegende Kolonien sich zu einer vereinigen und so der gezählte Wert niedriger ist als der reale. (Da ich nicht weiß, wie deine Platten aussehen, kann ich auch nicht sagen ob es daran liegen kann)
Und wenn alles nicht hilft, hast du schon mal überprüft, ob bei anderen Verdünnungsschritten der gleiche Effekt auftritt? Würde mich interessieren, ob das bei 10ner Schritten auch passiert.
Viel Erfolg,
Manuela
Hallo Philip:
Genau so mache ich es, ich verwende
sterile 1ml Einmalpipettenspitzen für eine Automatikpipette.
Bei jedem Verdünnungsschritt verwerfe ich die Pipette.
Und Du verwendest auch eine neue Spitze fuer jede Verduennung, die Du ausplattierst?
Nur einen Vortexer habe ich leider nicht, ich muss mich mit 1
min sehr kräftig schütteln begnügen
Das sollte nicht das Problem sein (und kraeftigt nebenbei Deine Armmuskulatur
.
Kannst Du denn abschaetzen, wieviele Bakterien Du ungefaehr in Deiner Ausgangskultur hast? Das koennte helfen herauszufinden, welche der Verduennungen naeher an der Ausgangszahl ist. Wie Manuela oben vorgeschlagen hat, wuerde ich mich auch interessieren, wie die Zahlen aussehen, wenn Du 10er Verduennungen machst. Hast Du auch mal versucht, eine Verduennungsreihe mit anderen Bakterien zu machen (z.B. E. coli)? Ob Deine Bakterien klumpen koenntest Du evtl. auch unter dem Mikroskop sehen.
Viel Erfolg,
Marcus
(aber ich habe sicher
genug geschüttelt, dass es kein Mischproblem ist. Wenn das ein
Problem wäre, sollte ich ja nicht jedes Mal mehr Bakterien als
erwartet zählen).
Ich habe das Volumen so groß gewählt, um eine bessere
Statistik zu haben. Meine 100mül Pipette hat einen größeren
relativen Fehler als die große 1 ml Pipette.
Grüße,
Philip
Hallo,
danke für die ganzen Antworten. Die Kolonien haben eine mittleren Abstand von mehreren Durchmessern, ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei diesem Abstand eine starke Beeinflussung geben sollte?
Ich erwarte zwischen 10^4 und 10^6 cfu/ml nach 24h Inkubation.Die gemessenen Zahlen liegen ja etwa in dieser Größenordnung. Da ich einige Proben gleichzeitig untersuchen muss, habe ich 10^-2 nicht mehr ausplattiert (zu wenig Platz im Inkubator).
Ich habe die Bakterien gefärbt und unterm Mikroskop betrachtet. Es sind kleine, längliche Kokken (zum Glück passt wenigstens das
) in Ketten mit mittlerer Länge von 4-6. Außer der geringeren Dichte kann ich keinen Unterschied zwischen 10^-4 und 10^-6 erkennen, die Ketten kommen in ähnlicher Länge vor (würde mich auch sehr wundern, ich habe die ursprüngliche Probe mehr als nur gründlich geschüttelt).
Es ist so merkwürdig, ich kann mir keinen Reim darauf machen.
Grüße,
Philip
Hallo Philip,
es kann schon sein, dass die Kettenlaenge einen Einfluss auf die CFU hat, die Du zaehlst. Daher mein Vorschlag, die Verduennungsreihe mit anderen Bakterien durchzufuehren. Das sollte helfen herauszufinden, ob Du technisch etwas falsch machst. Einfacher waere es natuerlich, einen Kollegen oder Deinen Betreuer nach Rat zu fragen bzw. diese zu bitten Dir mal ueber die Schulter zu schauen.
Allerdings: so ganz komplett daneben sind die Zahlen ja auch nicht. Und da Du die CFU auf der 10^-4 Platte zaehlen kannst (und die CFU auch vernueftig erscheint), benoetigst Du die 10^-6 ja gar nicht. Vielleicht ist es daher gar nicht Wert, Dir den Kopf weiter darueber zu zerbrechen.
Viel Erfolg,
Marcus
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