Hallo Chris,
Hallo Carl,
ich habe eine Zeitung vom 13.09 gefunden. Es war ein
OECD-Bericht, bei dem es
1.)um die hohe Abhängigkeit der Bildungserfolg von der
sozialen Herkunft,
2.) um den vergleichsweise geringe Prozentsatz junger Menschen
mit abgeschlossenen Erststudium (20,6 %) und
3.) die vergleichsweise geringen Ausgaben für Grundschüler
ging.
Ich bezweifle stark, dass dies nur daran liegt, dass alle
andere Industrieländer keine vergleichbare Immigration kennen
oder dass sie die Immigration besser meistern.
welches Land außer Deutschland läßt denn in großem Stil Einwanderer ins Land, die der einheimischen Sprache nicht mächtig sind?
Zu 2.: Deutschland kennt als einziges der mir bekannten Länder das duale Ausbildungssystem, d.h. die berufliche Ausbildung im Rahmen von definierten Ausbildungsberufen mit staatlich vorgegebenen Ausbildungsinhalten. Dies macht eine akademische Ausbildung für viele Berufe überflüssig. Insofern ist ein reiner Vergleich von Absolventenzahlen wenig zielführend.
Zu 3.: Ob das so ist bzw. wie diese Größe berechnet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Hinzu kommt, daß einerseits von niedrigen Lehrergehältern und schlechter Schulausstattung alle Schüler betroffen sind und darüber hinaus die Schulen Lehrmaterial stellen, wenn sich die Eltern das Zeug nicht leisten können. Alle anderen erwerben die vorgegebenen Bücher in definiertem Umfang auf eigene Kosten, so daß in dieser Hinsicht die Schulen entlastet werden. Auch das kann ein Grund für die vergleichsweise niedrigen Ausgaben sein.
Das kann auch damit zusammenhängen, daß entgegen vielfach
geäußerter Behauptungen in keiner Industrienation der Welt die
Leistungen an Arbeitssuchende höher und an weniger
Voraussetzungen geknüpft sind, als in Deutschland. Dies führt
dazu, daß der Ehrgeiz, seine eigene Situation aus eigener
Kraft heraus zu verbessern, nicht unbedingt gefördert ist.
Ich verstehe nicht, was du meinst.
Ich meine, daß in Deutschland fehlende (Schul)Ausbildung nicht zwangsläufig ein Leben in Armut bedeutet. In anderen Ländern ist eine vernünftige Ausbildung jedoch Voraussetzung für ein Leben ohne Hunger und Elend. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine andere Einstellung zu Leistung, Erfolg und Eigenverantwortung. Ich kenne Schulen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA und in keiner Schule außerhalb Deutschlands ist mir aufgefallen, daß Schüler mit Einsatz und guten Noten von ihren Mitschülern belächelt oder gar gehänselt wurden. Das ist in Deutschland jedoch nach meiner spärlichen Erfahrung eher die Regel als die Ausnahme.
Im Übrigen geht es auch noch nicht um die Frage des
Arbeitsmarktes, sondern um die Ausbildung. Hier gibt es das
lobenswerte Beispiel von Irland, die in wirtschaftlich
schlechten Zeiten Akademiker auf Halde produzierten, was zu
der heute guten Wirtschaftskraft beisteurte.
Wir produzieren auch Akademiker auf Halde, allerdings bleiben viele von denen auf ewig dort. In anderen Ländern ist das freie Ausleben von Neigungen und Idealen, was sich in der Wahl der entsprechenden Studiengänge ohne große Berufschancen niederschlagen kann, so weit verbreitet wie bei uns, was u.a. daran liegen dürfte, daß gute Universitäten im Ausland vielfach Geld kosten und sich die Eltern deswegen mehrfach überlegen dürften, ob sie ihrem Nachwuchs 43 Semester Kulturphilosophie oder angewandte Theaterwissenschaften finanzieren.
Diese Schlußfolgerung kann ich aus einer Nichtaussage nicht
ziehen…
Die Themensendung dauerte 55 Minuten und die Problematik wurde
in weiteren Berichten vertieft. Auch hier im WWW-Forum wurde
bestätigt, dass die Praxis der herkunftsbedingten Selektion
existiert.
Hier im Forum wird viel bestätigt, obwohl im konkreten Fall die wenigsten über die entsprechenden Einblicke verfügen dürften, um die Sachlage zu überblicken. Dafür müßte man einerseits flächendeckend Ursachen und Wirkungen betrachten und andererseits den Lehrern in die Köpfe schauen.
Mit dem also hast Du zumindest in dem zitierten Artikel eine Schlußfolgerung eingeleitet, die sich - zumindest im Textzusammenhang - nur daraus ergab, daß die Lehrerin eine Frage nicht beantwortet hat. Das halte ich für ein bißchen sehr weitgehend.
Wobei, was bedeutet hier Fehlerquote. Lehrer und Umfeld
spielen bei der schulischen Leistung bekanntlich eine große
Rolle.
Ein guter Hauptschüler könnte ein durchschnittlicher
Realschüler oder ein mäßiger Gymnasiast sein.
Die Leistungen der Schüler können im Verlaufe der Jugend stark
schwanken.
In der Tat, aber man kann Empfehlungen nur aufgrund des Ist-Zustandes abgeben. Was sich danach tut, kann bestenfalls erahnt werden. Aus diesem Grunde gibt es ja nun auch die Möglichkeit, die Schulform zu wechseln. Fehler kann jeder machen und es ist unwahrscheinlich, daß gerade unsere Lehrer eine Ausnahme bilden. Nur halte ich es für voreilig, diese Fehler darauf zurückzuführen, daß die Lehrer allein aufgrund der Herkunft der Kinder bewußt oder unbewußt fragwürdige Einstufungen vornehmen.
Zusammenfassend bin ich mittlerweile davon überzeugt, dass das
deutsche dreigliedrige Schulsystem in seiner bisherigen Form
nicht zu einer modernen Industriegesellschaft passt, sondern
zu einer Ständegesellschaft.
Da das Konzept der Gesamtschule gnadenlos gescheitert ist, frage ich mich, welche Alternative Du vorschlägst.
Im übrigen - um das klarzustellen - bin ich nicht der Ansicht, daß unser Schulsystem reibungslos und perfekt funktioniert, nur sehe ich die Problem an anderen Stellen als Du.
Deutschland ist leistungs- und erfolgsfeindlich. Dies wird in Familien mit entsprechendem Hintergrund vermittelt, in der Schule (durch die Mitschüler und dadurch, daß der schwächste Schüler das Tempo bestimmt) und das setzt sich in den Medien und in der Politik fort. Daß das Auwirkungen auf die Leistungsbereitschaft von Schülern - insbesondere bei jenen, aus schwachem sozialem Umfeld - hat, ist nur zu natürlich.
Schon zu meiner Zeit hatte jemand, der den Lehrern auf der Nase herumtanzte und Fünfen am laufenden Band schrieb, weitaus größere Chancen, die Anerkennung der Mitschüler auf sich zu ziehen, als jemand, der lieber seine Hausaufgaben machte und gute Noten schrieb, anstatt vor den damals aufkommenden Heimcomputern rumzuhängen(*).
Ich bin gerne bereit, mir darlegen zu lassen, daß sich das in den letzten 15 Jahren geändert hat, aber bis dahin bleibe ich skeptisch.
Gruß,
Christian
P.S.
Ich war übrigens eine Mischung aus beidem: Meist gute Noten, Heimcomputer und Lehrern auf der Nase herumtanzen 