Ich bin Polizist.
Kommt es an einer roten Ampel zum Unfall, dann ist der Einsatzwagen nicht immer Schuld. Denn Blaulicht und Sirene erlauben ihm das Passieren der roten Ampel und fordern (laut § 35 u 38 StVO) alle anderen Verkehrsteilnehmer auf, dies zu ermöglichen. Natürlich muss ich als Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst dem anderen auch die Möglichkeit zum Reagieren geben. Fahr ich mit Vollgas über ne rote Ampel und es kracht, bin ich schuld. Fahr ich aber langsam, mit Sondersignal in die Kreuzung ein, alle reagieren, nur einer pennt und kracht mir rein, dann ist der schuld. Solche Unfälle sind immer schwierig und werden später von Gutachtern geklärt. Aber eine pauschale Schuld gibt es nicht, weder für das Einsatzfahrzeug noch für den anderen Verkehrsteilnehmer.
Das mit den Verbänden/Marschkolonnen regelt sich im § 27(3) StVO. Da ich auch Zeitsoldat war und mehrere Jahre in der Bereitschaftspolizei gearbeitet habe, bin ich in unzähligen Marschkolonnen gefahren.
Die im § 27 angesprochene Kennzeichnung des Verbandes ist hier das Sondersignal. Wie in der 1. Antwort schon erwähnt, gibt es auch Marschflaggen (grüne u blaue Fahnen, die am Fahrzeug befestigt werden).
Der Verband als solches benötigt für das Sondersignal keine Gründe nach § 38 StVO. Er ist schon für sich Grund genug (eben nach der 27).
Allerdings hat der Verband trotz Sondersignal im Prinzip keine weiteren Sonderrechte. Kommt das erste Fahrzeug an eine rote Ampel, dann muss es mit Sondersignal anhalten. Denn es fährt ja nicht nach der 38. Passiert das erste Fahrzeug die Ampel bei Grün, dann dürfen alle nachfolgenden Fahrzeuge des Verbandes passieren, egal ob die Ampel umschaltet oder nicht.
Das Fahren mit Sondersignal im Verband sorgt in der Regel für ziemliche Verwirrung im Straßenverkehr. Denn es ist nicht immer gleich klar, dass es sich „nur“ um einen Verband handelt. Also fahren die meisten Kraftfahrer rechts ran oder warten trotz grüner Ampel darauf, dass die Fahrzeuge mit Sondersignal passieren. Aber es ist eben als solches zulässig und bedarf erst ab einer bestimmten Größe einer vorherigen Anmeldung und Genehmigung (häufig bei der Bundeswehr der Fall).
Mit wildem Westen hat das ansonsten gar nix zu tun. Im Gegenteil, es ist alles streng geregelt.
Und wenn ein Einsatzfahrzeug mitten in der Nacht, bei leeren Straßen mit Sondersignal durch ein Wohngebiet fährt und alle aus dem Bett reißt, dann ist das zwar vielleicht nicht schön und eventuell auch unnötig aber eben streng nach Vorschrift.
Das mit dem Blaulicht und dem Sondersignal regelt sich übrigens auch nach der 38. Im Absatz 2 steht, wozu blaues Blinklicht ohne Sirene nur verwendet werden darf. Dort findest du auch Verbände nochmals aufgeführt. Die dürften also nur mit Blaulicht fahren, ohne Sirene. Wenn es aber die örtlichen Gegebenheiten erforderlich machen, das heißt viele Kreuzungen zu passieren sind, dann macht die Sirene eben wieder Sinn. Auf der Autobahn brauch ich sie im Verband wirklich nicht.
Wie schon mal gesagt, ich weiß nicht, wohin die Funkwagen fahren und in welchem Auftrag.
Natürlich könnte es sich auch um eine unzulässige Fahrt mit Sondersignal handeln.
Aber es ist eben auch möglich, das alles mit rechten Dingen zu geht. Die Gesetzeslage gibt es locker her.
Sollte sich in der Nähe eine Bereitschaftspolizeiabteilung, evtl. mit angeschlossener Polizeischule befinden, dann kann es sich auch um regelmäßige Übungsfahrten im Verband handeln. Denn auch Kolonnenfahrten, insbesondere im Innerstädtischen, wollen geübt sein. Sie erfordern ein hohes Maß an Konzentration und eine gewisse Eingespieltheit aller beteiligten Kraftfahrer.
Du kannst jederzeit und bei jeder Dienststelle eine Ordnungswidrigkeitsanzeige erstatten, wenn du der Meinung bist, die Sache ist rechtswidrig. Das geht auch schriftlich beim zuständigen Ordnungsamt, wenn du damit nicht zur Polizei gehen möchtest.
MfG
Markua