Hallo Facette,
Da bist Du ja gerade an die Richtige geraten
.
Folgende kleine Geschichte, die Dir vielleicht die Frage mal anders beantwortet.
Ich habe mit meinen Kindern bis zum Jahr 2000 in Berlin gelebt. Als wir umzogen, war die Große damals
17 und ziemlich selbständig, die kleinere knapp 9 Jahre alt.
Der Liebe wegen bin ich mit meiner jüngeren Tochter ins tiiiiieeefste schwäbische Ländle gezogen.
Einen größeren Kulturschock kann man sich wohl kaum vorstellen, denkst Du. Aber ganz falsch:
Da meine ältere Tochter beschlossen hat, in Berlin ihre Lehre zu Ende zu machen und dort zu bleiben,
nahm ich natürlich meine Jüngere mit. Ich hätte es mir nie vorstellen können, aus Berlin auf ein gottverlassenes Dorf zu ziehen. Aber wenn die Randbedingungen stimmen (das war absolute Voraussetzung für einen Umzug), kann man sich überall wohlfühlen.
Übrigens werden bei uns die Bürgersteige bereits 17.55 Uhr hochgeklappt
.
Wir haben uns in eine wunderschöne große helle Wohnung eingemietet. Meine Tochter ist in der übernächsten mittleren Stadt ins Gymnasium gefahren. Auch darüber muss man sich im Klaren sein:
Die Wege werden definitiv länger, egal ob zum Einkaufen oder in die Schule oder zur Arbeit…
Sie hat sich sehr schnell eingelebt, auch die in Kauf genommen und neue Freunde gefunden. Ich bin nicht mehr mit der S-Bahn über eine Stunde zur Arbeit gefahren, sondern mit dem Auto
. Längere Strecke, gleiche Zeit.
Was wir ganz besonders genossen haben, waren die neuen Eindrücke. Tiere, die meine Tochter nur aus Bilderbüchern kannte. Extrem nette Nachbarn, die uns unterstützten. Neu geborene Kälbchen und Katzenbabys auf dem Bauernhof. Abends durch die Straßen gehen ohne Angst zu haben, überfallen oder blöd angequatscht zu werden. Ungestresste Mitmenschen. Freundliche Kollegen, schöne Natur, spazieren gehen, baden fahren im Natursee usw.
Inzwischen wohnen wir seit 13 Jahren hier und haben uns ein Häusle gebaut. Die damals 9jährige ist
nach Köln gegangen und studiert dort. Wir haben hier noch ein Kind bekommen, das jetzt auch schon 9 Jahre alt ist und ich habe nicht eine Sekunde bereut.
Ich denke, Deine Schwester hat sich schon sehr wohl mit dem Thema gründlich befasst und denkt an das Wohl ihrer Kinder. Ich möchte nicht sagen, dass Alkohol auf dem Land kein Thema wäre und alle Dorfkinder Engel. ABER: Es ist einfacher in der ländlichen Gegend, für die Kinder eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu finden. Es ist gesünder, auf dem Land als in der Großstadt zu leben.
Wo kannst Du in der Stadt zum Reiten gehen? Wo kannst Du in der Stadt Deine Kinder unbekümmert auch mal 2 oder 3 Stunden raus zum Spielen schicken? Und ich muss Deiner Schwester Recht geben:
Drogen und Alkohol bei KINDERN ist hier kein Thema. Meine Töchter haben ihre Sturm- und Drangzeit in der Pupertät genauso durchgemacht, die eine in der Stadt und die andere auf dem Land. Da gabs keine Unterschiede. Nur musste ich mir hier keine Sorgen darüber machen, ob meine 18jährige in irgendeinem Klub K.O.-Tropfen kriegt oder von unverschämten Teenagern mit Migrationshintergrund mit dem Auto durch die halbe Stadt verfolgt wird.
Kriminalität gibts natürlich überall. Aber Deine Schwester wird, auch wenn Dir die Trennung wehtut und es für Dich nicht infrage käme, mit ihrer Entscheidung glücklich werden.
Ich wünsche ihr eine sehr gute Vorbereitung (Arbeit?, Mobilität?, Wohnung/Haus?, Freunde oder Bekannte, die ihr den Anfang erleichtern? usw.), dass die Kinder merken, dass die Entscheidung doch richtig war (Freunde zurückzulassen ist schon für Kinder in diesem Alter sehr hart).
Vielleicht denkst Du auch noch ein bisschen darüber nach. Eine absolute Sicherheit, dass man immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat, gibt es nicht. Vielleicht sagst Du ihr, dass Du es akzeptieren kannst und hilfst ihr ein bisschen.
Alles Gute!