...mit nach Hause nehmen

Liebe/-r Experte/-in,
ich arbeite in einer WfbM- eine diakonische Einrichtung- kann ein Vorgesetzter verlangen, das man ein Fachkonzept, das man auf Grund von Zeit-, Ruhe- und Personalmangel nicht schafft, im Dienst zu lesen- mit nach Hause nimmt um es dort zu lesen ???
Das geht doch in den privaten Freizeitbereich oder irre ich mich ???
Gibt es da eine REchtsgrundlage ???
LG Ingo

Sehr geehrter Fragesteller,
die Geltung deutschen Arbeitsrechts unterstellt, ist die Antwort eindeutig:
Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.
Will sagen: Gearbeit werden muss nur während der Arbeitszeit und nicht darüber hinaus. Punkt.
Eine Ausnahme von dieser Regel könnte nur dann gegeben sein, sofern es eine - wirksame! - arbeits- oder tarifvertragliche Ausnahmeklausel gibt, wobei letzteres nur in Betracht käme, sofern der TV auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung fände.
Falls keine - wirksamen! - Ausnahmeklauseln vorliegen, wäre eine Weisung des Arbeitgebers, zu Hause zu arbeiten, rechts-, weil vertragswidrig.
Sie brauchen sie nicht zu befolgen, und die Weigerung wäre keine „Arbeitsverweigerung“ mit Sankionenfolgen.
Freundliche Grüße
Eifelwanderer (rapweiss.de)

Hallo,

im Prinzip hast Du recht, aber es ist mittlerweile Usus, dass auch solches erwartet wird. Bevor du nun den Streit vom Zaun brichst. Überlege, was willst Du? Recht haben, das Konzept lesen oder mal generell das Gespräch suchen, welche Gründe Dich daran hindern, Deine Arbeit in der vorgeschriebenen Zeit zu erledigen. Möglicherweise geht es anderen Kollegen auch so und man kann gemeinsam Lösungen entwickeln, häufig sind es die kleinen Dinge. Und das würde ich auch so dem Arbeitgeber zurückmelden. Im Übrigen bei einem kirchlichen Arbeitgeber erwartet man derartiges Engagement. Und hier gilt ein anderes Arbeitsrecht!
Viel Erfolg C.

Hallo, Ingo,

grundsätzlich gilt die Faustformel, dass berufliche bzw. fachliche Weiterbildung (darum geht es ja im vorliegenden Fall) nicht in der Freizeit (also außerhalb der Arbeitszeit) stattzufinden hat. Falls dies aber aus diversen Gründen nicht möglich erscheint, dann muss diese entsprechend vergütet werden. Auf keinen Fall kann der Arbeitgeber aber - etwa im Rahmen seines Direktonsrechts - eine entsprechende Anweisung durchsetzen. Verlangen kann er vieles. Man muss dem aber nicht Folge leisten.

Üblicherweise sind solche Fragen der betrieblichen Fort- und Weiterbildung in Tarif- oder Arbeitsverträgen, Dienstanweisungen oder Betriebsvereinbarungen geregelt. Bei Euch wohl nicht, oder etwa doch?

Soweit meine arbeitsrechtliche Einschätzung.

Ich vertrete darüber hinaus (auch aus meinem eigenen Berufsleben resultierend) aber die Meinung, dass man auch mal die „fünf gerade sein lassen kann“ wenn es um berufliche bzw. betriebliche Bildung geht. Solange es sich in einem überschaubaren Rahmen bewegt, bricht einem doch „kein Zacken aus der Krone“, wenn man sich mal in der Freizeit hinsetzt und sich was dienstliches durchliest.

Ich glaube aber, dass es im vorliegenden Fall schon mehr ums Prinzip geht. Möglicherweise auch deshalb, weil es insgesamt sehr viel in dem Dienstverhältnis zu beklagen gibt. Die Diakonie (und auch andere verwandte Einrichtungen) sind ja keine „unbeschriebenen Blätter“.

Ich hoffe, mit meiner Antwort geholfen zu haben.

LG W.

Hallo Ingo,
ein klares: es kommt drauf an. Rechtsgrundlage ist der Arbeitsvertrag. Die wöchentliche Arbeitszeit, die dort drin steht, zählt. Allerdings jeder Arbeitnehmer verpflichtet erforderliche Überstunden zu leisten. Die müssen natürlich vergütet werden (wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist). Theoretisch kannst du das Fachkonzept also entweder im Betrieb nach der Arbeitszeit lesen oder nach besonderer Vereinbarung eben zu Hause. Überstunden sind es auf jeden Fall.
Angeordnete Überstunden gehen übrigens immer in den Freizeitbereich rein.
Wie gesagt, schau nach, was im AV steht. Wenn mit dem Gehalt z.B. 10 Überstunden abgegolten sind, hast du natürlich keinen Anspruch auf Vergütung, wenn du nicht über die 10 Stunden kommst.
Viele Grüße
Brigitte

Hallo,

verlangt der AG eine Tätigkeit, hat er diese auch zu vergüten gem. § 611 BGB:
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__611.html

&Tschüß
Wolfgang

Hallo Ingo,
in diesem Fall würde ich von angeordneter Mehrarbeit ausgehen.
Ich würde fragen, wie viele Stunden ich für das Durcharbeiten ansetzen darf und wann ich diese Zeit ausgleichen kann. Dafür gibt es je nach anzuwendenden Tarifwerk genaue Vorschriften.
Wenn die Zeit nicht ausgeglichen werden kann, so sind dies angeordnete Überstunden (mit Zuschlag!).
Rechtsgrundlage sind die entsprechenden Regelungen im Tarifwerk, Stichwort Mehrarbeit bzw. Überstunden.

LG Wolfgang

Hallo,

wenn der Arbeitgeber von Ihnen verlangt, dass Sie dienstliche Tätigkeiten verrichten, muss er sie auch dafür bezahlen. Der Arbeitsort spielt keine Rolle. Wenn er Ihnen erlaubt, das zu Hause zu erledigen ist es eben vergütungspflichtige Heimarbeit, neudeutsch „Homeoffice“.

Im Gegensatz zum „Werkvertrag“ ist beim „Arbeitvertrag“ maßgeblich welche Zeit der Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird. Der Ort spielt keine Rolle.

Gruß
Martin

Sorry, kirchl. Arb.recht

Sorry, kirchl. Arb.recht kann ich nicht.
Bitte einen FA kontaktieren.

Hallo,

die Reichweite einer Arbeitgeber-Weisung (Direktionsrecht) ist vor allem durch den Arbeitsvertrag begrenzt. In einem Arbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer, seine dort beschriebene Tätigkeit in dem dort beschriebenen zeitlichem Umfang zu leisten. Von daher ist es schon nicht möglich, diesen zeitlichen Umfang ohne Weiteres auszuweiten und die arbeitsfreie Zeit zu verkürzen. Also: Wenn Ihr Arbeitsvertrag keine weiteren Besonderheiten aufweist, die dieser Grundüberlegung entgegenstehen kann (zB Vereinbarung zu Weiterbildungsfragen) und auch keine direkte Überstundenanordnung bezahlter Überstunden vorliegt oder tarifvertragliche Regelungen, überschreitet der Arbeitgeber seine Befugnisse. Das sind Gedanken allgemeinen Arbeitsvertragsrechts. Interessant wäre in diesem Zusammenhang sicher auch, dass möglicherweise das Arbeitszeitgesetz und die dort normierte zwingende Ruhepause zwischen den Arbeitseinsätzen, § 5 ArbZG, durch eine solche Praxis verletzt wird.

VG

FKR

arbeite in einer WfbM- eine diakonische Einrichtung- kann Vorgesetzter verlangen, das man ein Fachkonzept, mit nach Hause nimmt um es dort zu lesen

Guten Tag,

Fort- und Weiterbildung gehört sicher zur Arbeitszeit.
Das wird vermutlich sogar in Ihrem Arbeitsvertrag oder dem anzuwendenden Tarifvertrag / AVR Diakonie stehen.
Andererseits gehe ich davon aus, dass das Fachkonzept wohl in einer Stunde erfasst ist. Das schiene mir persönlich - gerade angesichts Ihres Arbeitsplatzes - zumutbar.
Ich würde auch danach unterscheiden in welcher Entgeltgruppe Sie tätig sind. Je höher, desto eher würde ich Sie verpflichtet sehen, das auch mal zu Hause zu lesen.
Formal sehe ich allerdings keine Rechtsgrundlage für eine Anweisung, das zu Hause in der Freizeit zu lesen.
Ggfs. muss der Vorgesetze Mehrarbeit / Überstunden im Betrieb ansetzen, damit das gelesen werden kann.

Schönen Tag noch

Lieber Experte,
ich arbeite in einer WfbM- eine diakonische Einrichtung- kann
ein Vorgesetzter verlangen, das man ein Fachkonzept, das man
auf Grund von Zeit-, Ruhe- und Personalmangel nicht schafft,
im Dienst zu lesen- mit nach Hause nimmt um es dort zu lesen
???
Das geht doch in den privaten Freizeitbereich oder irre ich
mich ???
Gibt es da eine REchtsgrundlage ???
LG Ingo

Hallo,

Ganz einfach, handelt es sich um eine Arbeitsleistung die ausschließlich dem Arbeitgeber einen Nutzen bringt, dann ist es Arbeitszeit. Und Arbeitszeit ist Entgeltpflichtig. So steht es im Arbeitsgesetz.

Lieber Ingo, inwieweit eine solche Anweisung durch den Vorgesetzten / Arbeitgeber statthaft und zu befolgen ist haengt sicher von der Tätigkeit und den Details im Vertrag ab. Hinzu kommt die Frage ob es vergütet wird oder nicht. Ohne Details kann die Frage nicht sicher beantwortet werden, aber …
Unabhängig von der erin rechtlichen Fragestellung bedenken Sie doch auch folgendes: Ihr Vorgesetzter fragt sie einmal (?) ob sie aufgrund des Zeitmangels das nicht zu Hause machen koennen. Würden Sie als Vorgesetzter da nicht auch erwarten, dass Ihr Mitarbeiter sich da nicht quer stellt, wenn es doch ansonsten ein geben und Nehmen ist?
Ob man etwas darf oder nicht ist oft nicht der wichtigste Teil einer solchen Situation. Wober mich bitte niemand falsch verstehen soll. Sobald das Regelmässigkeit annimmt kann es nicht mehr richtig sein, es sei denn es ist vereinbart und wird vergütet.
Gruss
WG

Vielen Dank- gruß Ingo

hallo Ingo, Arbeitszeit ist Arbeitszeitund fReizeit ist Freizeit.
Wenn Ihnenn Ihr Vorgesetzter die von Ihnen aufgewendete Zeit in Ihrer Freizeit für das Lesen des Fachkonzepts bezahlt, dann ist es rechtens, aber ansonsten darf er es nicht von Ihnen verlangen, sich in der Freizeit mit dem fachkonzept zu beschädtigen.
ich würde da abwägen habe ich ein gutes Arbeitsklima oder nicht, wenn man gute Vorgesetzte hat und an dem Arbeitsplatz hängt macht man ja einiges, aber wenn er vehement darauf besteht würde ich es nicht tun.

Sie müssen es nicht hinnehmen, können es aber wenn es Ihenn wert ist.

Mit freundlichen Grüßen
Nonne213