Mitleiden - mitleidend - mitleidender?

Hi,

ich kann mir durch keien Grammatikregel erklären, weshalb es „mitleidender“ heißt und nicht „mitleidener“.

Also: Ein mitleidender Mensch oder: Ein mitleidener Mensch.

Ich weiß zwar, dass ersteres richtig ist aber weshalb? Kann mir jemand die Grammatikregel dazu nennen?

Mitleidener ist in dem Fall doch ein Attribut oder?

hi,

ich kann mir durch keien Grammatikregel erklären, weshalb es
„mitleidender“ heißt und nicht „mitleidener“.

Also: Ein mitleidender Mensch oder: Ein mitleidener Mensch.

Ich weiß zwar, dass ersteres richtig ist aber weshalb? Kann
mir jemand die Grammatikregel dazu nennen?

Mitleidener ist in dem Fall doch ein Attribut oder?

„mitleidender“ ist ein attribut, und zwar eines, das durch ein partizip I gebildet wird. das partizip I (oder mittelwort der gegenwart) wird im deutschen durch -end (bzw. -d) gebildet:
arbeiten -> arbeitend
lachen -> lachend
mitleiden -> mitleidend

verben sind nicht direkt als attribute einsetzbar. entweder machst du aus dem verb einen attributsatz (… der mitleidet) oder ein partizip.

es ist der zweck von partizipien, verben in die wortart adjektiv zu überführen.

m.

Hi Mike,

Du gehörst also auch zu denen, die in den Partizipien das d nicht mitsprechen? Demnach klingen bei Dir vergessene Wissenschaftler genau so wie vergessende Wissenschaftler, obwohl doch die ersten von der Welt vergessen wurden (sie sind vergessen), während die zweiten selbst alles um sich herum vergessen (sie sind vergessend). [Ich hab auch mal ein schöneres Beispiel gehabt, komm aber nicht mehr drauf.]

Auch der mitleidende Mensch leidet selbst mit, er ist mitleiden_d_ (und nicht mitleiden) - ich denke doch, dass Du in der Grundform das d mitsprichst?

Liebe Grüße
Immo

Hi,

gut erkannt! Es stimmt, ich spreche das „d“ selbst nicht mit.

Die Grundform ist doch „mitleiden“?!?

Bei: „Er ist mitleidend“ spreche ich das „d“ natürlich mit.

Ich kann allerdings aus euren Antworten nicht ableiten, weshalb es nun „mitleidenDER“ und nicht „mitleidener“ geschrieben wird.

Gibt es da eine Art Reihenfolge: Mitleid, mitleiden, mitleidend, mitleidender? Woher dann das „er“ am Ende? Oder setzt man den Artikel „der“ einfach an mitleiden?

Ich weiß, sehr sehr dumme Fragen. Ich habe eben damals in der Schule nicht richtig aufgepasst und bekomme nun dafür die Quittung.

Gruß

Hi,

Ich kann allerdings aus euren Antworten nicht ableiten,
weshalb es nun „mitleidenDER“ und nicht „mitleidener“
geschrieben wird.

Warum sollte es „Mitleidener“ heißen können? Das Wort kommt mir nicht so vor, als wäre es überhaupt möglich im Deutschen, man sagt ja auch nicht „Arbeitener“, „Spielener“, „Fensterputzener“, "Studierener.
Das Nomen, das einen Handelnden ausdrückt („Nomen agentis“), wird entweder aus dem Verstamm gebildet (Arbeiter, Spieler, theoretisch auch Mitleider) oder aus dem Präsens-Partizip (arbeitend, spielend, putzend, studierend), daher „Arbeitender“, „Spielender“, „Studierender“.

Theoretisch sind sowohl „Mitleider“ als auch „Mitleidender“ möglich. Es gibt möglicherweise eine semantische Beschränkung, wodurch z.B. Arbeiter etwas anderes bedeutet als Arbeitender. Ein Arbeiter ist vielleicht jemand, der regelmäßig oder oft oder gewöhnlicherweise arbeitet, ein Arbeitender ist jemand, der gerade im Augenblick arbeitet.
So verhält’s sich mit „mitleiden“: Ein Mitleider wäre jemand, der ständig irgendwie mitleidet, bei dem das zur Gewohnheit geworden ist. Sowas braucht man sehr sehr selten im Sprachgebrauch, daher hat sich das Wort vermutlich nie durchgesetzt. Ein Mitleidender wäre jemand, der gerade Mitleid für jemanden empfindet — das passiert schon häufiger.

An sich hab ich auch das Wort eigentlich noch nie zuvor gehört, aber es klingt für mich „richtiger“ (sagen wir: üblicher, normaler) als „Mitleider“.

Gibt es da eine Art Reihenfolge: Mitleid, mitleiden,
mitleidend, mitleidender? Woher dann das „er“ am Ende? Oder
setzt man den Artikel „der“ einfach an mitleiden?

Ersteres: ja, so ungefähr. Letzteres nicht.

Ich weiß, sehr sehr dumme Fragen. Ich habe eben damals in der
Schule nicht richtig aufgepasst und bekomme nun dafür die
Quittung.

Sowas lernt man in der Schule eigentlich nicht… vielleicht in Latein, aber eigentlich nicht im Deutschunterricht. Ich find nicht, dass es 'ne dumme Frage ist.

Gruß

Viele Grüße,

  • André
1 Like

Moin,
ich fasse nochmal zusammen, was Michael bereits gesagt hat:
Das von Dir gewünschte Attribut mitleiden d er wird vom Partizip Präsens/Gegenwart/Gleichzeitigkeit gebildet
D.h.:
Infinitiv/Grundform: mitleiden
Partizip Präsens/Gegenwart/Gleichzeitigkeit: mitleidend
davon abgeleitete Attribute: mitleidende/r/s

Vielleicht hilft Dir das weiter.

LG

Hallo Mike

Ich weiß, sehr sehr dumme Fragen.

Ach was… Es gibt nur dumme Antworten, keine dummen Fragen. ;o)

Warum es jetzt „Mitleidender“ und nicht „Mitleidener“ heißt, kann ich dir zwar auch nicht erklären, aber: in deiner ViKa hast du ja auch „Suchender“ und nicht „Suchener“ stehen. Überleg’ dir doch einfach mal, warum du das so geschrieben hast, vielleicht kommt’s dir dann logisch vor.

Gruß
„Raven“
(die ihren Englisch-Nachhilfeschülern immer nur erklären konnte, daß etwas so oder so hieß, aber nicht warum… und deshalb das mit den Nachhilfestunden sehr schnell aufgab)

Hi Mike!

Bei: „Er ist mitleidend“ spreche ich das „d“ natürlich mit.

Wenn Dir das Beispiel nicht zu sehr „an den Haaren herbeigezogen“ erscheint, dann nehme ich das mal als Grundstock.

Stell Dir folgende Sätze nebeneinander vor:

Die Frau ist schön. - Es ist eine _schön_e Frau.
Das Sofa ist grün. - Es ist ein _grün_es Sofa.
Der Junge ist schlau. - Es ist ein _schlau_er Junge.

Wie Du siehst, nimmst Du das Adjektiv, ob es nun schön, grün, schlau oder wie auch immer heißt, einfach her und hängst -e bei Weibchen, -es bei sächlichen und -er bei männlichen Wörtern an.

Und jetzt machst Du das mit den Partizipien auch nicht anders:

Das Kind ist spielend. - Es ist ein _spielend_es Kind.
Die Schülerin ist schlafend. - Es ist eine _schlafend_e Schülerin.
Der Mensch ist mitleidend. - Es ist ein _mitleidend_er Mensch.

Zweimal muss ich allerdings „Achtung!“ rufen:

Zuerst könntest Du auf die Idee kommen, im ersten Beispiel auch „Das Kind ist spielen“ zu sagen, ist ja auch natürlicher. Da hilft Dir womöglich, nach dem Attribut (dem Begleitwort) mit „wie“ zu fragen. Das klappt immer:

Wie ist die Frau? Schön.
Wie ist der Baum? Grün.
Wie ist der Junge? Schlau.

Soweit, so gut. Und unten?

Wie ist das Kind? Spielen d. (Klingt zwar etwas blöd, ist aber die einzig mögliche Antwort und hat hinten auch das d.)
Wie ist die Schülerin? Schlafend.
Wie ist der Mensch? Mitleidend.

Immer mit d.

Das zweite „Achtung!“ gilt denjenigen Partizipien, die kein d enthalten:

Er ist ein verwegener Held. - Wie ist der Held? Verwegen. Ohne d!
Sie ist eine gefallene Frau. - Wie ist die Frau? Gefallen. (Eine gefallen d e Frau ist etwas ganz anderes!)
Ich habe nur ein noch nicht gegessenes Brötchen. - Wie ist das Brötchen? Noch nicht gegessen. Ohne d!

Alles klar?

Liebe Grüße
Immo

3 Like

Er ist ein verwegener Held. - Wie ist der Held? Verwegen. Ohne
d!
Sie ist eine gefallene Frau. - Wie ist die Frau? Gefallen.
(Eine gefallen d e Frau ist etwas ganz anderes!)
Ich habe nur ein noch nicht gegessenes Brötchen. - Wie ist das
Brötchen? Noch nicht gegessen. Ohne d!

Schön erklärt!
Zu bemerken wäre noch, dass diese Partizipien das Partizip II (Passives Perfekt-Partizip) ist, und das wird bei starken Verben für gewöhnlich mit (ge-)…-en gebildet, daher kein -d, weil’s das ja nur im Partizip Präsens gibt.

Grüße,

  • André