Hallo Laika,
Es ist mir zu viel, kostet mich einfach zu viel Zeit, auf
jeden Punkt einzugehen.
Ach komm …
Zusammenfassend nur das:
Praktischt alle Deine Aussagen betreffen Dinge, die von
woanders her kamen
Grundsätzlich - bei technischem Fortschritt geht es nicht unbedingt darum, woher die Ideen kommen, was im Nachhinein ohnehin schwierig festzustellen ist. Es geht um Innovationsfähigkeit, die Du diesem Zeitabschnitt ja absprechen willst. Dazu gehört auch die Entwicklung von Ideen zur Praxisreife. Erst das ergibt einen technische Fortschritt mit ensprechenden zivilisatorischen und sozialen Auswirkungen.
Papier
Ist genau so ein Fall. Erst im Europa des 13. Jahrhunderts wurde Papier zu einem preiswerten Massenprodukt entwickelt; zusammen mit dem Buchdruck die entscheidende Voraussetzung für eine umfassende Verbreitung von Schriften.
Kompass
Unabhängig von den Chinesen erfunden. Eine Übermittlung aus China ist sehr unwahrscheinlich, da der Kompass bei den Arabern (die einzig als Übermittler in Frage kämen) erst später auftaucht. Ermöglichte zusammen mit dem technischen Fortschritt im Schiffbau zunächst einen intensiven Fernhandel (damit verbunden Entwicklung des Bürgertums und der Städte) und in der frühen Neuzeit die außereuropäische Expansion. Die fiel ja nicht im 15. Jahrhundert plötzlich einfach vom Himmel.
Brille
Eine italienische Erfindung des 13. Jahrhunderts. Die Antike und auch die Araber kannten lediglich Vergrößerungsgläser (‚Lesesteine’), aber keine Korrektionsbrillen. Auch, wenn die optischen Gesetze in der Antike und bei den Arabern bekannt waren - einen praktischen Nutzen zogen zuerst Europäer daraus. Einmal davon abgesehen, dass eben diese praktische Ausnutzung ihre Voraussetzungen hatte - z.B. eine entwickelte Schleiftechnik.
Eisen-Pflug usw.
Der entscheidende Punkt war nicht das Material Eisen, sondern die Verbesserung des Pfluges mit Schar, Sech und Streichbrett in Verbindung mit dem Kummet sowie (im 15. Jahrhundert) die Erweiterung zum Kehrpflug. Erst damit wurde der Pflug zu einem wirklich effektiven Instrument der Bodenbearbeitung. Das – wie auch der Pflug überhaupt – kam nicht „woanders her“ und das Kummet wurde bereits im 8. Jahrhundert erfunden, die Dreifelderwirtschaft kaum später – da war es bis zum „Ausgang des Mittelalters“ (eine etwas vage Angabe – Du scheinst das gesamte Spätmittelalter, immerhin ein Vierteljahrtausend, dazu zu rechnen) noch etwas hin.
Oder es betrifft Personen - Thomas von Aquin, Ockham
usw. -, die schon (fast) am Ende des Mittelalters gelebt und
gewirkt haben.
- Jahrhundert (mal abgesehen davon, dass ich mit meiner kleinen Aufzählung im 11. Jahrhundert angefangen habe) ist für Dich „am Ende des Mittelalters“? Ernsthaft?
Vielleicht googelst Du das einfach mal.
Danke, gleichfalls. Am besten fängst Du mit „Mittelalter“ an.
So gesehen war es natürlich kein „bleiernes Jahrtausend“, kein
tausendjähriger Stillstand, es waren nur 700 - 800 Jahre.
Die „aetas obscura“ ist ein in der Renaissance (die ist auch schon ein Weilchen her und war sooo aufgeklärt nun auch wieder nicht) aufgekommener polemischer Begriff und wird von der Geschichtswissenschaft längst auch nur noch als solcher aufgefasst. Bahnbrechend hier übrigens vor allem der Mediävist Jaques Le Goff seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts.
Ach ja, Du erwähnst das Pantheon. Googel auch das mal, wann es
gebaut wurde
Das brauche ich nicht. Ich weiss auch so, dass es im Auftrag Hadrians gebaut wurde und habe damit kein Problem, es aus dem Gedächtnis in die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts zu datieren. Gerade weil es seit über einem Jahrtausend in Rom herumstand, ist Deine Behauptung, Brunelleschis Kuppelprojekt hätte als „unmöglich“ gegolten, absurd.
Bruneleschi hätte wohl gerne Beton benutzt. Aber das
Wissen darüber war schon 1000 Jahre verloren (Quelle:
Phoenix-TV mit einer Sendung über die Medici und Florenz vor
ein paar Tagen).
Zunächst einmal - das römische opus caementitium ist kein „Beton“. Sodann - für opus caementitium braucht man als Zuschlagstoff Puzzolane; die Römer haben dafür Vulkanasche vom Vesuv oder vom Santorin benutzt. Dass als Zuschlagsstoff ersatzweise auch Trass (vor allem aus der Osteifel) verwendet werden konnte, hatten die Römer nördlich der Alpen herausgefunden (Beispiel ist das Ubiermonument in Köln) - dies geriet in der Völkerwanderungszeit in Vergessenheit, es stand eben nicht im Vitruv, den man durchaus kannte. Die Eigenschaft des Trass als Zuschlagsstoff wurde in der Tat wohl erst im 15. oder frühen 16. Jahrhundert von den Niederländern wiederentdeckt. Mit Renaissance oder Humanismus hat das freilich eher weniger zu tun.
Entscheidend für Bruneleschis Kuppel war übrigens die Technik des opus spicatum (von Brunelleschi spinapesce genannt) - eine antike Mauertechnik, die auch im Mittelalter nicht verloren ging.
Freundliche Grüße,
Ralf